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Der Wolfsmann

Der Wolfsmann

Titel: Der Wolfsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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ihm den Weg frei. Er begann damit, Sadagar als ersten zu fesseln. Mythor versuchte sich loszureißen.
    »Halte still, du!« herrschte ihn Corchwll an. »Du willst doch leben, um die Frau zu sehen!«
    Mythors Kraft erlahmte. Er kam sich wie ein Narr vor. Was hatte er denn erwartet? Einen Kampf Mann gegen Mann? War er wirklich so töricht gewesen?
    Mythor musste zusehen, wie auch Kalathee und Nottr gefesselt wurden. Nottr hatte versucht, sich zu wehren, bis ihm die Fänge der Wölfe Wunden in die Schultern gerissen hatten.
    Dann war er selbst an der Reihe. Corchwll stand über ihm, breitbeinig und massiv. Seine Beine waren die eines Menschen und doch nicht menschlich, seine Hände schwarze Klauen. Der Gedanke daran, dass Nyala, wie sie sich auch immer verändert hatte, dazu bestimmt war, an der Seite dieses Monstrums zu leben, trieb ihm das Blut in den Kopf.
    »Wo ist sie?« schrie er den Wolfsmann an, als sich die Fesseln um seine Beine legten. Er wurde regelrecht verschnürt wie ein Bündel. »Was hast du mit ihr gemacht, Dämon?« Corchwlls Lachen klang wie Donner, in den sich das Heulen von Wölfen mischte. Heißer, stinkender Atem schlug Mythor entgegen.
    »Du wirst sie sehen, Wurm!« kam es abgehackt aus dem Rachen des Wolfsmanns. »Und erleben, wie sie zur Frau des Wolfsmanns wird. zur Wolfsfrau, seiner würdigen Gefährtin!«
    Mythor glaubte in diesem Augenblick, den Verstand verlieren zu müssen. Alles hatte er befürchtet, Nyalas Tod, ihr Ende in den Fängen des Ungeheuers, ihre Opferung für die Mächte der Dunkelheit. Doch was Corchwll mit ihr vorhatte, war tausendmal schlimmer!
    Noch einmal wollte sich Mythor aufbäumen. Es war ihm egal, ob er dabei von den Wölfen zerrissen wurde. Alles in ihm drängte nur noch darauf, diese Bestie, die schlimmer war als die Wölfe, die ihr dienten, zu vernichten. Doch er konnte sich nicht mehr bewegen. Die Arme waren fest an den Körper gefesselt, die Beine zusammengeschnürt.
    Der Wolfsmann richtete sich auf und trat zurück. »Ihr werdet zur Statue gebracht, wo ich eure Lebenskraft nehmen werde, um den Pakt zu bekräftigen. Deine Worte sagen mir, dass du die Frau kennst, Schwarzhaariger! Du sollst sehen, wie sie zur Frau des Wolfsmanns wird.«
    Plötzlich fiel es Mythor wie Schuppen von den Augen. Dieser Tiermensch war nicht Corchwll!
    Er sprach vom Wolfsmann, nicht von Corchwll, wenn er von sich sprach. Und Nyala von Elvinon sollte zur Wolfsfrau gemacht werden, in einem magischen Ritual.
    Der Dämon steckte in ihm. Der Tiermensch war nur der Besessene, der ihn trug, vor langer Zeit einmal ein Mensch wie Mythor. Ein bedauernswertes Wesen, dem die Dunklen Mächte furchtbar mitgespielt hatten.
    Mythor starrte ihn an, als die Wölfe ihn fortzerrten, zusammen mit Kalathee, Nottr und Sadagar. Er hielt dem Blick des Dämons im Wolfsmann stand, glaubte direkt in die abgrundtiefe Finsternis seiner Seele blicken zu können.
    Nein! dachte er verzweifelt, zwischen Mitleid und Grauen hin und her gerissen. Diese Kreatur vor ihm war kein bedauernswerter Mensch mehr. Er war Corchwll, stand völlig unter der Kontrolle des Dämons, der in ihm steckte. Ein Verlorener, der nur durch den Tod die Erlösung finden wurde.
    Mythor schob alle Gedanken außer jene an Nyalas grauenvolles Schicksal aus seinem Verstand. Er musste es verhindern. Er war am ganzen Körper gefesselt, konnte nicht einmal die Hände bewegen, aber er musste es verhindern!
    Er hatte keine Chance. Mit seiner und der Gefährten Lebenskraft sollte das Ungeheuerliche vollzogen werden. Mythor wusste, was das bedeutete.
    Er war erst wieder in der Lage, seine Umgebung bewusst wahrzunehmen, als er auf dem großen Marktplatz lag. Über ihm ragte die Statue des Dämons auf, die nicht den Dämon selbst, sondern den Wolfsmann zeigte. Dies gab Mythor eine vage Ahnung davon, wie lange der Wolfsmann und sein Dämon schon eine Einheit bildeten. Corchwll identifizierte sich mit dem Wolfsmann. Wer Statuen von Corchwll schuf, tat das nach dem Ebenbild des Wolfsmanns.
    Er musste unsterblich sein. Und Nyala sollte seine unsterbliche Gefährtin werden. Nyala von Elvinon, deren fratzenhaft verzerrtes Gesicht er jetzt über sich sah.
    *
    Es war dunkel geworden. Wieder einmal hatte sich die Nacht über die Stadt gesenkt, und Wölfe und Wolfsmann schienen aus dem Dunkel neue Kraft zu schöpfen. Waren sie schon bei Tage schrecklich genug, so ging nun noch spürbarer jene Aura von ihnen aus, die sie als Geschöpfe der Finsternis kennzeichnete.

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