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Der Windsänger

Titel: Der Windsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Nicholson
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Bezirk. Teil du dir mal eine einzige Toilette mit sechs Familien. Wohn du mal mit einer kranken Frau und zwei Riesenkerlen von Söhnen in einem einzigen Zimmer. O nein, ich mache meine Arbeit gut – und besser – und eines schönen Tages lassen sie uns dann nach Kastanienbraun umziehen. Und so will ich’s haben und nicht anders, herzlichen Dank auch.« 
    Maslo Inch saß an seinem imposanten Schreibtisch in seinem geräumigen Büro und erwartete sie. Als Hanno und Kestrel eintraten, erhob er sich zu seiner vollen Größe und begrüßte sie zu ihrer Überraschung mit einem Lächeln – vornehm herablassend, wie man es von ihm gewohnt war. Dann trat er aus dem Schutz des Schreibtischs hervor, gab ihnen die Hand und lud sie ein mit ihm auf den vornehmen Stühlen Platz zu nehmen, die in einer Runde standen. 
    »Dein Vater und ich haben zusammen gespielt, als wir so alt waren wie du«, erzählte er Kestrel. »Und wir saßen eine Zeit lang in der Schule nebeneinander, erinnerst du dich, Hanno?« 
    »Ja«, antwortete Hanno. »Ich erinnere mich.« Er erinnerte sich daran, dass Maslo viel größer als alle anderen gewesen war und sie immer gezwungen hatte vor ihm niederzuknien. Doch das behielt er lieber für sich. Er wollte nichts als dieses Gespräch so schnell wie möglich hinter sich bringen. Maslo Inchs Kleider waren so weiß, dass man ihn nicht allzu lange anschauen konnte – und dazu kam noch sein Lächeln. 
    »Ich werde dir etwas verraten, das dich vielleicht überraschen wird«, sagte der Oberste Prüfer zu Kestrel. »Dein Vater war in der Schule klüger als ich.« 
    »Das überrascht mich nicht«, entgegnete Kestrel.  
    »Nein?«, fragte Maslo Inch ruhig. »Warum bin ich dann Oberster Prüfer von Aramanth und dein Vater ist Bibliothekar in einer Bezirksbücherei?« 
    »Weil er Prüfungen nicht mag, aber Bücher«, erwiderte Kestrel. 
    Hanno Hath merkte, wie ein Ausdruck leichter Verärgerung über das Gesicht des Obersten Prüfers huschte. »Wir wissen, dass du uns wegen des Vorfalls gestern herbestellt hast«, sagte er leise. »Sag uns, was du zu sagen hast.« 
    »Ach ja. Gestern.« Er wandte sich Hanno zu und lächelte unverändert weiter. »Deine Tochter hat uns da eine schöne Vorstellung gegeben. Wir werden zu gegebener Zeit darauf zurückkommen.« 
    Hanno Hath blickte in das glatte Gesicht des Obersten Prüfers und sah den abgrundtiefen Hass in seinen Augen. Warum nur?, fragte er sich. Dieser mächtige Mann hat nichts von mir zu befürchten. Warum hasst er mich so? 
    Maslo Inch stand auf. »Folgt mir bitte.« 
    Er ging los ohne sich umzuschauen und Hanno und Kestrel folgten ihm Hand in Hand. Der Oberste Prüfer führte sie einen langen, leeren Flur hinunter, dessen Wände lange goldene Namenslisten schmückten. Dies war ein so alltäglicher Anblick in Aramanth, dass weder Vater noch Tochter einen zweiten Blick darauf verwendeten. Jeder, der irgendetwas Bemerkenswertes erreicht hatte, wurde auf irgendeiner Wand verewigt. Und das wurde schon so lange so gemacht, dass praktisch keine öffentliche Wand verschont geblieben war. 
    Der Flur verband das Prüfungsinstitut mit dem Kaiserpalast und endete auf einem Innenhof im Herzen des Palasts, dessen Wege gerade von einem grau gekleideten Wächter gefegt wurden. Maslo Inch hob zu einer offenbar gut einstudierten Rede an. 
    »Kestrel«, begann er, »ich möchte, dass du dir genau anhörst, was ich dir heute sage, dir genau ansiehst, was ich dir heute zeige, und es für den Rest deines Lebens in Erinnerung behältst.« 
    Kestrel schwieg. Sie schaute auf den Besen des Wächters: wisch, wisch, wisch. 
    »Ich habe Erkundigungen über dich eingezogen«, fuhr der Oberste Prüfer fort. »Man hat mir berichtet, dass du dich gestern Morgen in der Klasse ganz nach hinten gesetzt hast.« 
    »Na und?« Sie beobachtete den Wächter. Er hielt den Blick bei der Arbeit gesenkt und sein Gesicht wirkte ausdruckslos. Was er wohl gerade denkt? Bo wüsste es sicher. 
    »Du hast zu deinem Klassenlehrer gesagt: ›Was können Sie mir denn noch antun? ‹« 
    »Na und?« Warum hört er nicht aufzufegen? Es ist doch alles sauber. 
    »Anschließend hast du an einem öffentlichen Ort ein kindisches Spektakel veranstaltet.« 
    »Na und?« 
    »Du weißt sehr gut, dass sich deine Note auf eure Familienbenotung auswirkt.« »Na und?« Wisch, wisch, wisch, macht der Besen. 
    »Das werden wir jetzt sehen.« 
    Er blieb vor einer Tür in einer Steinmauer stehen. Die Tür war

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