Der Willy ist weg
behauptete ich und knuffte ein wenig Husten durch die Nase, bevor ich weitersprach. »Wir kaufen Willy mit dem Geld frei, und er zahlt es anschließend zurück. Fertig.«
»Fertig«, echote der Schwede und wandte sich mir zu und ich konnte das Zucken um sein eines Auge sehen. »Und was wird, wenn euer Willy, frisch in die Freiheit entlassen, es sich anders überlegt und das Geld lieber für sich behält? >Herr Cinosil<, könnte er sagen, >bitte zeigen Sie mir, wo ich was unterschrieben haben soll.<«
»Das würde er nie tun«, sagten wir alle wie aus einem Mund. Ich meine, wir alle, alle drei. Nur der Bodyguard hatte sich rausgehalten.
»Seht ihr, ich wusste, dass das jetzt käme«, winkte der Schwede ab, »so was höre ich dauernd. Doch selbst wenn ich so naiv wäre, daran zu glauben, wer garantiert mir die zwei wirklich entscheidenden Dinge: Dass, erstens, eure Geschichte überhaupt wahr ist und zweitens, wenn sie wahr ist, dass ihr euren Willy auch wirklich lebend wiederbekommt?«
Ähm, tja. Hüsteln (meinerseits). Schweigen (allerseits).
»Also, damit das klar ist: Meine Antwort ist und bleibt nein. Falls ihr jedoch noch einen Rat von mir wollt«, fuhr er fort in einem Tonfall, der >und da vorne ist die Türe< mit einschloss, »wendet euch an den Vermögensberater. Der Mann hat Vollmachten. Er ist es, den ihr überzeugen müsst.«
»Also«, sagte ich und stieß mich von meinem Türrahmen ab, »dann auf zu Freund Roth-Bichler.«
Und ich kann mich täuschen, aber mir war, als ob der Schwede bei Erwähnung des Namens mehr als nur mit dem Auge gezuckt und mir anschließend einen äußerst intensiven, ebenso überraschten wie nachdenklichen Blick hinterhergeschickt hätte.
Charly steuerte den Commodore ruhig und effizient. Er kann, was ich nie könnte: seine Laune und seine Fahrweise auseinanderhalten.
»Wir fahren jetzt sofort zu diesem Roth-Bichler«, bellte er über das gleichmäßige Summen des Motors hinweg, »klatschen ihn an die Wand und machen ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen kann.«
»Nein«, sagte ich.
»Weigert er sich, nagel ich ihn mit seiner Krawatte auf dem Schreibtisch an und ohrfeige ihn, bis mir der Arm lahm wird!«
»Nein«, sagte ich.
»Wir treten ihn in den Arsch, bis er einen Scheck ausstellt, und dann zerren wir ihn zur nächsten Bank und heben die Knete ab!«
»Nein«, sagte ich. »Wir werden es stattdessen mit Diplomatie versuchen.«
Er sah mich an, als ob er mich am liebsten während der Fahrt aus dem Auto schmeißen wollte. »Diplomatie?!«, echote er, und die Knöchel seiner das Lenkrad gepackt haltenden Finger verfärbten sich weiß. »Bist du noch zu retten?«
»Wir können nichts tun, als ihn zu überzeugen versuchen. Wir können noch nicht mal rechtliche Schritte einleiten. Wir sind ja nicht mit Willy verwandt. Außerdem hieße das, die Bullen einzuschalten. Und davor schrecke ich irgendwie zurück. Wir werden uns was anderes einfallen lassen müssen. Und bis dahin gehen wir diplomatisch vor. Hörst du?«
»Wenn ich nicht wüsste, dass du Fieber hast, würde ich sagen, du laberst im Suff. Aber gut. Dann übernimm du aber das Reden. Und ich halte mir die anderen Möglichkeiten offen.«
Dr. Roth-Bichler blickte vor sich auf seine Schreibunterlage, als ob ich ihm draufgeschissen hätte. Vollkommen angewidert, doch ansonsten ungerührt.
»Sehen Sie jetzt, wie gottverdammt ernst die Lage ist?«, blaffte ich ihn an. Die Kunst der Diplomatie beinhaltet auch, zu wissen, wann leise, und wann eher deutliche Töne angebracht sind. »Begreifen Sie jetzt endlich, dass Ihr . Ihr .«, ich suchte nach einem Wort, doch Roth-Bichler fühlte sich nicht berufen, helfend einzuspringen, »... Klient, von mir aus, sich in den Händen von Gewaltverbrechern befindet? Und somit in höchster Gefahr?!«
Gott, es war warm in der Kanzlei, kragenzerrend, >Wasser-den-Rücken-runter<-warm.
Der Notar, Stirn trocken wie ein Löschblatt, bedeutete mir mit einer kleinen, angeekelten Handbewegung, den Finger von seiner Schreibunterlage zu entfernen. Ich fegte ihn zurück in seine Tupperdose, bemüht, mein Schaudern zu verbergen.
»Mein Mündel«, sagte er tonlos. »Und ich begreife, meine Herren, ich begreife sehr gut. Doch trotz dieses wirklich . beeindruckenden Beweismaterials und trotz all der Gefühle, die ich, als sein langjähriger Wegbegleiter, dem jungen Herrn Heckhoff entgegenbringe (dem Tonfall nach war unmöglich festzustellen, um was für Gefühle es sich dabei handeln könnte, alles
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