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Der Wind bringt den Tod

Der Wind bringt den Tod

Titel: Der Wind bringt den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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aller Munde ist. Ich habe meine Leute darauf hingewiesen, dass wir vor einer wichtigen Entscheidung stehen. Sollte Odisworth als Dorf des Grauens berühmt werden – oder wie auch immer die Zeitungen uns in Zukunft nennen würden, wenn wir nichts dagegen unternehmen – oder als Dorf mit dem größten Windpark Deutschlands? Sicher, eine Zeit lang wird noch einiges über die Morde geschrieben werden. Aber dann? Nichts ist so alt wie eine Schlagzeile von gestern. Es wird Gras über die Sache wachsen. Beziehungsweise ein Windpark.«
    »Und damit haben Sie sie überzeugt?« Jule wollte es immer noch nicht ganz glauben.
    »Ich bitte Sie.« Mangels winkte ab. »Ich habe mir bei einem schönen, kühlen Bier auf meiner Terrasse überlegt, wie man diese Angelegenheit am schnellsten abwickelt. Ich kenne meine Leute doch. Es war gar nicht so kompliziert. Mir war klar, dass man am besten zuerst die großen Brocken aus dem Weg räumt. Und die Küvers waren doch schon so gut wie auf unserer Seite. Und unter den jetzigen Umständen, wo alles darauf hindeutet, dass ihre Tochter …« Er seufzte. »Eine furchtbare Sache, das. Eine echte Tragödie. Anke hat sogar davon geredet, alles zu verkaufen und wegzugehen.«
    Jule gestand sich ein, dass sie Mangels gründlich unterschätzt hatte. Dieser gerissene alte Fuchs hatte in nur anderthalb Tagen ihre Strategie kopiert und aufgrund seines ungleich einfacheren Zugangs zu seinen Wählern zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht. Sie war sich noch nicht sicher, ob sie ihm für seinen Einsatz dankbar sein sollte, oder ob sie es ihm übel nahm, dass er sein immenses soziales Gewicht nicht schon viel früher so beherzt in die Waagschale geworfen hatte. »Die Küvers hätte ich vielleicht auch noch herumgekriegt«, merkte Jule kleinlaut an. »Aber Fehrs …«
    »Erich hat sich doch nur so an sein Land geklammert, weil …« Mangels schenkte der Frau neben sich einen flüchtigen Blick. »Weil es dafür Gründe gab, die jetzt in dieser Form nicht mehr bestehen.«
    Jule dämmerte, dass Mangels zu dem kleinen Kreis von Eingeweihten gehört hatte, die von Beginn an um den wahren Verbleib von Margarete Fehrs gewusst hatten. Das lieferte den Ausschlag für sie, Mangels nun wirklich nicht mit übertriebener Dankbarkeit zu behandeln. »Damit sind zwei der drei großen Landbesitzer abgehakt«, sagte sie kühl. »Bleibt noch Jan Nissen.«
    »Ach, der gute Jan.« Mangels bückte sich, eine Plastiktüte raschelte, und dann stellte er eine Sektflasche und zwei Pappbecher auf den Tisch. »Das war toll.«
    Jule fühlte einen Anflug von Zorn in sich aufwallen. Er richtete sich zu gleichen Teilen gegen Mangels und sie selbst. War sie so dumm gewesen? Hätte sie nur Mangels fragen müssen, um den Mann ausfindig zu machen, von dem sie eine Weile sogar gedacht hatte, er sei nur ein den kranken Wahnvorstellungen eines Mörders entsprungenes Phantom?
    »Sehen Sie, Frau Schwarz«, erklärte Mangels und nestelte an der Metallfolie am Flaschenhals herum, »das Glück ist mit den Tüchtigen. Ich habe bei all meinen Bemühungen erst niemanden aufgetrieben, der mir sagen konnte, wo Jan jetzt steckt. Und was passiert dann? Dann ruft er mich heute Morgen an und erzählt mir, dass er dringend Geld bräuchte und dass er von Andreas Bertram gehört hätte, dass Ihr Unternehmen bereit wäre, in Odisworth Land zu kaufen.« Er knüllte die Folie zusammen, warf sie auf den Tisch und machte sich daran, den Korken zu lösen. »Jans Unterschrift fehlt leider noch, aber er hat mir ausdrücklich versichert, er käme nächste Woche vorbei, um das nachzuholen. Sie sehen also, es gibt nichts mehr, worüber Sie sich Sorgen machen müssten.«
    Der Korken zischte nur, anstatt zu knallen. Mangels schnappte sich einen der Pappbecher und goss ihn voll. »Ich war so frei, Herrn Schwillmer zu informieren. Er hat sich sehr zufrieden gezeigt. Ich soll Sie ganz herzlich von ihm grüßen.« Er reichte den Becher über den Tisch.
    Jule nahm ihn zaghaft entgegen. Durch die Pappe spürte sie die Kohlensäure prickeln. »Vielen Dank.«
    Mangels füllte den zweiten Becher und hob ihn lächelnd zu einem Trinkspruch. »Herzlichen Glückwunsch! Ab heute weht ein neuer Wind in Odisworth, wenn Sie mir diesen kleinen Scherz gestatten! Wir haben gewonnen, Frau Schwarz! Zum Wohl!«
    Dem Geruch nach zu urteilen, war es ein süßer Sekt, den Mangels anlässlich des Sieges über die Unvernunft ausschenkte, doch Jule rann er kalt und bitter die Kehle hinab. Es

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