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Der Winterschmied

Der Winterschmied

Titel: Der Winterschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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der Winterschmied überquerte die Lichtung mit der Geschwindigkeit eines Schlittschuhläufers. Tiffany konnte einfach weglaufen, aber es hätte bedeutet, dass... nun, dass sie weglief, und warum sollte sie das tun? Sie hatte doch nichts an die Fenster anderer Leute gekritzelt!
    Was sollte sie sagen? Was nur?
    »Ah, ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du meine Halskette gefunden hast«, sagte sie und wich noch etwas weiter zurück. »Und die Schneeflocken und die Rosen waren wirklich sehr... das war sehr lieb. Aber... ich glaube nicht, dass wir... Nun, du bestehst aus Kälte, und ich nicht... Ich bin ein Mensch und bestehe aus... menschlichen Dingen...«
    »Du musst sie sein«, sagte der Winterschmied. »Du hast mitgetanzt! Und jetzt bist du hier, in meinem Winter.« Irgendwas stimmte nicht mit dieser Stimme. Sie klang so, als hätte der Winterschmied gelernt, die Worte zu sprechen, ohne zu verstehen, was sie bedeuteten.
    »Ich bin zwar eine Sie«, erwiderte Tiffany unsicher. »Aber ich weiß nicht, ob ich irgendwer sein muss. Ah... bitte, das mit dem Tanz tut mir wirklich leid, ich wollte das nicht, es ist einfach so...«
    Er hat noch immer die gleichen violett-grauen Augen, stellte sie fest. Violett-grau, in einem aus gefrierendem
    Nebel bestehenden Gesicht. Und es war ein hübsches Gesicht. »Weißt du, ich wollte nicht, dass du denkst...«, begann sie.
    »Du wolltest nicht?«, wiederholte der Winterschmied erstaunt. »Es geht hier nicht ums Wollen, sondern ums Sein\«
    »Was... willst du damit sagen?«
    »Potzblitz!«
    »O nein...«, murmelte Tiffany, als Größte aus dem Gras auftauchten.
    Die Wir-sind-die-Größten wussten nicht, was das Wort »Furcht« bedeutet. Manchmal wünschte Tiffany, sie hätten ein Wörterbuch gelesen. Sie kämpften wie Tiger, sie kämpften wie Dämonen, sie kämpften wie Riesen. Aber sie kämpften nicht so, als hätten sie mehr als einen Teelöffel Gehirn.
    Sie griffen den Winterschmied mit Schwertern, Köpfen und Füßen an, und der Umstand, dass alles durch ihn hindurchging wie durch einen Schatten, störte sie überhaupt nicht. Wenn ein Größter mit dem Stiefel auf ein Bein aus Dunst zielte und sich stattdessen selbst gegen den Kopf trat, so war er damit zufrieden.
    Der Winterschmied ignorierte die Größten, als wären sie nur ein Schwärm Schmetterlinge.
    »Wo ist deine Macht? Warum bist du so angezogen?«, fragte der Winterschmied. »Da stimmt doch etwas nicht!« Er trat vor und packte Tiffanys Arm viel fester, als es mit einer Geisterhand eigentlich möglich sein sollte.
    »Das ist so nicht richtig!«, rief er. Am Himmel über der Lichtung zogen die Wolken schnell dahin.
    Tiffany versuchte, sich aus seinem Griff zu lösen. »Lass mich los!«
    »Du bist sie!«, rief der Winterschmied und zog sie an sich.
    Tiffany wusste zwar nicht, woher der Schrei kam, aber die Ohrfeige versetzte ihm ihre Hand ganz automatisch. Sie  traf die Gestalt so fest an der Wange, dass das Gesicht für einen Moment verschwamm - es sah aus, als hätte sie ein Bild verschmiert.
    »Komm mir nicht zu nahe!«, schrie sie. »Rühr mich nicht an!«
    Etwas flackerte hinter dem Winterschmied. Wegen des eisigen Nebels und vor lauter Zorn und Entsetzen konnte Tiffany es nicht klar erkennen, aber etwas Dunkles, Verschwommenes huschte über die Lichtung, so verzerrt wie eine durch Eis betrachtete Gestalt. Für einen finsteren Moment ragte es hinter dem durchsichtigen Winterschmied auf, und dann wurde es zu Oma Wetterwachs, und zwar genau dort, wo der Winterschmied stand... in ihm.
    Er stieß einen Schrei aus und zerstob dann zu Dunst.
    Oma Wetterwachs stolperte blinzelnd vorwärts.
    »Urrrgh, es wird eine Weile dauern, diesen Geschmack aus dem Kopf zu bekommen«, sagte sie. »Mach den Mund zu, Mädchen. Es könnte etwas hineinfliegen.«
    Tiffany machte den Mund zu. Es hätte etwas hineinfliegen können.
    »Was... was hast du mit ihm gemacht?«, brachte sie hervor.
    »Damit«, schnappte Oma Wetterwachs und rieb sich die Stirn. »Es heißt: >Was hast du damit gemacht ?< Es ist ein Es, kein Er! Ein Es, das glaubt, ein Er zu sein! Und jetzt gib mir deine Halskette!«
    »Was? Aber sie gehört mir!«
    »Glaubst du, ich will mit dir diskutieren?«, herrschte Oma Wetterwachs sie an. »Sehe ich vielleicht so aus? Gib mir die Kette! Wehe, du gehorchst nicht!«
    »Aber ich...«
    Oma Wetterwachs senkte die Stimme und sagte mit einem  durchdringenden Zischen, das viel schlimmer war als ein Schreien: »Durch sie findet es

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