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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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meiner Linken standen ein gutes Dutzend Geiger und stimmten ihre Instrumente, ohne mich irgend zu beachten, und zu meiner Rechten konnte ich, von einer hohen grünen Pflanze gedeckt, den größten Teil des Saales überschauen.
    Erst jetzt stellte ich fest, daß ich beim Betreten dieses Saales, ganz im Bann des voll versammelten Hauses Lothringen, gar nicht bemerkt hatte, daß jene Hunderte von Wachslichten auf den drei großen Deckenlüstern angezündet waren, die ein zugleich helles und sehr mildes Licht verbreiteten und den Blick um so mehr fesselten, als alle die Flämmchen auf den Dochten jeweils gleichzeitig flackerten, wenn durch die wegen der stickigen Luft weit geöffneten Fenster eine leichteBrise vom Garten hereinwehte. Und wenn man genau hinhorchte, vernahm man trotz des steigenden Gesprächslärms ein andauerndes feines Knistern, das die Insekten verursachten, die sich mit unbelehrbarer Regelmäßigkeit an den Lüstern versengten. Zum erstenmal gewahrte ich auch, daß jenes Dutzend Wandleuchter, die die Bildnisse der erlauchten Familie bestrahlten, wahrhaftig die Form von menschlichen Armen hatten, wie wenn Sklaven auf der anderen Seite des Mauerwerks sie unbeweglich hielten, um die hochmütigen Gesichter der ermordeten Herzöge zu bescheinen.
    Ich wäre kein Hugenottensohn gewesen, aufgewachsen in der strikten Sparsamkeit unseres Hauses, wenn mein Herz sich bei dem Gedanken nicht zusammengezogen hätte, welche unerhörten Kosten an Kerzen und Wachslichten Madame de Guise allein für diese Nacht des sechzehnten August zu tragen hatte. Ganz zu schweigen von dem Büffet das mir gegenüber auf der anderen Saalseite aufgebaut war und mit einer solchen Menge an Getränken, Speisen, Zuspeisen und Früchten beladen war, daß eine ganze Gardekompanie vor der Einkehr ins Quartier daran ihren Durst und Hunger hätte stillen können.
    Am anderen Ende des Ballsaals erhob sich eine weitere Estrade, aber nicht kahl wie die der Geiger, sondern reich ausgeschmückt mit einem großen Orientteppich, mit drei großen bronzenen Körben voll weißer Rosen und mit zwei großen goldenen Lehnstühlen, die zum Saal gewandt nebeneinander standen. Ich hatte sie schon gesehen, als Monsieur de Réchignevoisin mich durch das Hôtel de Grenelle führte, aber da zeigte das vergoldete Holz an den Lehnen noch die Wappen der Guise, die inzwischen schamvoll mit goldgefransten Samthoussen überzogen worden waren, damit das Auge des Königs nicht beleidigt werde durch jene Waffenzeichen, die gegen die seinigen und die seines Vorgängers auf dem Thron so lange gekämpft hatten.
    ***
    »Ah, mein Kleiner«, sagte Bassompierre, der plötzlich vor mir auftauchte, »find ich Euch endlich! Habt Ihr Euch hinter den Grünpflanzen versteckt? Hier ist der Prinz von Joinville; seine Mutter wollte Euch ihm vorstellen, als ihre Pflichten sie woanders hinriefen. Er brennt darauf, Euch kennenzulernen.«
    »Monseigneur«, sagte ich, indem ich mich erhob, »Ihr erweist mir große Ehre.«
    Ich blickte ihn an, und was ich sah, gefiel mir. Unter den vier Söhnen von Madame de Guise war Joinville sicher der schönste, kräftigste und auch derjenige, dessen offenes, lebhaftes Gesicht den meisten Geist verriet.
    »Ich weiß nicht, ob mir die Anrede Monseigneur zusteht«, sagte er lächelnd. »Joinville ist ein kleines Dorf in der Champagne, bei welchem mein Urgroßvater, Claude von Lothringen, das Schloß Grand-Jardin erbaut hat. Ich weiß auch nicht, wie die Herzöge von Guise, die sich zuerst Seigneurs von Joinville, dann Barone von Joinville nannten, darauf gekommen sind, sich als Prinzen dieses kleinen Nestes auszugeben. Wie dem auch sei, der Titel gebührt rechtens meinem älteren Bruder Charles, der ihn mir bei meiner Großjährigkeit übertrug. Es ist ein rein höfischer Titel. Joinville gehört mir nicht und das Schloß schon gar nicht. Ich beziehe meine Einkünfte aus Saint-Dizier, der König hatte die Güte, mich zu dessen Gouverneur zu ernennen, aber, Gott sei Dank, setze ich nie den Fuß dorthin.«
    »Aber«, sagte ich unschuldig, »wer verwaltet dann Saint-Dizier, wenn Ihr nicht dort seid?«
    »Eine ausgezeichnete Frage!« sagte Bassompierre und lachte schallend. »Wahrlich, seltsame Dinge geschehen in diesem Königreich! Der Prinz von Joinville verwaltet Saint-Dizier mit Amtssitz in Paris.«
    »Mit Hilfe eines Leutnants, den ich dort eingesetzt habe«, sagte Joinville.
    »Und dieses Arrangement billigt der König?« fragte ich staunend.
    Bassompierre

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