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Der Wind der Erinnerung

Der Wind der Erinnerung

Titel: Der Wind der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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Hände an der Schürze ab. »Ein Anruf? Ist er wirklich für mich?«
    »Es ist eine Molly MacConnell.«
    Lucy strahlte. »Mama Molly! Darf ich mit ihr telefonieren?«
    Mama Molly?
Beatties Herz verkrampfte sich.
    Alice schüttelte den Kopf. »Sie will mit deiner Mutter sprechen, nicht mit dir.«
    Lucy schmollte. Beattie strich ihr die Haare aus dem Gesicht. »Ich bestelle ihr schöne Grüße von dir.« Sie folgte Alice in die Eingangshalle, wo das Telefon auf einem polierten Tischchen stand, atmete tief durch und nahm den Hörer. »Hallo?« Sie bemühte sich, nicht nervös zu klingen.
    »Beattie, hier spricht Molly.« Ihre Stimme klang leise und weit entfernt.
    Beattie lehnte sich an die Wand und wickelte die Schnur um den Finger. Das Morgenlicht fiel durch die Sprossenfenster und malte ein Muster auf dem Boden. Das Haus war dämmrig und still. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Hoffentlich macht es Ihnen nichts aus, dass ich anrufe. Ich muss etwas mit Ihnen besprechen, solange Henry nicht dabei ist.«
    »Oh?«
    »Es geht um Lucy.«
    Mama Molly.
Wie lange nannte Lucy sie schon so?
    »Beattie, ich weiß, dass Sie Ihr kleines Mädchen lieben und Ihr Bestes tun, um für sie zu sorgen, aber … Als wir sie das letzte Mal nach Hause gebracht haben, war ich ehrlich gesagt entsetzt. Ein kahles Zimmer ohne Bett …«
    »Wir haben jetzt ein Bett. Und Teppiche. Lucy liebt die Farm.«
    »Trotzdem, sie ist fast fünf. Nächstes Jahr kommt sie in die Schule. Hier in Hobart gibt es viele Schulen. Und die Kirche.« Mollys Stimme wurde drängend. »Und ein richtiges Haus mit einem eigenen Zimmer und eigenen Bett. Spielzeug, Bücher, alles, was sie braucht.«
    Beattie wusste, worauf Molly hinauswollte. »Verstehe. Sie glauben also, sie hätte es bei Ihnen besser? Mit Mama Molly statt Mama Beattie?«
    Molly sagte nichts.
    »
Ich
bin ihre Mutter.«
    »Und Henry ist ihr Vater. Er hat das gleiche Recht wie Sie.« Molly sprach jetzt ruhiger. »Beattie, ich will nicht mit Ihnen streiten. Aber Sie sind doch vernünftig. Wenn wir das Arrangement umkehren und Lucy jeden Monat eine Woche bei Ihnen verbringt, wird sie immer noch die Farm besuchen können.«
    Beattie kämpfte mit den Tränen. Tief im Inneren wusste sie, dass Mollys Vorschlag vernünftig war, doch das konnte sie sich unmöglich eingestehen. »Warum rufen Sie an, wenn Henry nicht dabei ist? Will er Lucy nicht haben?«
    »Ganz im Gegenteil. Er will sie ständig um sich haben. Er hat schon davon gesprochen, einen Anwalt zu nehmen und vor Gericht zu gehen. Ich dachte, wir könnten es vielleicht gütlich regeln, damit Sie auch glücklich sind.«
    Wie bitte? Wie konnte sie glücklich sein, wenn sie ihr das kleine Mädchen wegnahmen? Doch wie konnte sie angesichts dieser Bedrohung an Lucy festhalten? Ihre Stelle war in Gefahr, die Unterkunft unzureichend und Lucy jeden Tag lange Zeit sich selbst überlassen.
    »Beattie?«, fragte Molly sanft.
    »Warum müssen Sie so freundlich sein?«, sagte Beattie unter Tränen. »Warum können Sie nicht wenigstens grausam sein, so dass ich Sie hassen kann?«
    »Freundlichkeit ist alles, was wir anderen geben können. Sie sind Lucys Mutter und werden immer zu unserem Leben gehören. Ist es nicht besser so, als wenn man sich gegenseitig hasst?«
    Nun fühlte sich Beattie wie ein törichtes, ungezogenes Mädchen. »Ich nehme an, mir bleibt keine andere Wahl. Wenn ich nein sage, kann Henry einen Anwalt bezahlen und ich nicht.«
    Molly schwieg, doch Beattie wusste genau, was sie dachte.
Du wirst nicht nein sagen.
    Die Sekunden vergingen in der kühlen, dämmrigen Eingangshalle.
    »Schön. Sie haben gewonnen.«
    »Dies ist kein Wettbewerb. Es geht nur darum, was Lucy braucht.«
    Einen Moment lang schwankte Beattie: Lucy brauchte ihre Mutter. Aber mehr als alles andere? Eine solche Idealistin war sie dann auch wieder nicht. »Sie haben natürlich recht. Ich werde ihr erklären, was wir entschieden haben.«
     
    Beattie wartete damit bis zu dem Morgen, an dem Lucy abgeholt wurde. Sie wollte ihre letzte gemeinsame Nacht nicht verderben und kuschelte sich im schmalen Bett an ihre Tochter. Lucy war aufgeregt, weil sie am Morgen ihren Vater wiedersehen würde. Sie verlangte, dass Beattie ihr Zöpfe flocht, und ihre blasse Haut war gerötet vor Glück.
    Als Beattie mit Lucy zwischen den Knien auf dem Bett saß und ihr seidiges rotgoldenes Haar in gleichmäßige Strähnen teilte, sprach sie es schließlich aus. »Lucy, ich muss dir etwas Wichtiges

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