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Der Wissenschaftswahn

Der Wissenschaftswahn

Titel: Der Wissenschaftswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Sheldrake
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Art. Da sie ihren Bruder durch die Krankheit verloren hatte und selbst von ihr entstellt worden war, wurde sie sehr hellhörig, als türkische Frauen ihr einmal von dieser Methode berichteten. Nach ihrer Heimkehr nach England setzte sie sich sehr engagiert für sie ein. Mehrere Mitglieder der königlichen Familie wurden so geimpft, und die Praxis verbreitete sich von da an rasch, obwohl ungefähr drei von hundert Geimpften starben.
    Gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts wandelte der englische Arzt Edward Jenner das Verfahren der Immunisierung ab, nachdem beobachtet worden war, dass Milchmägde nicht mehr an Pocken erkrankten, wenn sie einmal die Kuhpocken gehabt hatten, eine wesentlich leichter verlaufende Krankheit. Jenner entwickelte eine Technik der Schutzimpfung, die er »Vakzination« nannte (englisch
vaccination
von lateinisch
vacca
, »Kuh«). Er entnahm Flüssigkeit aus den Pockenbläschen von mit Kuhpocken infizierten Personen und infizierte damit Kinder gezielt über kleine Hautverletzungen. 1853 wurde in England und Wales per Gesetz eine generelle Pockenschutzimpfung durchgeführt, und im zwanzigsten Jahrhundert entwickelte man weitere Schutzimpfungen, die sehr umfassend angewendet wurden, lange bevor die Mechanismen des Immunsystems auf der zellulären und molekularen Ebene erforscht waren.
    Die Weltgesundheitsorganisation erklärte die Pocken 1979 für ausgerottet.

Hygiene und das öffentliche Gesundheitswesen
    Am Beginn des neunzehnten Jahrhunderts kamen etliche Epidemiologen und Klinikärzte auf den Gedanken, dass Krankheiten wie das Kindbettfieber und Cholera offenbar durch mikroskopisch kleine Keime übertragen wurden und man dem durch bessere Hygiene und Desinfektion begegnen konnte. Aus Louis Pasteurs Entdeckung bestimmter Krankheitskeime in den sechziger Jahren des gleichen Jahrhunderts und der anschließenden Formulierung der Keimtheorie vieler Krankheiten folgte die Entwicklung von Vorbeugemaßnahmen und die Neuregelung des öffentlichen Gesundheitswesens, und beides zusammen bewirkte einen drastischen Rückgang der Todesfälle bei Epidemien.
    Die Verbesserung der Volksgesundheit durch Verhinderung von Infektionskrankheiten war ein gemeinsamer Triumph der wissenschaftlichen Forschung, der Wasserversorgungs- und Abwassertechnik, der politischen Weichenstellungen und der Gesundheitserziehung. Weder die Entdeckung der Infektionserreger noch die Immunisierung durch Impfungen hatten bestimmte Dogmen als Hintergrund und Voraussetzung. Keiner der Fortschritte war das besondere Verdienst der mechanistischen Theorie des Lebens oder des materialistischen Weltbildes.
    Ein Großteil des Erfolgs der Medizin im zwanzigsten Jahrhundert beruht auf Schutzimpfungen und verbesserter Hygiene. Diese Möglichkeiten der Vorbeugung breiteten sich über die ganze Welt aus, was weltweit einen Rückgang der Säuglings- und Kindersterblichkeit bewirkte und die Zahl der Epidemien verringerte. Eine der Folgen dieser Entwicklung ist der sprunghafte Anstieg der Weltbevölkerung von einer Milliarde im Jahr 1800 auf drei Milliarden 1960 und sieben Milliarden heute.

Infektionskrankheiten und ihre Heilung
    Eine der glanzvollen Entdeckungen des zwanzigsten Jahrhunderts war das Penicillin, dem der Mikrobiologe Alexander Fleming 1928 durch einen Zufall auf die Spur kam. Er hatte Bakterienkulturen in Petrischalen angelegt und musste feststellen, dass eine der Kulturen vom Schimmelpilz
Penicillium notatum
befallen war. Ihm fiel auf, dass im Umkreis der Schimmelnester offenbar die Bakterien abstarben. Er extrahierte aus dem Schimmel eine Flüssigkeit, die er Penicillin nannte, und wie sich herausstellte, hemmte das Penicillin das Wachstum vieler anderer Bakterien. Da er jedoch annahm, es sei zu giftig für eine medizinische Anwendung, verfolgte er die Spur nicht weiter.
    Zehn Jahre später wurde sein Ansatz von Howard Florey und Ernst Chain in Oxford wiederentdeckt, doch erst 1941 zeigte sich, was in ihm steckte. Penicillin war ein Wundermittel, mit dem künftig spektakuläre Erfolge erzielt wurden. Es heilte nicht nur akute Infektionen mit ansonsten häufig tödlichem Ausgang wie Blutvergiftung, Lungenentzündung und Meningitis, sondern auch chronische Entzündungen der Nebenhöhlen, Gelenke und Knochen. Zusammen mit den weiteren Antibiotika, die ihm folgten, vermittelte es der Öffentlichkeit und den Ärzten ein ganz neues Bild von den Möglichkeiten der Medizin. [485] Aber die Wissenschaftler haben die Antibiotika

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