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Der Wind bringt den Tod

Der Wind bringt den Tod

Titel: Der Wind bringt den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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Menschen über maximal sieben Ecken kannte. Bei Rolf und ihr war es anscheinend sogar nur eine Ecke. »Wie offenbar Andreas Bertram.«
    »Stimmt.« Rolf nickte. »Eines Tages klingelt mein Handy, und wer ist dran? Laber-Andi. Er wollte günstige Dienstwagen für seine Firma kaufen.«
    »Laber-Andi?«
    »Weil er immer große Töne spuckt und Versprechen macht, die er dann nicht einhalten kann.« Rolf grinste, aber seine Augen bekamen einen versonnenen Glanz. »Er hat ständig davon geredet, dass er später mal berühmt wird. Im Fernsehen. Oder als Rockstar. Und dann ist er doch nur in einem Büro gelandet. Tja, wir können nicht alle Astronauten oder Prinzessinnen werden. Andi und ich telefonieren jetzt ab und zu, und ich war ein paarmal mit ihm auf dem Kiez. Er war eine Weile auf so einem Nostalgie-Trip, glaube ich. Auf der Suche nach seiner verlorenen Jugend. Könnte mir nicht passieren, aber ich habe ja auch nicht so viel Stress wie er. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass er todunglücklich mit seinem Leben ist. Bitte entschuldige. So weit wollte ich jetzt gar nicht ausholen. Es wird dich nicht sehr interessieren, was deine Kollegen so in ihrer Freizeit treiben.«
    »Das macht doch nichts. Außerdem hast du vielleicht recht. Kann schon sein, dass er sich momentan irgendwie unwohl fühlt«, sagte Jule. Nun war es also doch passiert. Rolf redete über seine Vergangenheit. Ihre Euphorie über ihr Wiedersehen erfuhr einen Dämpfer. Sie entschied sich, das Beste daraus zu machen. »Kennst du zufällig einen Jan Nissen?«
    »Klar.« Er zog verächtlich die Oberlippe hoch. »Noch so ein Geist von früher. Einer von den Jungs, die von den anderen aufgezogen werden, weil sie viel zu schwach sind, um sich zu wehren. So ein echter Bettnässer eben.«
    »Weißt du, wo er jetzt ist?«
    »Keine Ahnung«, schnaubte Rolf. »Wahrscheinlich irgendwo in einem Friseursalon. Warum fragst du?«
    »Ich müsste beruflich mit ihm reden.« Rolfs offene Homophobie erschreckte Jule. Es sah ganz danach aus, als ob Männer vom Land wie er manche festgefahrenen Ansichten nicht so schnell loswurden – ganz egal, wie lange sie auch schon in der Stadt wohnten. Darüber würde sie noch einmal gründlich nachdenken müssen, falls sie anfangen sollte, Rolf regelmäßig zu sehen.
    »Apropos beruflich.« Rolf drehte sich um, um einen Blick auf die Uhr über der Tür zu werfen. »Ich habe da leider gleich noch was zu erledigen. Hast du schon irgendwelche Pläne für heute Abend?«
    »Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Es sei denn, mich in mein Bett zu legen und zu versuchen, ein bisschen zu lesen, zählt für dich als Plan.«
    »Na wunderbar.« Er holte seinen Geldbeutel aus der Hosentasche und klemmte einen Zwanzig-Euro-Schein unter seinen Teller. »Ich kenne da dieses Restaurant in Süderhafen, wo man von der Terrasse aus einen super Blick aufs Meer hat. Und außerdem gibt’s dort den frischsten Fisch der Welt. Wo bist du untergebracht?«
    »In der Pension Jepsen.«
    »Schön.« Er stand auf. »Ich hol dich so gegen sieben ab, ja?«
    Jule fasste sich instinktiv an ihr Ohrläppchen, um die in ihr aufsteigende Angst zu unterdrücken. »Sag mir lieber die Adresse. Ich fahre dann selbst hin.«
    »Was?« Er schürzte beleidigt die Lippen. »Kommt nicht infrage. Ich spiele heute Abend den Chauffeur, verstanden?«
    »Das ist wirklich furchtbar nett von dir, aber –«
    Sie brach ab, als er sich wieder setzte. »Stimmt was nicht? Willst du nicht mit mir essen gehen?«
    »Doch. Ich will nur nicht mit dir dahinfahren.« Jule war der Verzweiflung nah. Warum ließ er ihr nicht einfach ihren Willen?
    »Aber wieso nicht?« Er musterte sie einen Augenblick. »Mein Gott, du bist ja ganz blass. Hast du so viel Angst vor mir? Jule, wenn ich gehen soll oder ich dir doch zu aufdringlich bin, dann brauchst du es mir nur zu sagen. Dann hau ich ab, und du siehst mich nie wieder.«
    »Es liegt nicht an dir.«
    Er rollte die Augen. »Bitte nicht die Nummer.«
    »Im Ernst«, flehte Jule. »Gib mir doch einfach die Adresse von diesem Restaurant.«
    Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Erst wenn du mir endlich verrätst, was los ist.«
    Jule horchte tief in sich hinein. Konnte sie ehrlich zu ihm sein? Was, wenn er sie für verrückt hielt? Aber was hätte das geändert? Es war doch aus seiner Warte definitiv schon verrückt genug, dass sie sich so anstellte. Er versuchte nur, ein perfekter Gentleman zu sein und sie zu ihrer Verabredung abzuholen, der sie

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