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Der Willy ist weg

Der Willy ist weg

Titel: Der Willy ist weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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schien, mit etwas Phantasie, möglich), sind mir, was den Zugriff auf Herrn Heckhoffs Finanzen angeht, schlicht und einfach die Hände gebunden. Auch wenn Sie sich das noch so schön ausgedacht haben mögen.« Und der Blick seiner wässrigen Augen hatte, wie er ihn so von mir zu Charly und wieder zurück wandern ließ, etwas durch und durch Herausforderndes.
    Charly blickte seinerseits drein wie ein Mann, der all seine Konzentration darauf verwendet, flach und gleichmäßig zu atmen. >Diplomatie< sollte ich für die nächsten Wochen wohl besser aus meinem Wortschatz verbannen, wollte ich keinen Schädelbruch riskieren.
    »Ich habe, auch schon aus Verantwortungsgefühl heraus, darüber nachgedacht, eventuell mit meinem Privatvermögen in die Bresche zu springen, doch hat mich der nachhaltige Eindruck, damit den falschen Leuten einen Gefallen zu tun, zu einer anderen Überzeugung kommen lassen.« Wieder dieser Blick. Charlys Atem klang wie beständiges, rhythmisches Seufzen.
    Diplomatie, ging mir auf, ist auch eine Art von Kriegführung, nur eben auf verbaler Ebene. Und ich war drauf und dran, bei diesem Schlagabtausch hier eins auf die Mütze zu kriegen. Und das unter den Augen meines Freundes und Präsidenten. Ich putzte mir geräuschvoll die Nase, um etwas Zeit zum Denken zu schinden.
    »Mit anderen Worten«, resümierte ich schließlich, »sehen Sie lieber Ihr Mündel tot als Ihre Konten gefährdet.«
    »Eine etwas schiefe Darstellung«, kam es sofort zurück.
    »Im Gegenteil wäre mir kein Betrag zu hoch, wenn ich die Überzeugung hätte, damit Herrn Heckhoff in seiner Zwangslage etwas Gutes zu tun. Die Überzeugung habe ich aber nicht«, schnappte er. »Meine feste Meinung ist, dass man die Anstrengungen vergrößern sollte, seine Entführer zu fassen und der Gerichtsbarkeit zu überstellen, als sie mit Zahlungen in ihrem Treiben zu bestärken.«
    »Wir verschwenden hier unsere Zeit«, konstatierte Charly, und wir standen auf.
    »Und deshalb«, fuhr Roth-Bichler fort »Behalten Sie's für sich«, fuhr ihm Charly dazwischen.
    »Und deshalb«, wiederholte der Notar, mit Schärfe, »habe ich mich entschlossen, Ihnen beiden ein Ultimatum zu stellen.«
    Schon an der Türe, stoppte uns diese Bemerkung mit einem Ruck. Wir drehten uns wieder um, voll Misstrauen unseren Ohren gegenüber.
    »Wem?«, fragte ich, nur um sicher zu gehen.
    »Ihnen beiden. Wie ich sagte. Sollte sich Herr Heckhoff bis morgen Abend nicht auf freiem Fuß befinden, werde ich die Behörden benachrichtigen.«
    »Ja haben Sie ...«, brüllte ich, außer mir, doch Charly zerrte mich mit sich fort.
    »Sie mieser, kleiner .«, doch Charly legte einen gehörigen Schritt an den Tag und zerrte mich nun schon das Treppenhaus hinunter.
    »Ich dreh Ihnen den verdammten Hals um, sollten Sie.«, da waren wir auf der Straße und ich wischte mir mühsam den Geifer vom Mund.
    »Ah, und noch etwas«, kam es oberlehrerhaft von einem Fenster im ersten Stock herab, und ich blickte wutschnaubend hoch, und etwas in meinem Hirn machte ratschratsch wie ein übersprungenes, nur eine tausendstel Sekunde aufscheinendes Dia, ein flüchtiges Dejä-vu, zu schnell, um es festzuhalten, »aber bitte denken Sie doch daran, mir möglichst bald die unterschriebenen Mietverträge zurückzusenden, ja?«
    Er besaß ein Talent, dieser Kerl, und er wusste es zur Anwendung zu bringen. Zweites Treffen mit ihm, und zum zweiten Mal war ich danach vollständig von den Socken, sprachlos.
    Wenn irgendjemand jemals dazu verdammt war, rasend schnell gesund zu werden, dann ich an jenem Nachmittag.
    Bis zum Hals zugedeckt unter mehreren Oberbetten, Brust und Rücken eingeschmiert mit einem Zeugs, das mir die Augen tränen ließ, wie es sonst nur meine Kontoauszüge vermögen, hockte ich im Bett, schlürfte heißen Tee mit Zitrone, lutschte Halsbonbons und verdaute Aspirin in Mengen, die Neujahrsmorgen in den Schatten stellten.
    Andere Dinge waren nicht so leicht zu verdauen.
    Ragobert hatte angerufen und den Verlust seiner Leuchtsäule beklagt und mit für ihn ungewöhnlicher Schärfe mehr oder weniger augenblickliche Ergebnisse verlangt. Der verdammte Ballon brachte ihn allmählich um Schlaf und Verstand, und ich bekam den Fallout ab. (Ein Kampfhubschrauber der Bundeswehr war in das herunterhängende Seil geraten, hatte es gekappt, sich dabei ein Rotorblatt beschädigt und heftig zu Boden gemusst, während der Ballon, befreit von der baumelnden Last, in enorme, für Hubschrauber nicht länger

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