Der Wolfstrank
als wollte er noch eine Antwort geben. Es fiel ihm nichts mehr ein. Deshalb drehte er den Kopf zur Seite und starrte die Wand in seiner Nähe an.
Um den Fall aufzuklären, war er nicht mehr wichtig für uns. Wir mussten London verlassen und an anderer Stelle recherchieren.
Suko versuchte, den Mann zu beruhigen. Er sprach davon, dass für ihn gesorgt würde. Wir würden die Kollegen einweihen, aber Cedric Morton nahm es nicht zur Kenntnis.
Allerdings sagte er etwas, was den Nagel auf den Kopf traf. »Ich bin verflucht, ich bin ein Verfluchter geworden...«
Wir konnten nicht mal widersprechen...
***
Es hatte sich wohl herumgesprochen, dass wir einen Großteil der Nacht im Yard verbracht haben, denn als wir das normale Büro betraten, da schaute uns Glenda spöttisch lächelnd an. »Na, habt ihr kein Zuhause mehr?«
»So ähnlich«, sagte ich und hielt beide Sandwich-Pakete hoch. »Dazu brauchen wir jetzt einen Kaffee.«
»Und ich nehme Tee, liebe Glenda«, sagte Suko.
»Ist beides schon so gut wie fertig. Manchmal denke auch ich mit.«
»Du bist super.«
Glenda räusperte sich, ansonsten enthielt sie sich eines Kommentars.
Während Suko in unserem Büro verschwand und von dort aus mit Shao telefonierte, wollte Glenda wissen, was denn eigentlich genau losgewesen war.
Ich setzte mich auf ihre Schreibtischkante und gab ihr einen knappen Bericht. Sie staunte dabei immer stärker und meinte schließlich: »Dann haben wir einen Werwolf im Haus?«
»Es sieht so aus.«
»Und du kannst nichts für ihn tun?«
»Soll ich ihn erschießen?«
»Nein«, sagte sie leise, »das habe ich nicht gemeint. Es muss für ihn nur schrecklich sein.«
»Davon kannst du ausgehen, aber es lässt sich leider nicht ändern.« Ich hob die Schultern. »Ob er noch zu retten ist, wird sich später herausstellen.«
»Es ist ihm zu wünschen.« Sie nahm hinter ihrem Schreibtisch Platz und zupfte an den Ärmeln der hellen Bluse. »Ist denn die Zelle dort unten auch für einen Werwolf ausbruchsicher?«
»Davon kannst du ausgehen.« Ich schenkte mir Kaffee ein und nahm die Tasse ebenso wie das mit Truthahnfleisch belegte Sandwich mit in das gemeinsame Büro. Suko hatte sein Telefongespräch beendet und aß bereits.
»Schmeckt sogar gut«, kommentierte er.
»Das ist immer so, wenn es frisch ist.«
»Und jetzt nehmen wir uns den Werwolf vor.«
»Keine Hektik, John. Iss erst mal.«
Das tat ich auch und trank Glenda’s Kaffee dazu. Er war wie immer eine Wohltat. Während ich frühstückte, drehten sich meine Gedanken um Cedric Morton. Es war uns gelungen, einen Werwolf zu fangen. Ihn aus dem Verkehr zu ziehen, konnten wir uns als einen Erfolg anrechnen. Wir hatten auch dafür gesorgt, dass er von einem Arzt untersucht wurde, und auf Wilson als Wächter konnten wir uns ebenfalls hundertprozentig verlassen. So würde es hier zum Glück keine Probleme geben. Die allerdings lagen vor uns, denn wir mussten diesen geheimnisvollen Waldmenschen finden, wobei längst nicht feststand, ob wir es tatsächlich mit einem Menschen zu tun hatten. Ich tippte auf einen Werwolf. Was mir Probleme bereitete, war die Tatsache, wie Cedric Morton zu einer Bestie geworden war. Das widersprach allen Regeln. Er war nicht überfallen und gebissen worden, der andere hatte ihn in seine Hütte geschafft und dort mit ihm getrunken.
Getrunken!
Genau das war der Begriff, über den ich stolperte. Was hatten die beiden getrunken? Wenn ich darüber nachdachte, musste ich einfach zu dem Schluss gelangen, dass es ein besonderer Trank war, und ich blieb bei dem Begriff Wolfstrank hängen.
Als ich darüber nachdachte, hob ich zugleich den Kopf an und schaute in Suko’s Gesicht, in dem die Lippen zu einem leichten Lächeln verzogen waren. Er hatte bereits gegessen und hielt nur noch seine Teetasse in der Hand.
»Du wirkst auf mich, als hättest du eine Idee gehabt, Alter«, sagte Suko.
»Kann durchaus sein.«
»Lass mal hören.«
Ich hatte kaum zwei Sätze gesagt, als mein Freund abwinkte. »Genau das ist unser Problem«, sagte er, »wie konnte Cedric Morton zu einem Werwolf werden?«
»Indem man ihm etwas zu trinken gab.«
»Und was?«
Ich zuckte die Achseln. »Es muss ein uns unbekannter Trank gewesen sein. Ein Wolfstrank, würde ich sagen.«
»Ja, das ist wohl richtig. Ich frage mich nur, aus welchen Zutaten man ihn braut. Eine weitere Frage stellt sich ebenfalls. Wer hat das Rezept erfunden? Und was muss in einen Trank hinein, um einen Menschen in einen Werwolf
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