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Der Wind der Erinnerung

Der Wind der Erinnerung

Titel: Der Wind der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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selbst.
     
    Liebe Beattie …
     
    Sie presste die Finger auf den Nasenrücken. Nicht
Liebe Mummy.
In diesem Augenblick wusste sie, was kommen würde.
     
    Würdest du mich bitte in Frieden mein Leben weiterführen lassen? Ich habe alle deine Briefe erhalten, aber nicht gelesen. Ich weiß es zu schätzen, was du in meiner Kindheit für mich getan hast. Daddy hat gesagt, ich solle dich bewundern, weil du mit mir von ihm weggegangen bist, als er in Sünde lebte. Als er mich hergebracht hat, tat er das Gleiche wie du damals, und dafür bin ich ihm dankbar. Und auch Molly, die ich jetzt als meine Mutter betrachte. Mir gefällt es in Schottland, und ich habe nicht den Wunsch, zu dir oder auf die Farm zurückzukehren. Lass mich einfach.
    Lucy MacConnell
     
    So unreif diese Zurückweisung auch klingen mochte, traf sie Beattie dennoch wie ein Schlag in den Magen. Sie legte den Brief beiseite und griff noch einmal zu dem Foto. Diese Fremde hatte den Brief geschrieben. Ihr rothaariger Engel Lucy war für immer verschwunden.
    Das Schicksal hatte sich als grausam erwiesen. Lucy wollte Beattie nicht kennen, und Beattie wollte nicht, dass Ray von Lucy erfuhr.
    Gegen diesen Impuls kam sie nicht an. Sie erzählte es ihm nicht. Und so wurde das, was nie ein Geheimnis hatte sein sollen, genau dazu.
     
    Beattie spürte eine kühle Berührung an der Wange. Mit einem Keuchen öffnete sie die Augen.
    »Ich bin’s nur,«, sagte Ray. »Du hast das Fenster offen gelassen. Hier drinnen ist es eiskalt.«
    Beattie musste sich erst zurechtfinden. Richtig, sie waren in London, im Hotel. Ray war bei diesem Begrüßungsempfang gewesen. Sie hatte sich zum Lesen hingesetzt, danach wusste sie nichts mehr.
    »Ich habe geschlafen wie eine Tote.«
    »Das liegt an der Zeitverschiebung. Du brauchst ein oder zwei Tage, um dich daran zu gewöhnen.«
    »Wie war der Empfang?«
    Er schloss das Fenster. »Nicht der Gipfel der Langeweile, aber kurz davor.«
    Sie setzte sich auf und strich sich das Haar aus den Augen. »Ray, du hast doch auch in den nächsten Tagen viel zu tun, oder?«
    »Sicher.«
    »Hättest du etwas dagegen, wenn ich morgen nach Glasgow fahre und über Nacht bleibe?«
    »Nach Glasgow? Ich dachte, du hättest dort keine Verwandten mehr.«
    »Habe ich auch nicht«, sagte sie rasch. »Ich … mich würde interessieren, wie sich die Stadt seit damals verändert hat. Es ist lange her.« Sehr lange. Hier war sie nun, fast fünfundfünfzig Jahre alt, mit grauen Strähnen im Haar und dünner werdender Haut. Lucy war fünfunddreißig. Der Privatdetektiv hatte herausgefunden, dass sie zwei Kinder hatte. Beattie war also Großmutter, ein Gedanke, der sie eher mit Neugier als mit Freude erfüllte.
    »Es ist ein weiter Weg.« Er zog die Krawatte aus.
    »Ich fahre mit dem Zug.«
    »Nein, nein. Nimm dir einen Wagen, der dich hinbringt.«
    »Aber dann habe ich das Gefühl, ich müsste Konversation machen. Ich will einfach in Ruhe mein Buch lesen und eine Tasse Tee dabei trinken.«
    Er tätschelte ihre Hand. »Wie du möchtest. Solange du glücklich bist.«
    Sie wandte sich ab, damit er ihr Gesicht nicht sehen konnte.
     
    Ein trüber Londoner Morgen dämmerte. Graue Straßen, schwarze Taxis, schwarze Regenschirme, nasses Laub im Rinnstein. Ray verließ das Hotel, während Beattie noch einige Sachen packte. Sie konnte sich nicht konzentrieren und vergaß ständig, was sie zu tun hatte.
    Schließlich machte sie sich auf den Weg nach King’s Cross, wobei ihr das Wasser in die Schuhe schwappte, und kaufte eine Fahrkarte für den Zehn-Uhr-Zug nach Glasgow.
    »Es gibt eine Verzögerung auf der Strecke«, erklärte der Mann am Schalter. »Wir haben zwanzig Minuten Verspätung.«
    Sie nahm ihre Fahrkarte und setzte sich auf eine Bank, während das hektische Leben im Bahnhof an ihr vorüberzog. Leute in Mänteln und mit tropfenden Regenschirmen hasteten vorbei. Sie schloss die Augen und dachte an zu Hause. Sie sah Wildflower Hill an einem klaren Tag vor sich, Lucy mit Mikhail im Garten, die Sonne auf ihrem Haar. Sie hatte Tasmanien schon lange nicht mehr vermisst; Sydney war ihr Zuhause geworden. Doch als sie nun an Lucy dachte, sehnte sie sich nach der durchdringenden Stille, dem Geruch von Eukalyptus und den kühlen, sonnendurchfluteten Tagen.
     
    Als die ersten Pächter 1951 die Farm verließen, hatte Ray sie gedrängt, den Besitz zu verkaufen.
    »Du hast zu viel zu tun, um dich darum zu kümmern. Wir können auch nicht dort wohnen, solange ich Abgeordneter

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