Der Wissenschaftswahn
Gedächtnis nicht im Kopf mit uns herum.
Gedächtnis-Resonanz ist Bestandteil einer weitaus umfassenderen Hypothese. Die Hypothese der morphischen Resonanz besagt, dass es in allen selbstorganisierenden Systemen und über Raum und Zeit hinweg eine Resonanz von Schwingungsmustern gibt. [363] Morphische Resonanz ist die Grundlage für Gewohnheiten der Kristallisation und der Proteinfaltung (siehe Kapitel 3 ). Sie ist auch die Grundlage für die Vererbung morphogenetischer Felder und instinktiver Verhaltensmuster (siehe Kapitel 3 ). Sie spielt eine wesentliche Rolle beim Transfer von Gelerntem, wie wir weiter unten noch näher betrachten werden. Morphische Resonanz bietet einen neuen Erklärungsansatz für das Gedächtnis. Es gibt mindestens fünf Arten von Gedächtnis: Habituation oder Gewohnheitsbildung, Sensibilisierung, Verhaltensgedächtnis, Wiedererkennen und bewusstes Erinnerungsvermögen.
Gewohnheitsbildung und Sensibilisierung
Wenn Sie einen neuen Laut hören oder einen neuen Geruch kennenlernen, wird er Ihnen zunächst auffallen, aber wenn es nichts weiter damit auf sich hat, werden Sie ihn bald nicht mehr bemerken. Die Berührungsempfindung der Kleidung am Körper, den Gegendruck der Sitzunterlage, das Ticken einer Uhr oder die vielen anderen Hintergrundgeräusche ringsum bemerken Sie die meiste Zeit nicht.
Gewohnheit ist eine grundlegende Form von Gedächtnis, Grundlage all unserer Reaktionen auf Einflüsse aus der Umwelt. Grundsätzlich bemerken wie Gleichbleibendes eher nicht, Veränderungen und Kontraste dafür umso deutlicher. Alle unsere Sinne funktionieren nach diesem Prinzip. Wenn Sie etwa den Blick über eine Landschaft schweifen lassen, fallen Ihnen Bewegungen sofort ins Auge. Auch eine Veränderung bei den Hintergrundgeräuschen fällt Ihnen sofort auf. Diese Art der Wahrnehmung prägt unsere gesamte Kultur, weshalb sich Klatsch und Tratsch und die Zeitung eher nicht mit gleichbleibenden Dingen befassen, sondern lieber mit dem, was heute anders ist, als es gestern war.
Tiere gewöhnen sich ebenfalls an ihre Umgebung. Sie reagieren auf Neues und Unvertrautes häufig mit Furcht und Vermeidungsverhalten. Diese Art von Reaktion finden wir sogar bei einzelligen Organismen wie dem wegen seiner Form so genannten Trompetentierchen
Stentor
, das in Sumpftümpeln lebt und mit feinen fächelnden Wimperhaaren ausgestattet ist. Die Bewegungen der Härchen erzeugen in der Umgebung des Einzellers Strömungen, die Schwebeteilchen, welche dem Trompetentierchen als Nahrung dienen können, in die Trichteröffnung strudeln (Abbildung 12 A). Diese Einzeller haften an der Basis mit einem »Fuß« am Untergrund, und der untere Teil ist von einer schleimartigen Röhre umgeben. Wenn der Gegenstand, an dem das Trompetentierchen haftet, leicht erschüttert wird, zieht es sich blitzschnell in seine Röhre zurück. Wenn nichts geschieht, dehnt es sich etwa eine halbe Minute später wieder aus, und die Wimperhärchen nehmen erneut ihre Tätigkeit auf. Wird der gleiche Reiz wiederholt, so reagiert das Trompetentierchen nicht mehr, sondern bleibt bei seiner gewohnten Tätigkeit.
Dass dies nichts mit Ermüdung zu tun hat, zeigt sich, wenn man das Tierchen einem neuartigen Reiz aussetzt, indem man es zum Beispiel berührt. [364]
Abbildung 12A: Der einzellige Organismus
Stentor raesilii
. Angedeutet sind die Strömungen, die er mit seinen Wimperhaaren erzeugt. 12B: Auf nicht vertraute Reize hin zieht sich der Trichter rasch zusammen (nach Jennings).
Die Zellwand von
Stentor
weist eine elektrische Ladung auf, wie wir es von Nervenzellen kennen. Auf einen Reiz hin breitet sich ein Aktionspotenzial wie ein Nervenimpuls über die Zelloberfläche aus und veranlasst die Kontraktion. [365] Bei Gewöhnung an einen mechanischen Reiz geht die Empfindlichkeit der Sensoren an der Zelloberfläche zurück, und es wird kein Aktionspotenzial mehr aufgebaut. [366] Das Gedächtnis des Trompetentierchens kann man nicht anhand von Veränderungen an den Nervenenden oder Synapsen erklären – es besitzt keine.
Gewohnheitsbildung setzt ein Gedächtnis voraus, das dem Organismus erlaubt, wiederkehrende harmlose Reize als solche zu erkennen. Hier bietet morphische Resonanz die denkbar einfachste Erklärung: Der Organismus steht in Resonanz mit seinen eigenen früheren Verhaltensmustern, in diesem Fall dem Muster, dass er sich auf einen Reiz hin einzieht, um bald darauf wieder seine normale Gestalt anzunehmen. Bei einer Wiederholung der Reizes
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