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Der Wolf

Der Wolf

Titel: Der Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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etwas anderem betraut war. Die Idee kam von Karen, und sie hatte darauf bestanden, obwohl sie den anderen beiden Frauen nicht einmal hätte erklären können, wieso. Für sie war diese Art von Teamarbeit einfach naheliegend und irgendwie demokratisch. Keine der drei Roten ahnte, dass der Böse Wolf diesen Aspekt ihres hastig zusammengeschusterten Plans nicht nur höchst amüsant, sondern auch überaus clever gefunden hätte. Er hätte bewundert, welche Verwirrung drei Menschen, die unabhängig voneinander einen gemeinsamen Mord vorbereiteten, zwangsläufig bei den späteren Ermittlern stiften würden.
    Der Böse Wolf hatte unterdessen seinen eigenen Plan perfektioniert und vereinfacht. Er fühlte sich an das Brettspiel erinnert, das in jedem Spielzimmer und in jedem Ferienhaus auf irgendeinem Regal Staub ansetzte: Cluedo. Nur dass es hier nicht um Dennis Gatow mit dem Leuchter im Speisezimmer gehen würde. In seinem Fall würde der Wolf mit dem Jagdmesser kommen, wenn sie am wenigsten damit rechneten. Tatsächlich hatte der Wolf eine Phase des Geschehens erreicht, die an Zen erinnerte. Die Deutung war wichtiger als die Taten selbst. Als er, vor Erregung zappelnd, an seinem Computerbildschirm hockte, kam ihm der Gedanke:
Im Grunde sind sie schon tot. Viel wichtiger sind die Worte, die das Geschehen begleiten. Es geht darum, den Leser auf diese Reise mitzunehmen. Wenn wir zu den eigentlichen Morden kommen, muss er selbst in Versuchung sein; statt sich abgestoßen zu fühlen, soll er Lust empfinden. Es muss so ähnlich sein wie bei einem Unfall auf der Autobahn, an dem man zufällig vorbeikommt: Man kann einfach nicht wegsehen, obwohl man weiß, dass diese morbide Neugier kein besonders ehrenwerter Zug ist.
    Die drei Roten und der Böse Wolf hatten denselben Entschluss gefasst: so schnell wie möglich zu töten.
    Für alle hing die Zukunft davon ab.
     
    Jordan verließ am späten Nachmittag die Bibliothek mit einem Exemplar von Truman Capotes
Kaltblütig
im Rucksack. Ihr Interesse galt nur den ersten Kapiteln, die sie zwei Mal gelesen hatte, um dann in der Buchmitte herauszufinden, was Perry Smith und Richard Hickock zu Fall brachte. Außerdem hatte sie sich in der bescheidenen Filmsammlung der Schule umgesehen und die Originalversion von Sam Peckinpahs
Wer Gewalt sät
sowie die erste Staffel von Wes Cravens
Scream – Schrei!
in einem Fach entdeckt. Die Ausleihe musste auf einem Formular notiert und unterschrieben werden, doch als sie schon zu ihrem Namen ansetzte, wurde ihr bewusst, dass sie diese Vorschrift besser ignorierte.
    Kaum war sie in ihrem Zimmer, legte sie den ersten Film ins CD -Laufwerk ihres Computers ein und zückte einen Block, um sich Notizen zu machen. Zuvor hatte sie Stunden über Beiträgen im Internet gebrütet, in denen die unterschiedlichsten Verbrechen beschrieben wurden, die eine Gemeinsamkeit besaßen: Es ging um willkürlichen Mord.
    Jordan schärfte sich ein, am Ende alles zu vernichten, was sie aufgeschrieben hatte.
    Als im Film das idyllische ländliche England auf ihrem Bildschirm erschien, wusste sie, dass sie später auch ihren Laptop demolieren musste. Sie hielt den Film an und schrieb in Eile eine E-Mail an ihre getrennt lebenden Eltern:
     
    Mom und Dad, mein verdammter Computer bleibt irgendwie ständig hängen, und gerade eben habe ich eine wichtige Hausarbeit, an der ich die ganze Zeit arbeite, verloren, und ich muss noch mal von vorne anfangen, so dass ich vielleicht den Termin nicht schaffe und eine schlechtere Note bekomme. Ich schicke Euch diese E-Mail vom Laptop einer Freundin. Ich brauche so schnell wie möglich einen neuen Laptop, so kurz vor dem Examen. Ich kann mir heute einen im Einkaufszentrum besorgen, mit einer Kreditkarte von Euch, okay?
     
    Sie wusste, dass ihr weder ihre Mutter noch ihr Vater die Bitte abschlagen würde. Vielmehr würden sie sich freuen, überhaupt von ihr zu hören, und sei es auch nur die Nachricht, dass sie zweitausend Dollar springen lassen mussten. Die Idee mit der Hausarbeit fand sie clever, da sie ihr nie etwas verweigern würden, das über das Bestehen eines Kurses entschied. Im Übrigen gab ihnen Jordans Anliegen vielleicht Zündstoff für einen neuen Streit, und so sollten sie ihr dankbar sein.
    Der Laptop, den sie vor sich hatte, hatte Spuren auf seiner Festplatte, die den Fingerabdrücken an einem Tatort in nichts nachstanden.
    Jordan grinste und wandte sich wieder dem Film zu.
    Der Gedanke, dass sie gerade zur Straftäterin wurde,

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