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Der Wind bringt den Tod

Der Wind bringt den Tod

Titel: Der Wind bringt den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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im Telefonbuch.«
    Schwillmer rieb sich das Kinn. »Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass dort Leute wohnen könnten, die kein Telefon haben?«
    »Odisworth ist nicht Hamburg, zugegeben, aber kein Telefon? Die leben da auch nicht mehr im neunzehnten Jahrhundert«, sagte Jule. »Was aber durchaus sein könnte, ist, dass das Grundstück da von Nissen an Esbert verkauft worden ist. Der Bebauungsplan hat ja schon mehr als zehn Jahre auf dem Buckel.«
    »Und einen aktuelleren haben wir nicht?«, fragte Schwillmer.
    »Andreas wollte mir einen schicken«, antwortete Jule ruhig.
    »Na wunderbar.« Schwillmer trommelte mit den Fingerspitzen auf den Rand des Schreibtischs. »Darauf können wir uns ja wohl leider nicht verlassen.«
    Jule fragte sich, ob Andreas ihrem Vorschlag gefolgt war und den neuen Bebauungsplan gleich am Sonntag noch in die Post gegeben hatte. Wenn dem so war, kam er vielleicht genau in diesen Minuten in Odisworth bei Frau Jepsen an. Womöglich war er auch schon gestern angekommen. Jule ärgerte sich über sich selbst, dass sie nicht in der Pension vorbeigeschaut hatte.
    »Tja, da gibt’s nur eins«, stellte Schwillmer fest. »Du wirst bei diesem Bauern – ob der nun Nissen oder Esbert oder Müller-Meier-Schultze heißt – mal persönlich vorstellig werden müssen.«
    Jule senkte den Blick auf den Bebauungsplan und versuchte, sich zu orientieren. Als sie die zwei eng und parallel zueinander verlaufenden Linien der Landstraßen nach Odisworth ausgemacht und sich vor Augen geführt hatte, wo der fragliche Hof lag, stockte ihr der Atem. Es war wie bei der berühmten Zeichnung, die man entweder als junge Frau im Kleid oder als alte Vettel mit Kopftuch deuten konnte. Auf einmal sah man etwas, was man vorher nicht gesehen hatte. Sie trat einen Schritt vom Schreibtisch zurück, weil sie sich dringend setzen musste. Sie kannte diesen Hof.
    Sie bohrte ihren Daumennagel in die Kuppe ihres Zeigefingers. Das Gebäude, zu dem Schwillmer sie schicken wollte, war kein anderes als das ausgebrannte alte Gehöft, zu dem es sie auf ihrer ersten Fahrt nach Odisworth verschlagen hatte. Der Ort, an dem sich ein Scheunentor vom einen auf den anderen Augenblick wie von Geisterhand schließen konnte.
    »Da brauche ich nicht hin«, sagte sie leise. »Da wohnt niemand mehr.«
    »Warst du da etwa doch schon?«, wollte Schwillmer wissen. »Was denn jetzt? Ja? Nein?«
    »Am Donnerstag, vor der Präsentation, musste ich eine Umleitung nehmen.« Jule wagte es nicht einmal zu blinzeln. Sie befürchtete, dann wieder die massige Gestalt des Unbekannten vor sich zu sehen, wie sie plötzlich im Lichtkegel ihrer Scheinwerfer auf dem schmalen Waldweg vor ihr aufgetaucht war. »Da bin ich dort vorbeigekommen. Glaub mir, das Haus ist unbewohnt. Ich kann dort mit niemandem mehr sprechen.«
    Schwillmer zog ein missmutiges Gesicht. »Aha. Unbewohnt. Das ist ungünstig. Ich hoffe, du hast einen vernünftigen Vorschlag, wie wir endlich Fortschritte machen können, wenn du schon meinst, dass es da auf diesem Grundstück niemanden mehr gibt, dem wir die Daumenschrauben anziehen können.«
    Jule horchte einen Augenblick in sich hinein. Dann fand sie einen Vorschlag, den sie Schwillmer unterbreiten konnte, auch wenn sie sich nicht sicher war, inwiefern er das geforderte Kriterium erfüllte, vernünftig zu sein. Mehr und mehr wurde ihr bewusst, dass in Odisworth die Vernunft wohl beileibe nicht das Maß aller Dinge darstellte.

50
     
    »Hat sich in jüngster Zeit jemand mit … sagen wir mal, ungewöhnlichen … Sorgen und Nöten an Sie gewendet?« Stefan Hoogens hatte lange mit der dringendsten Frage gewartet, die er der Odisworther Pastorin stellen wollte.
    »Sie sind doch auch Protestant, nehme ich an«, erwiderte Ute Jannsen. »Sie sollten wissen, dass es unter uns keine Beichte gibt.«
    »Richtig.« Hoogens nahm sich noch einen der trockenen Kekse aus der Schale auf Jannsens Küchentisch. »Aber Sie erfüllen doch trotzdem die Funktion einer Seelsorgerin. Ich gehe mal davon aus, dass man Ihnen gelegentlich Dinge anvertraut, über die man mit niemand anderem reden kann.«
    »Und diese Dinge sind bei mir gut aufgehoben.« Jannsen goss sich Tee aus einer grauen Steingutkanne nach.
    »Ich suche einen Mörder, Frau Jannsen«, sagte Hoogens ernst.
    »Ich weiß.« Sie sah ihn mit den trägen Augen einer Echse an. »Und Sie scheinen sich sehr sicher zu sein, dass dieser Mörder aus Odisworth kommt.«
    »Ich vermute nur stark, dass er sich in

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