Der Wolf aus den Highlands
geschafft hast, hat sie nie mehr mit einem anderen Mann geredet. Das wissen alle.«
»Dann wirst du Fiona heiraten, Kleiner Ian«, knurrte Ian.
»Aber vielleicht bekommt sie ja ein Mädchen!«, protestierte der Sohn.
»Dann wirst du sie eben wieder schwängern und immer wieder, bis sie es richtig macht. Sie sieht aus wie eine gute Zuchtstute. Halbert wird mit Margaret verlobt. Wenn das Mädchen groß genug ist, und du dann noch immer keinen Sohn hast oder Fiona sich zu deinen anderen Ehefrauen gesellt hat, können wir die Sache ja noch mal überdenken.«
»Reden wir also über die Möglichkeit einer Verlobung und einer Verbindung unserer Häuser«, sagte Donnell.
Annora musste sich zwingen, nicht in die Große Halle zu stürmen und lauthals zu protestieren. Ein anderer Teil von ihr wollte Meggie immer noch am liebsten packen und mit ihr Reißaus nehmen.
Sie musste so hart gegen diese Impulse ankämpfen, dass sie zu zittern begann. Plötzlich wurde ihr klar, wie lange sie schon hier gestanden hatte, und sie fand die Kraft, sich zu bewegen und in ihre Schlafkammer zu fliehen. Sie wusste, dass Meggie auf sie wartete und sich bestimmt schon fragte, wo sie blieb. Aber sie brauchte ein bisschen Zeit, um sich zu beruhigen und diesen Gedanken wegzuschieben, dass dieses süße, unschuldige, fröhliche Kind einem dieser harten, grausamen Männer ausgeliefert werden sollte.
In ihrem Zimmer warf sie sich aufs Bett und atmete tief durch, bis sich ihr Herzschlag verlangsamte und sie endlich wieder klar denken konnte. Ihr erster Gedanke war, dass Meggie keine unmittelbare Gefahr drohte. Sie war erst fünf. Bis sie ins heiratsfähige Alter kam, würden mindestens weitere acht Jahre verstreichen, und in der Zeit konnte noch viel passieren. Das sagte sie sich so oft vor, bis sie spürte, dass ihre Ängste allmählich schwanden.
Sie setzte sich auf und starrte auf die Zimmertür. Sie musste jetzt unbedingt ein paar Pläne schmieden. Da sie nicht sicher sein konnte, dass sie die ganze Zeit bei Meggie bleiben durfte, brauchte sie mehrere Pläne, um alle Möglichkeiten abzudecken. Zu wissen, was Donnell mit Meggie im Sinn hatte, verlieh Annora umso mehr Antrieb, die Wahrheit über ihren Cousin und seinen Besitzanspruch auf Dunncraig herauszufinden. Wenn Donnell nicht mehr der Laird war, ja vielleicht sogar als Lügner und Dieb überführt war oder sich herausstellte, dass er noch schlimmere Verbrechen begangen hatte, wäre Meggie von allen Versprechen befreit, die Donnell gemacht hatte.
Donnells Vernichtung würde zwar auch bedeuten, dass Meggie ihres Lebens auf Dunncraig beraubt würde, doch das ließ Annora nur ganz kurz zögern. Selbst ein Leben, wie es Annora geführt hatte, oder eines, in dem das Essen karg und die Unterkunft ärmlich waren, waren um vieles besser als das einer Gemahlin von Halbert Chisholm oder einem seiner Brüder.
Entschlossen, alles zu tun, um Meggie vor den Chisholms zu beschützen, begab sich Annora schließlich auf die Suche nach ihrer Schutzbefohlenen. Wenn Meggies Sicherheit und Glück bedroht waren, würde Donnell bald herausfinden, dass seine Cousine, das ungewollte, uneheliche Kind, nicht das lammfromme, fügsame Geschöpf war, für das er sie immer gehalten hatte.
Das fröhliche Lachen eines kleinen Mädchens zog James zur Tür seiner Werkstatt. Er musste nach draußen gehen, um einen direkten Blick auf sein Kind zu erhaschen. Wie immer war Meggie mit Annora zusammen, doch heute schien Annora das Kind anders zu behandeln als sonst. James brauchte eine Weile, bis ihm klar war, worin der Unterschied bestand: Annora schien viel wachsamer und beschützender gegenüber der Kleinen. James hätte zu gerne gewusst, was sie dazu veranlasst hatte, und trat sogar einen Schritt auf die beiden zu, doch dann spürte er, wie jemand ihn am Hemdzipfel zog und zurückhielt. Er sah sich um und entdeckte Big Marta, die langsam den Kopf schüttelte.
»Nay, Junge, das solltet Ihr nicht tun«, sagte sie.
»Ach so? Ich kann also nicht einfach zu ihnen gehen und sie begrüßen, vielleicht auch noch eine Bemerkung über das schöne Wetter machen?«
James hatte seine Tarnung gegenüber der scharfäugigen Big Marta aufgegeben, aber er sprach so leise mit ihr, dass sonst keiner hören konnte, dass er kein Franzose war.
»Habt Ihr denn die zwei Kerle nicht gesehen, die auf die beiden aufpassen?«
»MacKay lässt Annora und Meggie sogar innerhalb von Dunncraigs Mauern bewachen?«
»Wenn diese miesen Chisholms hier
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