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Der Wind bringt den Tod

Der Wind bringt den Tod

Titel: Der Wind bringt den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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beteuerte Jule. »Und willst du das Beste hören? Ich hab dir doch vorhin am Telefon gesagt, dass ich mich von Smolski nicht so richtig verabschiedet habe. Zumindest nicht so, wie ich es gern unter normalen Umständen getan hätte. Willst du auch wissen, warum?«
    »Warum?«
    »Weil ihm die Betreiberin meiner Pension plötzlich ein paar Fotos unter die Nase gehalten hat, auf denen ein Fremder zu sehen war, der ihren Verdacht erregt hat«, erklärte Jule. Sie wählte ihre Worte mit Bedacht, aber es war schwer, die Angelegenheit nicht als unheimlich darzustellen. »Ein Mann, der sich immer wieder im Dorf herumtrieb, nachdem eine junge Frau, die ursprünglich aus der Gegend dort stammte, hier in Hamburg verschwunden war.«
    Caro war nicht auf den Kopf gefallen. Sie erstarrte in ihrer sonderbaren Haltung und flüsterte: »Lothar.«
    »Bingo«, sagte Jule.
    Caros Arme sanken langsam herab. »Du glaubst doch aber nicht, dass … dass er und diese Frau …?«
    »Ich habe mich mit ihm darüber unterhalten«, beeilte sich Jule zu sagen, bevor sich Caro noch in die gleichen wirren Theorien verstieg wie sie selbst. »Er war ihr Therapeut.«
    »Verstehe.« Caro atmete auf. Sie zupfte ihr Tuch zurecht und schlenderte zu Jules Bücherregal. Eine Weile studierte sie die Titel auf den Einbänden, als wäre das Thema für sie damit beendet. Dann drehte sie sich um, begegnete Jules forschendem Blick und sagte: »Schau mich nicht so an. Ich weiß nicht, was du jetzt von mir erwartest.«
    Darüber war sich Jule selbst nicht im Klaren. Sie stellte die erstbeste Frage, die ihr in den Sinn kam: »Hat er mit dir jemals über eine Kirsten Küver gesprochen?«
    »Ist das die verschwundene Frau?«, fragte Caro zurück.
    Jule nickte.
    »Da kann ich dir schlecht weiterhelfen«, sagte sie sehr ernst. »Lothar bewahrt mir gegenüber absolutes Stillschweigen über seine Patienten.«
    »Du willst mir nicht allen Ernstes weismachen, ihr beide hättet noch nie über mich geredet, oder?«, warf Jule ein.
    »Natürlich haben wir schon über dich geredet. Aber er sagt mir nichts, was ich nicht bereits von dir selbst wüsste.« In Caros Stimme lag der Hauch einer Kränkung. »Ehrlich …«
    Damit wandte sie sich wieder dem Bücherregal zu. Jule fühlte sich wie eine Idiotin. Schlimm genug, dass sie die beiden Männer, die erst vor Kurzem in ihr Leben getreten waren, vor den Kopf gestoßen hatte. Jetzt war sie dabei, einen Streit mit ihrer besten Freundin vom Zaun zu brechen. Caro hatte allen Grund, beleidigt zu sein. Was hatte Jule sich da bloß eingebildet? Dass Caro und Seger sich regelmäßig trafen, um sich über sie und seine anderen Patienten das Maul zu zerreißen? »Tut mir leid«, sagte sie leise zu Caros Rücken. »Das war dumm von mir. Dumm und unverschämt.«
    »Lass uns über angenehmere Dinge reden, ja?«
    »Klar«, nahm Jule das Friedensangebot dankbar an.
    »Und mit angenehm meine ich natürlich Dinge, die dir vielleicht trotzdem unangenehm sein könnten.« Caro wirbelte herum. »Zum Beispiel diesen Rolf. Wie hieß er noch mal genau?«
    »Rolf Behr.« Jule hatte eine Ahnung, worauf sie hinauswollte.
    »Und er hat eine Autowerkstatt in Norderstedt, sagst du?«
    »Ja.« Die Ahnung verwandelte sich in einen begründeten Verdacht.
    »Und gehe ich recht in der Annahme, dass es dir nicht ganz egal ist, was er jetzt von dir denkt, nachdem du ihn buchstäblich hast im Regen stehen lassen?«
    »Kann schon sein.« Aus dem begründeten Verdacht wurde wachsende Gewissheit.
    »Okay«, verkündete Caro zufrieden.
    »O nein.« Jule war kurz davor, von der Couch aufzuspringen. »Untersteh dich gefälligst, ja?«
    »Wovon sprichst du?«
    »Versprich mir, dass du dich da nicht einmischst!« Jule lachte nervös auf, weil ihr Kopf sich unvermittelt federleicht anfühlte und ihr ein Kribbeln durch den gesamten Körper fuhr. »Ich weiß, was du vorhast. Bitte lass es bleiben. Du rufst ihn nicht an, du kommst nicht zufällig an seiner Werkstatt vorbei, und du lässt dich auch von keiner Wünschelrute oder einem Pendel oder irgendwelchen Naturgeistern zu ihm führen.«
    »Also Jule!«, tat Caro empört. »Als ob ich dafür bekannt wäre, dass ich –«
    »Im Ernst.« Sie fixierte Caro mit dem finstersten Blick, zu dem sie fähig war. »Versprich es mir.«
    »Gut.« Caro ächzte theatralisch und sank im Schneidersitz zu Boden. »Gut, ich verspreche es. Aber beschwer dich nicht bei mir, wenn du am Ende tot bist, bevor du den Richtigen findest.«

96
     
    »Muss

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