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Der Wind über den Klippen

Der Wind über den Klippen

Titel: Der Wind über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Musik-theorie. Können wir nicht jetzt gleich reden?«
    »Doch, aber nur inoffiziell.«
    Ich setzte mich in einen Sessel aus kirschrotem Lattengeflecht.
    Am liebsten hätte ich die Beine auf den dazugehörigen Hocker gelegt, unterließ es aber, weil an meinen Schuhen noch Matsch aus Kauklahti klebte. Natürlich wäre es angebracht gewesen, die Schuhe an der Haustür auszuziehen, doch eine Polizistin auf Strümpfen wirkte wie eine Witzfigur.
    »Hast du Harri Immonen gekannt?«
    Meine Frage überraschte Riikka, sie drehte sich so abrupt um, dass ihr die Haare vollends vor die Augen fielen.
    »Harri? Gekannt eigentlich nicht, ich habe ihn nur ein paar Mal gesehen. Er war ein Freund von Mikke. Allerdings denke ich manchmal, dass Tapsa und Harri sich viel zu sagen gehabt hätten. Schade, dass sie sich nie begegnet sind.«
    »Hast du von der Auseinandersetzung zwischen deinem Vater und Tapsa gehört, am Geburtstag deiner Mutter?«
    Sie wandte sich wieder zum Fenster und strich mit einer zornigen Geste die Haare aus der Stirn.
    »Alle drei haben mir davon erzählt, Vater, Jiri und Tapsa, aber jeder hatte seine eigene Version.«
    »Wie unterschieden sich diese Versionen voneinander?«

»Jiri war der Einzige, der mir berichtet hat, was gesprochen wurde.« Ihre Stimme war ausdruckslos, doch ihre Hände drückten so fest auf die Oberschenkel, dass sich der schwarze Rock in Falten legte.
    »Es war idiotisch … Aber ich musste Tapsa trotzdem fragen, ob er tatsächlich etwas derart Widerliches gesagt hat.«
    Sie warf einen Blick auf Koivu, der seinerseits mich ansah und sagte:
    »Ich geh mal kurz in die Garage.«
    Nachdem er gegangen war, setzte Riikka sich zu mir. Ihre Gesichtshaut war so dünn wie die ihrer Mutter, schon in zehn Jahren würde ein Geflecht von Fältchen um Augen und Mund liegen. Die dunklen Augenbrauen waren sorgfältig gezupft.
    »Du schreibst das doch nicht auf?«, fragte sie ängstlich. Ich schüttelte den Kopf, denn ich hatte nicht vor, Notizen zu machen. Wenn Riikkas Aussage für die Ermittlungen relevant war, würden wir allerdings bei der offiziellen Vernehmung darauf zurückkommen müssen.
    »Vater hatte in der Sauna zu Tapsa gesagt, mit dem kleinen Schniepel vögelst du also meine Tochter, na, viel Staat ist damit aber nicht zu machen.« Auf ihren Wangen bildeten sich zwei rote, unregelmäßig geformte Flecken.
    »Tapsa hat ihm entgegnet, am liebsten würde er seine Tochter wohl selber vögeln, wenn das nicht gesetzlich verboten wäre.
    Dann haben sie aufeinander eingedroschen, und Jiri ist dazwi-schengegangen.«
    »Hat sich dein Vater je an dich herangemacht?«
    »Nein!« Sie sah mich konsterniert an. »Vater war nicht pervers, ich weiß nicht, warum Tapsa so etwas gesagt hat.«
    »Hatte dein Vater zu deinen bisherigen Freunden auch so eine negative Einstellung?«
    »Bisher war er damit nie konfrontiert worden. Ich hatte vor Tapsa noch keinen Freund«, sagte Riikka hastig. Ich erinnerte mich an Tapio Holmas Worte von Heirat und Kindern und fragte mich, ob Riikka es ebenso eilig hatte, sich zu binden.
    Zu den weiteren Ereignissen des Samstagabends hatte sie nichts Neues beizutragen. Das einzige Interessante war, dass sich Seija Saarela ihrer Meinung nach selbst zur Geburtstagsfeier eingeladen hatte.
    »In gewisser Weise ist sie zwar Mutters Freundin, oder sie wäre es gern, aber ich halte nichts von ihrem Steinkram. Steine sind schön, trotzdem finde ich es verrückt zu glauben, dass irgendwelche Energien in ihnen stecken. Seija hat Tapsa Manschettenknöpfe aus Quarz geschenkt und ein Amulett, das ihm angeblich helfen soll, seine Stimme zurückzubekommen.
    Als ob ein Stein da etwas ausrichten könnte!«
    »Tapsa ist bestimmt deprimiert wegen seines Stimmverlusts?«
    »Stell dir doch mal vor, du würdest ein Bein verlieren und könntest nicht mehr Polizistin sein!«, fuhr Riikka auf.
    »Hat er sich schon entschieden, ob er sich operieren lässt?«
    »Er ist gerade bei einem Phoniater zur Konsultation. In den USA soll es einen Spezialisten für solche Fälle geben, aber die Behandlung ist furchtbar teuer …«
    Riikka erbte die Hälfte der Aktien ihres Vaters. Ein Verkauf würde ihr mehrere Millionen einbringen. Ob das ein Motiv für einen Mord war? Obwohl ich zeitweise das Gefühl hatte, mindestens zwei der Geburtstagsgäste seien in die Tat verwickelt, schien mir die Vorstellung, Tapsa und Riikka wären in stockdunkler Nacht auf Rödskär herumgeschlichen, um Juha vom Felsen zu stoßen, an den Haaren

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