Der Wolfsthron: Roman (German Edition)
Wind gezeichnetes Gesicht, das deutlich seine Besorgnis widerspiegelte.
»Ich dachte, Ihr hättet gesagt, dass wir es eilig haben«, entgegnete sie.
»Ja. So ist es auch. Aber Ihr solltet im Schutz des Tripels reiten und nicht so weit voraus. Wir können Euch nicht beschützen, wenn Ihr außer Sichtweite seid.«
»Bin ich eine Gefangene, die ständig beobachtet werden muss?« Raisa war unfähig, das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken, daher schloss sie den Mund wieder und starrte auf den Boden.
Byrne blickte sie einen langen Moment an, dann drehte er sich im Sattel um und bedeutete den anderen mit einer Geste seiner behandschuhten Hand, sich zu entfernen. »Ein paar Minuten, damit die Pferde sich ausruhen können, bevor wir weiterreiten«, rief er.
Er stieg ab und ließ die Zügel seines Pferdes fallen, sodass es von der spärlichen Vegetation fressen konnte. Raisa saß ebenfalls ab und stellte sich – einigermaßen vor dem Wind geschützt – zwischen die beiden Pferde.
»Wir sind hier, um Euch zu dienen und Euch zu beschützen, Eure Hoheit, nicht um Euch einzuschränken«, sagte Byrne. Die grauen Augen blickten sie vorwurfsvoll an.
Raisa wusste, dass sie unvernünftig war, aber sie konnte nicht anders. Sie traute sich nicht einmal, eine Antwort zu geben. Stattdessen zupfte sie sich mit den Zähnen die Handschuhe von den Händen. Sie stopfte die gefrorenen Haarsträhnen, die sich im Wind gelöst hatten, unter ihre Kapuze zurück und beeilte sich, damit ihre Hände von der Kälte nicht taub wurden. Die Haut auf ihren Wangen und Händen war bereits ganz schuppig, obwohl sie sich jeden Morgen und jede Nacht dick mit Lanolin einrieb.
»Die Wache der Königin dient der Königin und der Erbprinzessin und dem Grauwolf-Geschlecht«, sprach Byrne beharrlich weiter. Er blinzelte in die Ferne und zog die breiten Schultern gegen den rauen Wind etwas nach vorn.
»Und wenn unsere Interessen nicht in die gleiche Richtung gehen?« Raisa drückte mit den Fingern gegen ihre Augen und hoffte, dass die Kälte ihr weinerliches Verhalten erklären würde.
Der Hauptmann antwortete nicht, denn es gab keine Antwort auf ihre Worte. Einen Streit mit Hauptmann Byrne anzufangen war ebenso unergiebig, wie eine Mauer aus Ziegelsteinen anzugreifen. Er stand einfach da, unerschütterlich und unbeweglich, während man selbst sich eine blutige Nase holte.
»Vielleicht sollten wir uns über das unterhalten, was bei unserer Ankunft geschehen wird«, schlug Byrne vor; barmherzigerweise hatte er seinen Blick immer noch von ihr abgewandt.
Raisa nickte und zog die Handschuhe wieder an. Mit diesem Thema, ihre Ankunft in den Fells, schien sie sich auf sicherem Terrain zu bewegen. Zumal es danach aussah, als würde es tatsächlich so weit kommen.
»Ich werde mindestens eine Nacht im Marisa-Pines-Camp verbringen, bis ich weiß, ob ich ohne Gefahr in die Stadt hinunterkann«, sagte Raisa. Damit waren wiederum ganz eigene Risiken verbunden, zumindest wenn das stimmte, was ihre Mutter geglaubt hatte – dass die Clans der Demonai es vorzogen, Marianna vorzeitig vom Thron zu stoßen, damit sie, Raisa, ihn einnehmen konnte. Plötzlich war sie froh darüber, dass sie sich entschieden hatten, den östlichen Weg zu nehmen, statt am Demonai-Camp vorbeizureiten. Außer …
»Wo war mein Vater, als Ihr aufgebrochen seid?«, fragte sie unvermittelt. »Im Palast oder bei den Demonai? Sobald wir ankommen, möchte ich ihn so schnell wie möglich treffen.« Raisas Vater war Handelsmeister und Patriarch des Demonai-Camps. Er verbrachte seine Zeit abwechselnd in der Stadt, den Highland-Camps und mit Handelsreisen durch die Sieben Reiche. Er würde sie mit neuen Informationen versorgen.
»Der Königliche Gemahl hat in Kendall House gewohnt«, sagte Byrne. »Zumindest war das so, als ich Fellsmarch vor drei Wochen verlassen habe.«
Kendall House, dachte Raisa und runzelte die Stirn. Sie wünschte, er würde im Palast wohnen. Kendall House war ein ansehnliches Herrenhaus auf dem Schlossgelände. Es stellte eine Art Zwischenstation dar, was die Zuneigung ihrer Mutter betraf – man war nicht ganz verbannt, aber auch kein gänzlich Vertrauter.
Raisas Vater Averill Lightfoot, Lord Demonai, hatte einen beruhigenden Einfluss auf ihre Mutter, wenn sie ihn nur nah genug an sich heranließ. Ein Gegengewicht zum Einfluss von Lord Bayar.
»Was ist mit den Demonai-Kriegern?«, wollte Raisa wissen. »Was habt Ihr über sie gehört?«
Byrne zuckte mit den Schultern.
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