Der Wolf
oder
längere Zeit beim Projekt mithalfen. Dave hatte alles Notwendige aus den USA mitgebracht : die Fallen, das ganze
Instrumentarium für die Narkotisierung der Wölfe und für
Probeentnahmen bei ihnen sowie Sender, Antennen und
Empfänger. Luigi hatte die Genehmigung für das Aufstellen von Fangeisen in der Provinz L’Áquila erreicht und auch
eine Genehmigung der Post für den Betrieb der Funkanlagen erhalten – im bürokratischen Italien gewiß keine leichte
Aufgabe. Er hatte es sogar fertiggebracht, Daves gesamtes
Material nicht nur zollfrei auf dem Flugplatz entgegennehmen, sondern auch gleich mitnehmen zu dürfen. Es waren
aber bange Stunden, in denen Dave und ich voller Erstaunen sein Verhandlungsgeschick bewundern lernten ; wie er
sich durch ein völlig chaotisch anmutendes Gestrüpp von
Gesetzen, Verordnungen, Verfahrenswegen und endlosen
Papier- und Stempelaktionen bei ganz und gar gleichgültig wirkenden Beamten trickreich hindurchfand, war einfach großartig.
Luigi hatte im Herbst zwei für das Fangen geeignete Futterplätze ausgesucht, an denen den ganzen Winter über
Wildhüter Futter ausgelegt hatten. In dem noch spärlich
vorhandenen Schnee fanden wir viele Spuren, die zeigten,
daß Wölfe, Hunde und viele Füchse die Stellen besuchten. Dave legte gleich die ersten Fallen aus. Es waren ganz
gewöhnliche Tellereisen, wie die nordamerikanischen Fallensteller sie benutzen, furchtbare Dinger, bei denen jeder
Tierschützer lauthals protestiert hätte. Vor allem die spitzen
Zacken an den Bügeln sahen schlimm aus. Doch gerade die,
versicherte uns Dave, würden Verletzungen verhindern, da
der Fuß des gefangenen Tieres dadurch festsitze und nicht
zwischen den Bügeln hin und her geschoben werden könne,
was schwere Fleischwunden zur Folge hätte. Er jedenfalls
hatte mit diesen Fallen bei den von ihm gefangenen Wölfen in Minnesota keine wesentlichen Verletzungen beobachtet. Voraussetzung dafür war natürlich, daß alle Fallen
jeden Morgen geprüft wurden.
Dave setzte zuerst zwölf Fallen. Schon als Junge hatte er
für Bisamratten Fallen gestellt, um sein Taschengeld aufzubessern. Ein alter Fallensteller hatte ihm dann alle Tricks
gezeigt, wie man Wölfe am besten fängt. Jetzt zeigte er
uns sein Können. Behutsam wurde erst ein Loch gegraben,
dann die gespannte, vorher stundenlang in einem Sud aus
Laub, Bucheckern und Reisig abgekochte und danach auch
nur mit ausgekochten Handschuhen angefaßte Falle hineingesteckt. Vorsichtig wurde Erde darüber gestreut und
die Stelle so präpariert, daß es uns unmöglich erschien,
irgend jemand, und sei es der mißtrauischste Wolf, könne
etwas entdecken. Gerade auf das gründliche Bedecken der
Falle kam es an, ebenso auf den Ort, an dem sie versteckt
wurde. Der Teller, der bei Berührung die beiden Eisenbügel zusammenschnappen läßt, ist nämlich nicht viel größer als ein Fünfmarkstück ; hätten wir die Fallen wahllos
irgendwo im Gelände vergraben, dann hätten wir vermutlich Jahre warten können, bis ein Wolf darauf treten würde.
Dave setzte daher die Fallen zuerst allesamt in unmittelbarer Nähe besonders schöner Futterstücke, zum Beispiel
des Kadavers einer ganzen Kuh, der als Köder ausgelegt
wurde. Diese Methode sollte sich allerdings bald als wirkungslos erweisen.
Jeden Tag setzten wir neue Fallen, so daß wir allnächtlich
zwischen zwanzig und dreißig Stück draußen hatten. Die
Wölfe dachten aber nicht daran, in unsere Fallen zu treten.
Fast jede Nacht fanden wir ihre Spuren an den Futterplätzen, wo sie alles Futter, an dem keine Fallen standen, weggefressen hatten, während sie die Köder unberührt ließen.
Es war unfaßbar, wie sie merken konnten, wo eine Falle
stand. Dave zweifelte sogar eine Zeitlang, ob wir es hier
überhaupt mit Wölfen zu tun hatten, bis wir eines Morgens
einen Wolf an der Futterstelle sahen. Irgend etwas machten
wir falsch. Offensichtlich waren diese europäischen Wölfe
doch anders als die nordamerikanischen. Schon seit Jahrtausenden wurden sie in Europa verfolgt, und nur die Scheuesten und Vorsichtigsten unter ihnen waren am Leben geblieben und hatten sich vermehrt. Diese Selektion machte sich
jetzt womöglich bemerkbar. Obwohl die Wölfe täglich mit
menschlichen Gerüchen und Geräten konfrontiert waren,
bemerkten sie die Fallen, und dies, obwohl ihnen hier seit
Jahren nicht mehr nachgestellt wurde. Dave wurde sichtlich unruhig und setzte seinen ganzen Ehrgeiz darein, die
Wölfe mit immer neuen
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