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Der Wind der Erinnerung

Der Wind der Erinnerung

Titel: Der Wind der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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ab.
    Meine Hand schloss sich um das Telefon … vier Anrufe. Ich blätterte durch die Funktionen und versuchte mich zu erinnern, wie man die Mailbox abhörte, als sich die Tür des Restaurants öffnete. Eine Sekunde lang drang Verkehrslärm herein. Ich blickte auf, weil ich wusste, dass er es war.
    Er lächelte. Oh, dieses Lächeln. Damit hatte alles angefangen. Ein Lächeln, das den Mann unter der polierten Oberfläche verriet, seine archaischen Triebe und Leidenschaften, kaum verdeckt durch tadellose Manieren. Mit Männern hatte ich immer Schwierigkeiten gehabt, bevor ich Josh begegnete. Natürlich hatte ich Freunde gehabt, aber ich suchte mir meist die mit den großen Träumen aus, die nie Wirklichkeit wurden: Möchtegernkünstler und aufstrebende Rockjournalisten. Josh hingegen war ehrgeizig und bissig, arbeitete bei einem Börsenmakler und stammte aus einer furchtbar reichen, alten Familie. Ich verliebte mich heftig in ihn.
    Doch heute Abend wirkte sein Lächeln anders – irgendwie vorsichtig, als hielte er etwas zurück –, und ich war auf der Hut.
    »Tut mir leid, dass ich zu spät komme.« Er setzte sich und gab dem Ober ein Zeichen.
    »Kein Problem. Jetzt weiß ich, wie es sich anfühlt«, scherzte ich.
    Er lachte nicht, schien mich gar nicht gehört zu haben. Er winkte den Ober heran und bestellte Wein. Mit dem Essen würde es noch etwas dauern, wie er sagte. Dann verschränkte er die Hände und schaute auf sie hinunter.
    »Hattest du einen guten Tag?«
    Er blickte auf. »Meine Mutter hat angerufen.«
    »Ach ja?« Seine Familie war vor einem Jahr nach Spanien gezogen; ich war ihr nie begegnet. »Alles in Ordnung?«
    »Ja, ja.« Wieder sah er sich um. Er war nervös, so viel war sicher. »Sie kommen alle für eine Woche nach Paris, Ende Oktober. Meine Mutter, mein Vater und meine Schwester. Sie möchten uns dort treffen.«
    »Toll, ich …« Im Geiste ging ich meinen Terminkalender durch. Verdammt, wo war Adelaide, meine persönliche Assistentin, wenn ich sie brauchte? Was hatte ich im Oktober vor? Wäre
Giselle
schon gelaufen? Aber es ging um Josh, ich sollte seine Familie kennenlernen. Es war ein deutliches Zeichen, dass er an eine dauerhafte Beziehung dachte. Eine Woche in Paris mit ihm wäre herrlich. Wir waren noch nie zusammen verreist, weil ich immer so beschäftigt war. Dann dachte ich an das Casting für die Weihnachtssaison. Das durfte ich nicht verpassen.
    »Muss es denn eine ganze Woche sein?«
    Er wirkte verärgert. »Die meisten Menschen machen mal Urlaub, Emma. Das ist nicht undenkbar.«
    »Aber kompliziert. Ich stehe unter Vertrag. Ich muss dafür sorgen, dass der nächste Vertrag unmittelbar folgt. In diesem Geschäft …«
    »… kann man sich keine Pause leisten. Ja, das hast du mir schon öfter gesagt. Aber du
musst
mal eine Pause machen, und ich
muss
dich meiner Familie vorstellen.«
    »Müssen? Wieso?«
    »Weil es meine Familie ist.«
    »Du kennst meine doch auch nicht.«
    »Die lebt ja auch in Australien. Und ich kann dir garantieren, dass ich mir die Mühe machen und den Kanal überqueren würde, wenn sie nur eine Woche zu Besuch wären.«
    »Sei nicht sauer, Josh. Ich spreche mit Adelaide; sie hat den Terminkalender. Wenn du mir die Daten nennst …«
    Zu meiner Überraschung erhob sich Josh, die Hände zu Fäusten geballt. Die Leute an den Nachbartischen schauten herüber, und er setzte sich rasch wieder hin. Dann beugte er sich vor und sagte mit unterdrücktem Zorn: »So kann es nicht weitergehen.«
    Inzwischen war ich auch verärgert. Er reagierte übertrieben. »Ich halte es für vernünftig, dass ich einen Blick in meinen Terminkalender werfe, bevor ich eine Verpflichtung eingehe.«
    »Eine Verpflichtung mit
mir.
«
    Ich schüttelte den Kopf. »Was willst du eigentlich von mir?« Mir war, als spielten wir ein Spiel, dessen Regeln ich nicht kannte. Es passte gar nicht zu Josh, so unvernünftig zu sein, und ich vermutete ein dunkleres Motiv dahinter. Es war beinahe, als suchte er förmlich nach Fehlern bei mir. »Was soll das alles?«
    »Weißt du eigentlich, was ich mir vom Leben wünsche, Emma?«
    »Natürlich. Du wünschst dir … Erfolg bei der Arbeit und …« Ich verstummte. Wusste ich denn
wirklich nicht,
was er sich vom Leben wünschte?
    »Ehe? Familie?«
    »Davon hast du aber nie gesprochen.«
    Er atmete traurig aus. »Doch. Du hast nur nicht zugehört.« Er schaute mir in die Augen. »Wünschst du dir das auch?«
    »Vielleicht. Eines Tages.«
    »Du wirst bald

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