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Der Wind über den Klippen

Der Wind über den Klippen

Titel: Der Wind über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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abführen. Nur einer, der etwas älter zu sein schien als die anderen, und ein glatzköpfiges Mädchen versuchten sich zu wehren. Einer der Streifenbeamten musste das Mädchen regelrecht zum Einsatzwagen schleifen, da sie sich weigerte, auch nur einen Schritt zu tun.
    Es hatte angefangen zu regnen, was die Löscharbeiten hoffentlich erleichterte. Der Rauch lag wie eine Decke über den Äckern von Kauklahti, einige der Demonstranten husteten, Puupponen hatte immer noch die Gasmaske auf. Meine neuen Schuhe waren schlammverkrustet, doch das war mir egal. Ich bemühte mich, nicht an die beiden Fleischer zu denken, die immer noch im Kühlraum gefangen waren. Über Funk erfuhr ich, dass die Feuerwehrleute bald versuchen wollten, sie herauszuholen, denn das Feuer in der Kühlabteilung war mittlerweile unter Kontrolle.
    Niemand wusste, ob die beiden Männer noch lebten.
    »Nehmt von allen die Personalien auf und bittet die Eltern aufs Präsidium, wenn jemand unter fünfzehn ist. Bringt sie alle in einen Raum, meinetwegen in den Seminarraum im zweiten Stock. Ich komme gleich nach«, sagte ich zu den Streifenbeamten und schickte Puupponen mit ihnen aufs Präsidium, um Kollegen zusammenzutrommeln, die uns bei den Vernehmungen unterstützen konnten. Auf den ersten Blick wirkten einige der Jugendlichen jünger als fünfzehn, doch ich traute meinem Urteil nicht mehr. Je älter ich selbst wurde, desto schwieriger fand ich es, das Alter wesentlich jüngerer Leute zu schätzen.
    Ich ging zur provisorischen Einsatzzentrale, die in einer Werk-statt nördlich der Fleischfabrik eingerichtet worden war. Der Brandstiftungsexperte der Feuerwehr beriet sich gerade mit dem auf Brandschäden spezialisierten Versicherungsdetektiv. Beide waren sich darüber einig, dass das Feuer im Gebäude gelegt worden war.
    »Von einem unserer Mitarbeiter etwa?«, ereiferte sich Betriebsleiter Kaarela. »Das ist ja absurd! Am Ende beschuldigen Sie noch mich!«
    »Haben Sie in den letzten Monaten Aushilfskräfte beschäftigt?«, fragte ich beschwichtigend.
    »Nein. Nur unsere festen Mitarbeiter.« Kaarela runzelte die Stirn. »Das heißt, im September hatten wir eine Woche lang eine Neuntklässlerin als Praktikantin …«
    »Von welcher Schule? Hier aus Kauklahti?«
    »Nein, von der Schule in Espoonlahti. Ein patentes Mädchen, hauptsächlich hat sie im Büro ausgeholfen.«
    Von der Schule also, die auch Jiri Merivaara besuchte. Da konnte es eine Verbindung geben. Ich bat, mir die Personalien der Praktikantin und aller festen Mitarbeiter zukommen zu lassen, und schickte mich zum Aufbruch an.
    »Die Suchmannschaft geht gleich rein«, sagte der Leiter des Rettungsdienstes zu Kaarela.
    »Wie stehen die Chancen?«, fragte der Versicherungsdetektiv.
    »Sechzig zu vierzig. Schwer zu sagen, in welcher Verfassung die Eingeschlossenen sind. Wenn sie die ganze Zeit Rauch eingeatmet haben, dann …« Der Einsatzleiter zuckte viel sagend mit den Schultern. Kaarela schluckte. Ich spürte, wie sich meine Bauchmuskeln verkrampften. Zum Glück hatte ich einen überzeugenden Grund, den Brandort zu verlassen. Den Eingeschlossenen konnte ich nicht helfen, aber ich konnte versuchen herauszufinden, was passiert war.
    Ich machte mich auf den Weg ins Präsidium. Auf der Höhe von Muurala löste sich die Rauchwolke allmählich auf. Als ich die Schnellstraße erreicht hatte, öffnete ich das Fenster und drehte die Lüftung voll auf. Normalerweise hatte ich um diese Tageszeit Hunger, aber jetzt hätte ich höchstens rohes Gemüse heruntergebracht.
    Die Tieraktivisten saßen, von einem halben Dutzend Polizisten bewacht, im Seminarraum. Yliaho berichtete, sie hätten sich still verhalten und seien offenbar verängstigt. Jiri Merivaara hockte im Schneidersitz auf einem Stuhl in der Ecke und fingerte am Saum seines Parkas herum. Der Trommler schlug ab und zu auf sein schlammbedecktes Instrument.
    »Sollten die nicht in der Schule sein?«, wunderte sich Yliaho.
    »Vermutlich. Hast du die Liste mit den Personalien?«
    Zwei der Mädchen waren unter fünfzehn, man versuchte gerade, ihre Eltern zu erreichen. Ich trat vor die Leinwand an der Stirnseite des Raums wie eine Lehrerin vor ihre Klasse und sagte:
    »Guten Tag. Ich bin Kriminalhauptkommissarin Maria Kallio und leite die Ermittlungen über den Brand in der Schlachterei Malinen. Wir haben gewichtigen Grund zu der Annahme, dass es sich um Brandstiftung handelt. Wir werden euch hier vernehmen, weil ihr unter Verdacht steht, an dem Anschlag

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