Der Wolf aus den Highlands
Annora und Meggie zu retten.
Bis die Gefahr für Annora zu groß wurde, versprach er sich insgeheim. Er würde nicht zulassen, dass Egan sie bekam, weder vor noch nach der geplanten Hochzeit. Meggie war bis zu ihrer ersten Blutung sicher, und das würde noch Jahre dauern, doch Annora blieb nur ein Monat, bevor sie vor einen Priester geschleift und an einen Mann gebunden werden sollte, der längst am Galgen baumeln müsste. Eine Weile würde er den Dingen ihren Lauf lassen, doch sobald Annora echte Gefahr drohte, würde er sie fortbringen, selbst wenn er sie fesseln und in einem Sack aus der Burg würde tragen müssen. Und Meggie würde bestimmt seine Verbündete werden, wenn sie erfuhr, was Annora drohte, wenn sie bliebe.
Als er in Annoras wunderschöne Augen blickte, sah er dort Angst, aber auch Entschlossenheit. Sie würde bestimmt versuchen, ihm sein Vorhaben auszureden. Deshalb beschloss er, ihr nichts davon zu sagen. Dass sie sich um die Sicherheit der anderen größere Sorgen machte als um ihre eigene rührte ihn zwar, aber er würde es nicht zulassen, dass sie ein zu großes Opfer brachte. Wenn er mit ihr und Meggie nach Frankreich floh, würde das zwar das vorläufige Ende seiner Pläne zur Wiedergewinnung von Dunncraig bedeuten – aber aufgeschoben war nicht aufgehoben. Sobald er die Menschen, die ihm am meisten bedeuteten, in Sicherheit wusste, würde er zurückkehren und es erneut versuchen. Schließlich hatte sein Plan bislang ganz gut funktioniert; bestimmt würde ihm etwas Neues einfallen, was dann ebenso gut klappen würde.
Aber nun würde er sie wohl erst einmal von der ganzen Sache ablenken, von Egan und von Donnells Plänen für sie und für Meggie. Sie war nackt, er war nackt, sie lagen auf einem Bett hinter einer verriegelten Tür, die Pläne für ihre und Meggies Sicherheit konnten warten, jetzt wollte James seine Frau haben.
Annora sah seine Augen glitzern und erbebte. »Haben wir alles besprochen?«, fragte sie und streichelte ihm zärtlich über den Rücken.
»Aye, genug gesprochen, jetzt werde ich uns beide erst einmal von unseren Sorgen ablenken.«
»Ich glaube, das ist eine gute Idee.«
»Ach ja, glaubst du das?«
»Oh ja. Lass dir zeigen, wie gut ich sie finde«, sagte sie mit einer Stimme, die selbst sie stark an das Schnurren einer Katze erinnerte.
Und das tat sie auch, sehr zu James‚ Freude. Als er danach lang ausgestreckt neben ihr lag und sein Körper noch von der Lust vibrierte, die sie ihm gespendet hatte, wusste er, dass er Dunncraig ohne mit der Wimper zu zucken verlassen würde, wenn er diese Frau an seiner Seite wüsste. Die Vorstellung fiel ihm leichter, wenn er daran dachte, dass er ja später zurückkehren, sich reinwaschen und Dunncraig von Donnell MacKay befreien konnte. Aber wenn es nicht anders ging, würde er mit Annora und seiner Tochter fliehen und keinen Blick zurückwerfen. Allerdings schickte er insgeheim ein Stoßgebet zum Himmel, dass er nicht dazu gezwungen sein würde, denn Annora verdiente es, die Herrin von Dunncraig zu sein, und Dunncraig verdiente sie.
11
Während James auf der gefurchten Straße Richtung Dorf eilte, fragte er sich erneut, warum Edmund ihn hatte rufen lassen. Hatte seine Familie eine Botschaft geschickt? Hatten Edmund oder Ida etwas entdeckt, was diesem Spiel ein Ende machen und ihn endlich wieder als freien Mann auf den Stuhl des Lairds von Dunncraig zurückbringen würde? Doch am wahrscheinlichsten war wohl Ersteres – dass seine Familie sich gerührt hatte, denn er hatte sie über seine Pläne in Kenntnis gesetzt. Er hatte zwar weiter darauf beharrt, dass sie sich fernhielten, aber das hieß noch lange nicht, dass sie seine Anweisung befolgten.
Aus den Augenwinkeln nahm er eine Gestalt war, die sich in einem Hain herumdrückte. Einen Moment lang dachte er, man würde ihn verfolgen.
Seit er erfahren hatte, dass MacKay Annora in einem Monat an Egan ausliefern wollte, hatte er das Gefühl, dass Egan ihn ständig beobachtete. Sein Verstand sagte ihm, wenn das so war, dann wohl deshalb, weil er den Mann vor Annora zu Boden geschlagen hatte. Doch oft genug ließ ihn sein Verstand im Stich, wenn er daran dachte, dass Annora in einer Ehe mit Egan gefangen sein sollte. Und dabei wusste er erst seit zwei Tagen über diesen schändlichen Plan Bescheid. Er wollte gar nicht darüber nachdenken, wie er sich fühlen würde, wenn der Tag der geplanten Hochzeit vor der Tür stand.
Als er stehen blieb und zu dem Hain blickte, stellte er
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