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Der Wind bringt den Tod

Der Wind bringt den Tod

Titel: Der Wind bringt den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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vierten die Vorfahrt gewähren müssen. Es war, als wollte sie ihre Angst daran erinnern, dass sich der Tod nicht austricksen ließ – nicht durch ihr Kraft spendendes Mantra, nicht durch eine noch so sorgsame Wartung ihres Wagens, nicht durch ein rechtzeitiges Bremsen, wie es ihr in Odisworth bei Jonas Plate gelungen war. Der Tod bekam immer, was ihm zustand.
    Jule dachte an die Tarotkarte mit dem Sensenmann darauf, die Caro beim Legen heimlich ausgetauscht hatte. Selbst wenn der Tod im Tarot gemeinhin nur eine grundlegende Veränderung ankündigte – gab es denn eine grundlegendere Veränderung für eine Existenz als ihr Ende?

85
     
    »Wessler will, dass wir Erich Fehrs verhaften?«, fragte der Pole kopfschüttelnd. »Jetzt gleich, oder wie?«
    Stefan Hoogens stand auf und schloss die Tür zu ihrem gemeinsamen Büro, ehe er seinem Kollegen eine Antwort gab. »Im Grunde ja. Und es besteht doch auch durchaus Anlass dazu.« Hoogens nahm eine Hand auf den Rücken und massierte sich die Lendenwirbel. Von der vielen Fahrerei tat ihm das Kreuz weh. Er hätte nichts dagegen gehabt, seinen Rücken zu schonen, indem sie den alten Bauern in Gewahrsam nahmen. »Sei doch mal realistisch. Die Leiche war auf seinem Grundstück.«
    »Das Thema hatten wir schon«, wandte Smolski ein.
    Hoogens fuhr unbeirrt fort. »Er war zu einer Zeit in Hamburg, die zum Tatzeitpunkt für das Opfer aus der Elbe passt.«
    »Wie Millionen anderer Menschen auch.«
    »Die Tote aus dem Wald hatte ein Brautkleid an.« Hoogens wies anklagend mit dem Finger auf Smolski. »Wie die Schaufensterpuppe in Fehrs’ Wohnzimmer.«
    »Das Brautkleid seiner Frau.« Die Proteste des Polen wurden schwächer. »Die ihn angeblich völlig überraschend verlassen hat.«
    »Und dir hat er was anderes darüber erzählt als mir.« Hoogens streckte sich. Seine Wirbelsäule knackte leise. »Genau wie mit seinem Hund. Da erzählt er auch jedes Mal was anderes. Wir haben genug gegen ihn in der Hand.«
    Smolski ließ die Schultern hängen. »Okay. Ich verstehe. Wessler will die Medien beruhigen. Er braucht eine positive Meldung. Aber wir stehen da wie die letzten Deppen, wenn wir Fehrs festnehmen und er sich als unschuldig herausstellt. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt einfach viel zu riskant.«
    »Das habe ich ihm auch gesagt«, gestand Hoogens.
    Smolski drehte sich auf seinem Drehstuhl in Hoogens’ Richtung. »Dann lass es uns anders machen.«
    »Und wie?«
    »Erstens sage ich Wessler, dass wir Einsicht in die Konten von Fehrs brauchen«, erklärte Smolski. »Zweitens gehen wir noch mal sein komplettes Grundstück durch. Und sein Haus.«
    »Wozu?«
    »Weil ich wissen will, ob er seiner Frau Unterhalt zahlt, und weil wir sie so eventuell doch noch finden, um sie mal über ihren Mann auszufragen. Er sagt ja immer bloß, er hätte keine Ahnung, wo sie heute ist.«
    »Und die Durchsuchung?«
    »Wir haben uns vielleicht zu sehr auf den Wald konzentriert. Außerdem bin ich dafür, dass wir dieses Mal Leichenspürhunde mitnehmen. Für den Fall, dass Jennifer Sander nur eine Art Ausrutscher war und er seine Opfer normalerweise lieber im Brautkleid bei sich in der Nähe begräbt, anstatt sie in irgendeinen Fluss zu werfen.«
    »Wo du recht hast …«, ächzte Hoogens. Der Pole war stur, aber nicht dumm. »Dann beantragen wir einen Durchsuchungsbefehl. Wessler wird uns dabei keine Steine in den Weg legen.«
    »Rufst du in Eutin wegen der Hunde an?«, fragte Smolski.
    »Kann ich machen. Fahren wir die Aktion noch am Wochenende?«
    »Nein, auch wenn Wessler im Dreieck springt. Ich will vorher noch sehen, ob ich woanders weiterkomme. Hier.« Er reichte Hoogens einen Stapel Fotos. »Die sind nach dem Verschwinden von Kirsten Küver entstanden, und überall ist derselbe Kerl drauf, den in Odisworth angeblich keiner kennt.«
    Hoogens ging rasch die Fotos durch. »Der Typ in Schwarz? Der mit der Schlägervisage?«
    »Genau der.«
    »Woher hast du die?«
    »Von meiner Pensionsmutter.«
    Hoogens wiegte skeptisch den Kopf. »Ich sehe da eine ganze Reihe Möglichkeiten. Entweder da ist was dran. Aber das wäre fast zu schön. Ich kann mir auch denken, dass das so ein Ablenkungsmanöver ist, wie es die Pastorin bei mir abgezogen hat. Oder es könnte auch sein, dass deine Pensionsmutti versucht, dir einen echten Hinweis zu geben, ohne damit den Zorn der anderen Dörfler auf sich zu ziehen, also behauptet sie, keiner würde wissen, wer dieser Mann ist. Knifflig.« Hoogens gab Smolski die Fotos

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