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Der Wind bringt den Tod

Der Wind bringt den Tod

Titel: Der Wind bringt den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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hineinversetzt, dass sie am Ende nur mit einem Messer neben dem Bett hatte einschlafen können? Nein, diesen Schuh würde sie sich nicht anziehen. »Ich gebe zu, dass mein Hauptaugenmerk heute Morgen auf unsere Verhandlungen und nicht auf dieses tragische Ereignis gerichtet war, das Ihr Dorf heimgesucht hat. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass Sie mir jegliche Form von Mitgefühl mit dem Opfer und seinen Hinterbliebenen absprechen können.«
    »Noch mehr Floskeln und Worthülsen«, hielt ihr Ute entgegen. »Wissen Sie, was dieses Monster dieser armen Frau angetan hat? Er hat ihr die Füße gebrochen. Ihr die Brüste abgeschnitten. Ihr die Lider an den Brauen festgeklammert, damit sie die Augen nicht mehr schließen konnte.«
    Der Bürgermeister und die Bauern schauten allesamt betreten zu Boden.
    »Und?«, fragte Ute. »Wollen Sie jetzt noch ein bisschen über Windräder plaudern? Mir erörtern, warum ich mich wegen ein paar Vögeln und Fledermäusen nicht so anstellen soll?«
    Einen Augenblick war Jule zu verstört, um klar zu denken, weil die entsetzlichen Einzelheiten des Mordes, die die Pastorin genannt hatte, ihr nicht mehr aus dem Kopf wollten. Abgeschnittene Brüste. Festgeklammerte Augenlider. Sie stand am Rand eines inneren Abgrunds, aus dessen Tiefen Schreckensbilder von Blut und Gewalt nach ihr riefen. Jule war schon bereit, den letzten Schritt zu tun und sich hinabzustürzen, in der verzweifelten Hoffnung, die Wurzel all dieses Grauens zu finden: die Gründe, die einen Menschen dazu trieben, einen anderen Menschen so restlos zu vernichten.
    Dann kamen ihr Lothar Segers Worte in den Sinn, mit denen er so oft versucht hatte, sie davon zu überzeugen, dass es falsch von ihr war, Verantwortung für das Handeln anderer übernehmen zu wollen. Dieser Grundsatz behielt auch jetzt seine Richtigkeit. Sie hatte dieses Mädchen nicht umgebracht, und nichts, was sie hätte tun können, hätte es verhindert. Sie war nicht sein Mörder. Und es war auch nicht ihre Schuld, dass Mangels ihrem Drängen nachgegeben und so schnell einen neuen Verhandlungstermin angesetzt hatte, obwohl er mit Sicherheit genau wusste, wie es um die allgemeine Stimmung im Dorf bestellt war. Alles, wofür sie Verantwortung trug, waren ihre eigenen Entscheidungen – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Sie sah nicht ein, warum sie sich von dieser Pastorin auf ihrem hohen moralischen Ross derart in die Enge drängen lassen musste. Auch auf die Gefahr hin, die ohnehin hoffnungslose Situation eskalieren zu lassen, würde sie sich in diesem makabren Spiel nicht in die undankbare Rolle der Schurkin fügen. »Ich kann Ihre Wut nachvollziehen, aber nicht, dass Sie sie an mir auslassen wollen. Wenn Sie so darüber besorgt sind, was dieser Frau widerfahren ist, dann täten Sie besser daran, dabei mitzuhelfen, ihren Mörder zu finden.«
    Jule nahm das Raunen der Anwesenden kaum wahr.
    Plötzlich war sie dankbar dafür, dass Andreas sie am Sonntag angerufen hatte, um ihr davon zu berichten, wie der Hase in diesem Dorf lief. Seine Warnungen vor dem immensen Druck, unter den die Odisworther einander setzten, um ihre Idee von einer funktionierenden Gemeinschaft aufrechtzuerhalten, erschienen ihr nun sehr viel glaubwürdiger. Zum Glück hatte ihr Andreas auch verraten, welche Frage sie zu stellen hatte, um diesen bärbeißigen Gesellen zu zeigen, dass sie um diese Mechanismen der kollektiven Machtausübung wusste. »Was hat es eigentlich mit der Frau vom alten Fehrs auf sich?«

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    »Sie wissen auch nicht, wann man besser mal den Mund hält, was?« Mangels klang weder enttäuscht noch verärgert, sondern ehrlich amüsiert. Er zog an seinem stinkenden Zigarillo und tat das, was seine Hauptbeschäftigung war, seitdem er mit Jule vor das Tor des Rathauses getreten war, um sie zu verabschieden: Er beobachtete seinen Hund, der immer die gleiche Runde über den kleinen rot gepflasterten Platz drehte, um an den immer gleichen Stellen das Bein zu heben. »Sie sind das, was mein seliger Großvater ein Schippenmaul zu nennen pflegte. Eine von den Frauen, bei der man das Mundwerk extra mit der Schaufel totschlagen muss, wenn sie für immer die Augen zumacht.«
    Jule riss sich von dem Gedanken los, dass der Hund, der beharrlich an seiner Routine festhielt, und sie sich in ihrem Verhalten irgendwie ähnlich sein könnten, und fragte: »Was ist da drin gerade passiert?«
    Sie hatte mit vielem gerechnet, was ihre Erkundigung nach der Frau des alten Fehrs würde nach

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