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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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legte mir eine Hand auf die Schulter und sagte, nun ganz ernst: »Mein Kleiner, merke dir eins: was der König auch tut, er hat immer recht.«
    »Was auch heißt«, sagte Joinville, nur mit einem Mundwinkel lächelnd, »daß Bassompierre dem König immer recht gibt, weil er der König ist, und der Königin, weil sie die Königin ist, und sogar der Marquise de Verneuil, als sie noch über den König herrschte.« Und er fügte, ernster geworden, hinzu: »Es gibt schon einen Grund, weshalb der König es billigt, wenn der von ihm ernannte Gouverneur sich durch einen Leutnantersetzen läßt und in Paris sitzt. Wenn besagter Gouverneur in Paris irgendeinen Wirbel anstellt, hat ihn der König als Geisel. Hegt der König gegen ihn einen Groll, einen Verdacht, ersetzt er den Leutnant insgeheim durch einen eigenen Mann. So hat er es mit dem Herzog von Épernon in Metz gemacht. Der Herzog erhält zwar weiterhin seine Gouverneurspension, aber er hat in seiner Stadt nur noch eine nominelle Macht. Er kann sie weder dem König verschließen noch dem Spanier öffnen.«
    »Das ist doch sehr geschickt«, sagte ich.
    »Für Metz«, sagte Bassompierre, »mag das gelten, es ist eine wichtige Festung, aber doch nicht für Saint-Dizier; das ist ein Nest ohne jede Bedeutung.«
    »Da ist das königliche Interesse ein anderes«, sagte Joinville. »Wenn der Gouverneur Seiner Majestät in irgend etwas mißfällt, befiehlt ihm Seine Majestät, sich in sein Gouvernat zurückzuziehen. Das ist ein verkapptes Exil. Für mich hieße Paris zu verlassen und in Saint-Dizier zu leben unzweifelhaft meinen Tod.«
    »Dann bereite dich schon mal darauf vor!« sagte Bassompierre, indem er ihm einen verständnisinnigen Blick zuwarf. »Bereit sein ist alles.«
    Und Joinvilles Gesicht, das vorher so lebhaft und sprühend erschien, als er mir die Politik des Königs hinsichtlich seiner Stadtgouverneure erklärte, wurde verschlossen. Er senkte trotzig den Kopf und sprach kein Wort. Bassompierre schwieg ebenfalls, und mir wurde unbehaglich. In dem Moment stieß zum Glück Madame de Guise, von Noémie de Sobol gefolgt, ganz angeregt und vergnügt zu uns.
    »Nun, mein Herr Sohn«, sagte sie, indem sie ihn beim Arm faßte, »findet Ihr den Chevalier de Siorac nicht reizend?« Und ohne seine Antwort abzuwarten, setzte sie hinzu: »Wo ist denn Sommerive? Mein Bruder Mayenne hatte ihn doch zum Schutzengel des Chevaliers bestellt.«
    »Madame, Ihr seht ihn«, sagte Bassompierre mit eleganter Handbewegung, »in der liebenswürdigsten Plauderei mit dem Prinzen von Conti und dem Herzog von Montpensier.«
    »Wenigstens kann ihm da keiner widersprechen«, sagte die Herzogin. »Dem einen fehlt das Gehör, dem anderen das Gebiß. Immerhin«, fuhr sie fort, als reue sie die Bosheit gegen ihre Verwandten, »Sommerive hat ein gutes Herz.«
    »Zu mir ist er herzlos«, sagte Noémie de Sobol.
    »Weil Ihr ihm viel zu sehr zeigt, daß er Euch gefällt, mein Kind«, sagte die Herzogin, indem sie mit dem Handrücken ihre Wange streichelte. »Mit den Männern ist es wie mit Bettlern: salbe sie, und sie beißen dich. Ich habe es Euch hundertmal gesagt, Kindchen, hütet Euch vor Leuten wie Bassompierre, Joinville, Sommerive, Bellegarde oder Schomberg. Das sind Lerchenfänger. Sie pfeifen sich jeden Morgen eine. Was sollen die mit Euren Gefühlen?«
    »Frau Mutter«, sagte Joinville, »mich jucken die Knie! Wird endlich getanzt?«
    »Erst, wenn der König da ist. Wollt Ihr den Ball ohne ihn eröffnen?«
    »Er kann nicht mehr weit sein: die Comtesse de Moret ist eben angekommen.«
    »Ja, ich sah sie«, sagte Madame de Guise.
    »Geht Ihr sie nicht empfangen?«
    »Sie kann warten.«
    »Muß man so unhöflich sein?«
    »Das entscheide ich.«
    »In dem Falle werdet Ihr wohl erlauben, Madame, daß ich Euch vertrete.«
    Und ohne ihre Antwort abzuwarten, machte er eine tiefe Verbeugung, kehrte ihr den Rücken und ging, sehr elegant in der Haltung, die Schultern breit, die Taille schmal. Madame de Guise folgte ihm mit dem Blick.
    »Meine Baskine erdrückt mich«, seufzte sie, »aber nicht derart wie meine Familiensorgen! Luft, Sobol, mach mir Luft. Bassompierre, habt Ihr diesem Wespenherrchen klargemacht, was es ihn kosten kann, wenn er des Königs Torte umschwirrt?«
    »Den Befehl, nach Saint-Dizier zu verschwinden, die Verbannung, ja. Er weiß es genau. Er sagt, es wäre sein Tod. Trotzdem läuft er voll draufzu.«
    »Habt Ihr, bei all Eurem Verstand, denn keinen Einfluß auf ihn?«
    »Schon, aber

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