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Der Wolf

Der Wolf

Titel: Der Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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hatte etwas.
All die harte Arbeit und die Büffelei zahlt sich endlich aus.
     
    Drei Paar Herrensportschuhe in drei verschiedenen Größen. Gleiche Marke, gleiches Modell. Jedes in einem anderen Sportgeschäft gekauft und bar bezahlt.
    Ihre Einkaufsliste war lang, und die Vorsichtsmaßnahme, sich scheinbar spontan für einen Artikel zu entscheiden, machte es noch komplizierter. Normalerweise hätte sie sich bei diesen Erledigungen und den umständlichen Methoden, die sie entwickelt hatte, um keine Spuren zu hinterlassen, an den Kopf gefasst, doch jetzt war unberechenbares, widersinniges Verhalten eine Stärke. Sie sah den Ermittler vor sich, der sich am Kinn kratzte, wenn er hörte, dass ein Mörder denselben Artikel in drei verschiedenen Geschäften gekauft hatte statt alle drei in einem. Dies ging auf einen Vorschlag von Jordan zurück.
    »Tut nichts, was auf den ersten Blick logisch ist.«
    Der verrückte Hutmacher aus
Alice im Wunderland,
das Kommando der Herzkönigin: »Ihre Köpfe ab! Der Ausspruch der Geschworenen nachher.« Sarah sah sich in der alltäglichsten Einrichtung Amerikas – dem Einkaufszentrum – um und hatte das Gefühl, in eine Welt geraten zu sein, in der alles auf dem Kopf stand.
Ich bin eine Tote, die Dinge kauft, um damit zu töten.
    Die Situation war so absurd, dass sie plötzlich einen Lachanfall bekam, womit sie sich einige irritierte Blicke einfing, bevor sie sich erneut ihren Pflichten zuwandte.
    Sarah arbeitete systematisch die Liste ab, die ihr zugefallen war. Sie kaufte die erste schwarze Sturmmütze in einem Sportgeschäft, das auf Kletterausrüstung und Kajaks spezialisiert war. Im selben Geschäft besorgte sie drei identische Sets schwarze, knöchellange Synthetikunterwäsche sowie drei kleine, starke Taschenlampen. Bei der Konkurrenz erstand sie zwei weitere Sturmmützen. Auch die Fischkeule besorgte sie – einen fünfundvierzig Zentimeter langen Holzknüppel mit einer Lederschlaufe fürs Handgelenk, mit dem Sportangler besonders große, wehrhafte Fische bezwangen. Weiter ging es in einen Laden für Trikots und Ballettkleidung, in dem sie drei Paar Tanzschläppchen erwarb. In einem Haushaltswarengeschäft fand sie eine Rolle graues Isolierband, ein Schraubenzieherset und einen schweren Gummihammer.
    Anschließend kehrte sie wie aus einer plötzlichen Eingebung heraus zu dem ersten Sportartikelgeschäft zurück und kaufte drei schwarze Kapuzensweatshirts. In einem nahe gelegenen Spezialgeschäft für Koffer und Taschen entschied sie sich für die drei billigsten, kleinen Matchbeutel aus Segeltuch, die sie vorrätig hatten: einen in Blau, einen in Gelb und einen in Grün.
    Als Sarah in das Gewimmel der Käufer trat, deren übergroße Einkaufstüten – von billigen Kleidern made in China bis zu elektronischen Geräten made in Hongkong – vollgestopft waren mit allem, was das Herz begehrt, vollführte sie eine kleine Pirouette. Falls jemand sie deswegen anstarrte, konnte sie damit leben. Sie fühlte sich frei. Im Unterschied zu den anderen beiden Roten konnte sie jederzeit flüchten.
    Es war zum Brüllen. Für eine neue Identität und eine neue Zukunft war sie nur eine kleine Gegenleistung schuldig: Mord.
    Die Gleichung hatte etwas: Tod spendet Leben.
    Irgendwie leuchtete ihr die Logik sogar ein. Auch wenn es vielleicht nicht der klügste erste Schritt zu einem Neuanfang war, richtete sie sich, je mehr ihr Leben als Sarah verblasste, in einer Welt ohne Vergangenheit ein. In dieser Welt verband sie nichts als zwei rothaarige Frauen, die ihr noch vor kurzem fremd gewesen, inzwischen aber vertrauter waren als ihre engsten Freunde von einst – und ein Mann, der sich für den Wolf im Märchen hielt.
    Sie griff in eine ihrer Einkaufstüten und legte die Hand um die Keule. Sie hatte ein ordentliches Gewicht und eine glatte Oberfläche. Sie fühlte sich tödlich an. Sarah grinste. Sie selbst fühlte sich auch todbringend.
     
    Falls er mich sieht, sind wir dran.
    Das war der einzige klare Gedanke, den Karen in ihrer Angst fassen konnte.
    Sie saß einmal wieder in einem Leihwagen. Trotz des grau verhangenen Nachmittags trug sie eine Sonnenbrille. Ihr auffälliges rotes Haar hatte sie unter einer Skimütze versteckt. In der rechten Hand hielt sie die Videokamera, die linke war am Lenkrad. Auf der Beifahrerseite hatte sie die Scheibe heruntergelassen, und während sie langsam durch die Straßen in unmittelbarer Nachbarschaft des Hauses fuhr, in dem der Böse Wolf wohnte oder auch

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