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Der Wind bringt den Tod

Der Wind bringt den Tod

Titel: Der Wind bringt den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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fiel über sein Fressen her.
    Fehrs trieb seine müden alten Knochen zur Eile an. Jetzt musste es schnell gehen, damit ihm sein kalter Zorn nicht abhandenkam. Er hastete quer über den Hof und kletterte auf den Traktor. Der Schlüssel steckte, wie immer.
    Der Hund sah kurz vom Napf auf, als er den Motor anspringen hörte.
    Dieser Scheißköter.
    Fehrs fuhr an.
    Dieser Scheißköter mit seiner Scheißbuddelei.

49
     
    »Wenn dieser Gemeinderat sich so ziert, müssen wir eben direkt an die Grundstückseigner.« Norbert Schwillmer ging vor den Fenstern seines Büros auf und ab. Jules Chef hatte die Hände auf den Rücken genommen und hielt den Kopf leicht gesenkt, als wäre die sinnvollste Strategie, um mit den Odisworthern fertig zu werden, unmittelbar vor ihm auf den Teppich gezeichnet. »Sobald die das dicke Geld wittern, werden sie ihren Freunden im Gemeinderat schon Druck machen. Teile und herrsche. Wenn dieses alte Prinzip den Römern recht war, soll es uns billig sein.«
    Jule strich sich ihren Rock glatt und atmete innerlich auf. Sie hatte bereits gestern Abend den Entschluss gefasst, Schwillmer über die jüngsten Entwicklungen in Odisworth zu informieren. Es war ihr nicht leicht gefallen, weil sie davon ausgegangen war, dass er enttäuscht oder sogar aggressiv reagieren würde. Auf seinem langen Gesicht war jedoch keine Spur von Unmut zu sehen. Seine Miene glich eher der eines Schachspielers, der in einer knappen Partie über den alles entscheidenden Zug grübelte.
    Schwillmer blieb vor seinem Schreibtisch stehen, stützte sich mit flachen Händen auf der Platte ab und studierte einen aufgerollten Bebauungsplan, dessen Enden mit Kaffeetassen und einem Handy beschwert waren. »Wollen wir doch mal sehen«, murmelte er, nahm einen roten Filzschreiber und zeichnete in groben Zügen die Umrisse des Windparks auf dem Plan ein. Er stöpselte den Stift zu, tippte sich damit in einem steten Rhythmus gegen die Unterlippe und ließ das von ihm geschaffene Bild eine Weile auf sich wirken. Schließlich machte er den Stift wieder auf und malte drei große Kreise. »Das sind die wirklich relevanten Grundstücke. Was wissen wir über ihre Eigner?«
    »Noch nicht sehr viel«, räumte Jule ein. »Es gibt noch keine Profile von ihnen.« Sie faltete das Stück Papier auf, das sie als seelische Stütze in die Besprechung mitgenommen hatte: eine Excel-Liste, die sie in Andreas’ Projektunterlagen gefunden hatte. Es handelte sich um eine simple Aufstellung von Namen, Angaben zu Grundstücksflächen und der geschätzten Kauf- und Pachtpreise. »Das größte Grundstück gehört einem Hanno Küver. Mehr als den Namen habe ich da nicht. Aber über den Mann, dem das zweitgrößte Grundstück gehört, weiß ich mehr. Erich Fehrs.« Sie traf keinen ganz neutralen Ton, weil sie unvermittelt an die grauenerregenden Verstümmelungen der in Odisworth gefundenen Frauenleiche denken musste. Abgeschnittene Brüste. Fixierte Augenlider. »Er ist Schweinebauer. Im Ort anscheinend nicht sehr beliebt. Er gilt als jähzornig. Seine Frau ist ihm letztes Jahr oder so davongelaufen. Und …« Sie stockte, räusperte sich und fuhr fort. »Und er ist wahrscheinlich einer der Hauptverdächtigen in diesem Mordfall.«
    »Der Mord …« Schwillmer schüttelte den Kopf. »Keine schöne Sache. Und dieser Fehrs hängt da drin?«
    Jule nickte. »Möglicherweise. Die Leiche war auf seinem Besitz vergraben. Auch wenn das am Ende gar nichts heißen muss, hat er damit ein großes Problem.«
    »Hm, schlecht.« Schwillmer seufzte. Dann huschte ein Lächeln über sein Gesicht. »Oder es kommt uns sogar entgegen.« Er legte eine bedeutungsvolle Pause ein. »Gute Anwälte sind teuer … Verstehst du, Jule? Das solltest du in deinen Gesprächen anklingen lassen, wenn es sein muss.«
    »Klar.« Jule schaute auf das Blatt Papier in ihrer Hand, damit man ihr nicht anmerken konnte, wie sehr sie Schwillmers menschenverachtende Art schockierte. Er schien den Beweis dafür antreten zu wollen, dass die Behauptung der Odisworther Pastorin, Zephiron sei ein rücksichtsloses Unternehmen, das nur auf den eigenen Profit aus sei, zutraf. »Ich spreche Fehrs vorsichtig drauf an.«
    »Was ist mit dem dritten Grundstück?« Er deutete auf eine Stelle auf dem Plan, wo sich zwei der drei roten Kreise berührten. »Haben wir da etwas, was wir als Hebel einsetzen können?«
    »Leider nicht.« Sie stand auf und reichte ihm den Ausdruck. »Ich werde aus dem Namen einfach nicht schlau.

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