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Der Winterschmied

Der Winterschmied

Titel: Der Winterschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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hin und hörten den Priestern zu, wenn sie Interessantes erzählten oder mit puterrotem Gesicht herumbrüllten, und
    sie sangen die Lieder mit, wenn sie eine schöne Melodie hatten. Und dann gingen sie wieder nach Hause.
    »Wir sind nur kleine Leute«, hatte Tiffanys Vater einmal gesagt. »Es ist nicht klug, die Aufmerksamkeit der Götter zu wecken.«
    Tiffany erinnerte sich an die Worte, die er am Grab von Oma Weh gesprochen hatte, vor einer kleinen Ewigkeit, wie es ihr jetzt schien. Damals, auf dem sommerlichen Gras des Tieflands und unter den kreischenden Bussarden am Himmel, hatte es keine anderen Worte gegeben, und Tiffany sprach sie jetzt erneut:
    »Wenn irgendein Boden geweiht ist, so dieser Boden. Wenn irgendein Tag heilig ist, so dieser Tag.«
    Sie sah, wie sich etwas regte, und dann kletterte Billy Breitkinn, der Dudler, auf die frisch aufgeworfene Erde des Grabs. Er bedachte Tiffany mit einem ernsten Blick, hob die Mäusedudel und begann zu spielen.
    Menschen konnten die Mäusedudel nicht sehr gut hören, weil ihre Töne zu hoch waren, aber Tiffany spürte sie im Kopf. Ein guter Dudler war imstande, mit seiner Musik viele Dinge zum Ausdruck zu bringen. Tiffany spürte den  Sonnenuntergang, den Herbst, den Nebel auf den Hügeln und den Duft von Rosen so rot, dass sie fast schwarz wirkten ...
    Als Billy Breitkinn fertig war, ließ er die Dudel sinken, stand einen Moment still da und sah zu Tiffany auf.
    Dann verschwand er wieder.
    Tiffany setzte sich auf einen Baumstumpf und weinte ein bisschen, weil das getan werden musste. Anschließend ging sie zum Stall und melkte die Ziegen, weil auch das jemand tun musste.

Menü
    6. Füße und Sprossen
     
    I n der Hütte hingen die Betten zum Lüften, die Böden waren gefegt und der Korb mit Brennholz gefüllt. Auf dem Küchentisch lag Fräulein Verrats Nachlass: alle Löffel, Pfannen und Teller, im trüben Licht sorgfältig aufgereiht. Tiffany packte einige der Käselaibe ein; immerhin hatte sie sie selbst gemacht.
    Der Webstuhl stand still in seinem Zimmer. Er wirkte wie eine Ansammlung von Tierknochen, doch unter dem großen Stuhl lag in schwarzes Papier eingewickelt das von Fräulein Verrat erwähnte Paket. Es enthielt einen aus brauner Wolle gewebten Mantel, so dunkel, dass er fast schwarz war. Er sah recht warm aus.
    Das war's dann. Zeit zu gehen. Wenn Tiffany sich hinlegte und an einem Mäuseloch lauschte, konnte sie im Keller ein vielstimmiges Schnarchen hören. Die Größten waren der Ansicht, dass man sich nach einem schönen Begräbnis hinlegen und schlafen sollte. Sie zu wecken wäre keine gute 162
    Idee gewesen. Die kleinen blauen Männer würden Tiffany schon finden. Sie fanden sie immer.
    War das alles? Oh, nein, nicht ganz. Sie nahm Das ungekürzte Wörterbuch und Buchfinks Mythologie mit dem »Tazn der Jahrezseiten« aus dem Regal und steckte sie unter die Käselaibe in einen Beutel. Dabei öffneten sich die Bücher, und mehrere Dinge fielen auf den steinernen Boden, unter anderem ein paar vergilbte alte Briefe, die sie wieder in die Bücher legte.
    Darunter war auch der Boffo-Katalog. Den Umschlag zierten ein grinsender Clown und die Worte:
    Boffos Scherzartikel Und Schabernack zum Brüllen komisch!
    Jede Menge Streiche!!!
    WENN ES ZUM LACHEN IST. DANN IST ES EIN BOFFO!
    Mit unserem Scherzartikel-Geschenkpaket bist du der Mittelpunkt der Party!!!
    Sonderangebot des Monats:Rote Nasen zum halben Preis!!!
     
    Ja, man konnte jahrelang versuchen, eine Hexe zu sein. Oder man gab viel Geld bei Herrn Boffo aus und wurde eine, sobald der Postbote kam.
    Tiffany blätterte fasziniert darin herum. Das Angebot bestand aus Schädeln (für $ 8 extra leuchteten sie im Dunkeln), falschen Ohren, seitenweise komischen Nasen (bei Nasen über $ 5 gab es einen gespenstisch baumelnden Popel gratis dazu) und Masken in Hülle und Fülle. Die Beschrei bung von Maske Nr. 19 lautete beispielsweise: Böse Hexe de Luxe, mit zerzaustem, fettigem Haar, verfaulten Zähnen und behaarten Warzen (werden lose mitgeliefert und können an beliebiger Stelle angebracht werden!!!). Fräulein Verrat hatte offenbar keine derartige Maske gekauft, vielleicht deshalb, weil die Nase wie eine Möhre aussah, oder, was Tiffany für wahrscheinlicher hielt, weil die Haut quietschgrün war. Ebenso hatte sie darauf verzichtet, sich »furchterregende Hexenhände« ($8 das Paar, mit grüner Haut und schwarzen Fingernägeln) und »stinkende Hexenfüße« ($ 9) zu besorgen.
    Tiffany legte den Katalog ins

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