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Der Willy ist weg

Der Willy ist weg

Titel: Der Willy ist weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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kleines Kätzchen. Ist mir zugelaufen. Und da ich zurzeit mehr hier bin als bei mir, da habe ich gedacht .«
    »Ja, ja. Ja. Aber halt sie hier aus dem Zimmer raus, ja? Bring sie zu Scuzzi. Der mag Katzen. Oh ja, der liebt diese Biester. Schenk sie ihm, von mir aus. Aber tu sie weg.«
    »Warum, magst du etwa keine Katzen?«
    »Nein. Ich bin ein Hundemensch. Ich warte nur noch, bis ich das richtige Alter erreicht habe, dann hole ich mir einen Rehpinscher. Und den werde ich ausschließlich mit Schogetten füttern. Doch jetzt muss ich arbeiten. Sei lieb, mach mir einen Tee, tu ruhig ein bisschen Rum rein, und nimm die Katze mit, ja?«
    Charly setzte sich auf die Bettkante, und ich fuhr hoch. Ich war über meinen Daten eingenickt und hatte dabei einige Zeilen mit meinem Sabber ausgelöscht. Missmutig packte ich alles beiseite und trank einen Schluck lauwarmen Tees.
    »Der Schwede hat angerufen«, sagte Charly. »Etwas seltsames Gespräch.«
    Missmutig schnaubte ich in ein Tempo-Tuch, bis der Rotz unten wieder rauslief. Eigentlich mein Job, dachte ich, seltsame Telefongespräche zu führen.
    »Also, wenn ich ihn recht verstanden habe, rückt er das Lösegeld heraus, zu einem vertretbaren Zinssatz«, wir sahen uns an, »wenn wir ihm im Gegenzug Willys Vermögenswerte besorgen, die er als Pfand behalten will.«
    Wir sahen uns weiterhin an. Skeptisch, könnte man sagen. Und doch .
    »Was stellt er sich vor, wie wir die in die Finger kriegen sollen?«, dachte ich laut.
    »Wo könnten sie sein?«, fragte Charly zurück.
    Und dann gingen wir im Geiste Roth-Bichlers Kanzlei ab und kamen zu dem Schluss, dass der Notar wirklich Wertvolles oder Wichtiges da wohl kaum lagern würde. Anschließend spekulierten wir noch ein bisschen.
    Nach kurzem Zaudern ließ ich mich auf Willys steifem Laken nieder. Ich könnte mir hier, so sagte ich mir, praktisch nichts mehr fangen, was ich nicht schon hätte. Matt sah ich mich um, nahm den Faden auf, wo er kürzlich vom Telefon unterbrochen worden war.
    Deliah war arbeiten, Charly fuhrwerkte im Haus herum, alle anderen waren draußen, abgestellt zur Observation. Ab und zu rief einer an und gab kurze Berichte ab oder holte sich neue Anweisungen. An Charlys knappen, ohne Zögern abgegebenen Kommentaren merkte ich, er war in seinem Element, er hatte alles unter Kontrolle.
    Man meint immer, es geht nicht ohne einen, und dann muss man feststellen, es geht doch.
    Müßig ließ ich den Blick schweifen. Soweit ich feststellen konnte, war ich seit Willys Verschwinden der einzige, der das Zimmer betreten hatte. Alles wirkte so, als habe er es gerade eben erst beiseite gelegt, irgendwo reinoder hintergestopft, aus den Händen fallen lassen, in die Ecke gepfeffert, nur für ein Minütchen weggestellt und anschließend für Wochen dem Schimmel überlassen.
    Irgendetwas fehlte. Ich spürte es ganz deutlich, aber kümmerte mich nicht darum, weil ich sonst niemals dahinterkommen würde, was es war. Es würde mich anspringen müssen oder sich in mein Bewusstsein schleichen, eins von beidem. Indem ich danach suchte, würde ich es nie finden. Weil es nicht da war. Weil es fehlte.
    Willy, dachte ich, sprich zu mir.
    Ich musste mir eingestehen, dass ich ihn vermisste. Er brachte, auf seine Art, Leben in die Bude. Mit seinem Panoptikum an Sexualpartnern, mit seinen verschrobenen Angewohnheiten, mit seiner ganzen Rätselhaftigkeit.
    Wie diesem steifen Arrangement aus Sofa und Teeservice. Das war eine jener Seiten an ihm, die mir und allen anderen undurchschaubar blieben.
    Auf seinem Schreibtisch lag noch der angefangene Entwurf zu seinem nächsten Brief.
    Ich holte ihn mir und hockte mich wieder hin.
    libe DAGMAR, es ist nicht so, wie sie denkn, und um es gleich zusagn, (befor sie mögliherweise falsche vorstelungn bekomen), die junge dame nebn mir auf dem sofa war eien bekante von meinem freunt cahrly, die sich nur danebn gesezt hat, um eine Sendung über eis kunst lauf unt ich steh in keinerlei bezihung zu ihr.
    Ich korrigierte automatisch im Kopf, vervollständigte den abgebrochenen Satz, verschwendete nicht einen Gedanken an den Inhalt. Willy war volljährig, er hatte einen IQ von über 120, er wusste schon, was er tat. Oder?
    Wenn man ihn Sachen fragte wie: >Willy, du glaubst doch nicht etwa allen Ernstes, dass Dagmar Berghoff dich aus deinem Fernseher heraus beobachten kann, oder?<, dann bekam man darauf nie eine Antwort, niemals, sondern immer nur einen Blick zugeworfen, ganz aus den Augenwinkeln heraus, unter

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