Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wind der Erinnerung

Der Wind der Erinnerung

Titel: Der Wind der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
Vom Netzwerk:
aufgefallen war. »MacWilliam Landhandel. Der hat 1931, während der Depression, Bankrott gemacht.«
    »Und das Kind …?«
    »Es dürfte etwa ein Jahr alt sein, etwa der Jahrgang meiner Mutter. Ich frage mich, ob es das Mädchen ist, mit dem sie gespielt hat. Es hatte rotes Haar. Meine Mum hat erzählt, sie hätten immer wild umhergetobt und wären vollkommen unbeaufsichtigt gewesen.«
    »Meinen Sie, sie war Beatties Tochter?«
    Penelope schüttelte den Kopf. »Nein. Von Mum weiß ich, dass sie am Ende der Ferien von einem Mann und einer Frau mit einem Auto abgeholt wurde. Mum hat immer angenommen, dass es ihre Eltern waren.«
    Ich war ein bisschen enttäuscht. »Verstehe.«
    »Ich nehme an, Beattie war ihre Tante.«
    »Sie hatte keine Geschwister.«
    »Dann vielleicht eine enge Freundin der Familie … Sind Sie fertig mit Frühstücken? Ich würde mir die Geschäftsbücher gerne ansehen.«
    Ich trank meinen Kaffee aus und ging mit ihr ins Wohnzimmer, wo ich ihr dankbar den Bücherstapel vom Klavier in die Hand drückte. Sie blickte sehnsüchtig auf einige Briefe, aber sie waren zu privat, um sie ihr zu überlassen. Sie versprach mir, zu Hause ihre Unterlagen durchzusehen, ob sie vielleicht darin etwas über Beattie fand. Sie verabschiedete sich, als Monica gerade eintraf.
    Ich stellte das Foto wieder auf den Tisch im Flur und fühlte mich seltsam enttäuscht.

[home]
    Achtzehn
    A m Samstagmorgen war der Himmel bedeckt, und es sah nach Regen aus. Als ich aufwachte, spürte ich ein Kratzen im Hals, und ich hatte Kopfschmerzen. Ich spielte mit dem Gedanken, die Fahrt nach Hobart abzusagen und einfach im Bett zu bleiben. Aber dann hätte ich ein schlechtes Gewissen gehabt. Nach einer heißen Dusche war mein Kopf klarer, und ich zog statt meiner üblichen Jeans das einzige Kleid an, das ich eingepackt hatte. Dann kämmte ich mir die Haare, ließ sie offen und hoffte, dass ich nett aussah, auch wenn ich nicht genau wusste, warum. Anfangs hatte ich gedacht, Patrick fände mich attraktiv, doch es gab eigentlich keine Beweise dafür. Er war anders als die meisten Männer, die ich kannte. Nicht so geschliffen und selbstsicher wie Josh, aber auch nicht rauh und kumpelhaft wie mein Vater. Er war still, aber nicht schüchtern. Sanft, aber nicht schwach. Nicht dass ich in ihn verliebt gewesen wäre; ich liebte immer noch Josh. Er faszinierte mich nur.
    Patrick kam pünktlich, sagte nichts über mein Kleid oder meine Frisur, und als wir losfuhren, begann es zu regnen. Er schien damit zufrieden, sich nicht zu unterhalten. Man hörte nur das rhythmische Geräusch der Scheibenwischer, und ich schaute hinaus auf die Landschaft, die rasch am Fenster vorbeizog. Die Schafe standen still und traurig unter den abgestorbenen, knorrigen Bäumen.
    »Mistwetter«, sagte er schließlich.
    »Ich mag Regen.«
    »Ist aber nicht gut beim Autofahren.« Dann schwieg er wieder.
    Ich rutschte auf meinem Sitz herum und warf einen verstohlenen Blick auf ihn. Er hatte ein ernstes Gesicht, mit strengen Augenbrauen und einer geraden Nase. Dann wandte ich meine Augen zur Windschutzscheibe. Der Regen strömte nur so, und Patrick fuhr langsamer.
    »Tut mir leid, ich wollte eigentlich in einer kleinen Stadt ein Stück weiter eine Kaffeepause machen. Aber bei diesem Wetter dürften wir etwas länger brauchen.«
    In diesem Augenblick begriff ich, dass er nervös und deshalb so still war. Er hielt das Lenkrad fest umklammert, sein ganzer Körper wirkte angespannt.
    »Alles in Ordnung mit Ihnen? Fahren Sie nicht gern bei Regen?«, fragte ich beiläufig.
    Er lächelte nicht. »Kann man so sagen.« Pause. »Unsere Eltern … Wir hatten einen Unfall … Monica war sieben. Ich war siebzehn. Wir saßen mit im Auto. Dad verlor bei Regen die Kontrolle über den Wagen. Er und meine Mum sind beide gestorben.«
    Einen Moment lang konnte ich vor Verlegenheit nichts sagen und stellte mir vor, was Patrick in jenen Augenblicken durchgemacht haben musste. »Es tut mir leid«, stieß ich schließlich hervor. Im Nachhinein fiel mir auf, dass Monica nie von ihren Eltern gesprochen hatte. »Lassen Sie sich Zeit. Meinem Knie geht es gut.« Dann wurde ich neugierig. »Was ist danach passiert? Wer hat sich um Sie und Monica gekümmert?«
    »Wir selbst. Besser gesagt, ich. Ich war im letzten Jahr auf der Highschool, und es hieß, Monica solle zu unserem Onkel nach Melbourne ziehen, aber wir wollten zusammenbleiben. Wir hatten das Haus unserer Eltern geerbt, das war also kein

Weitere Kostenlose Bücher