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Der Wolfstrank

Der Wolfstrank

Titel: Der Wolfstrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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einem normalen Menschen geworden, auch wenn dieser unter starkem Stress stand.
    Suko hatte die Tür sicherheitshalber hinter uns wieder geschlossen. Er trat an mich heran und blieb ebenso wie ich neben dem Bett stehen. Es war nicht festzustellen, ob der Mann uns bereits bemerkt hatte. An seiner Reaktion wies noch nichts darauf hin, bis er sich plötzlich aufrichtete und in dieser Haltung sitzen blieb.
    Er sah uns.
    Wir sahen ihn, und es kam uns vor, als hielte die Umgebung – uns eingeschlossen – den Atem an.
    Wir beobachteten den Mann, dessen Namen wir bisher noch nicht kannten. Er bewegte sich unruhig. Er wäre am liebsten in die Wand hinter sich gekrochen, und um seine Mundwinkel herum zuckte es immer wieder.
    »Guten Morgen«, sagte ich.
    Den Gruß verstand er, doch er wusste nichts damit anzufangen. Er blickte sich jetzt um und stellte fest, dass er sich in einer wenig komfortablen Umgebung befand, die ihm unbekannt war. Seine erste Frage lautete deshalb: »Wo bin ich?«
    »In einer Zelle bei Scotland Yard.«
    »Wie? Wie das...?«
    »Wir haben Sie dort eingeliefert, Mister...«
    Plötzlich schien er sich zu erinnern, aber es war eine Täuschung. Er erinnerte sich nicht, denn er sprach uns auf seine andere Existenz nicht an. Dafür senkte er den Blick und schaute auf die Wunde an seinem linken Bein.
    Sie war nicht mit verschwunden. Als breite Narbe zeichnete sie sich dort ab. Das Blut hatte sogar eine Kruste hinterlassen, und der Mann spürte zum ersten Mal die Schmerzen. Er tastete die Umgebung der Wunde ab – und zuckte leicht zusammen, als er die Kruste berührte.
    »Ich bin verletzt!«, stellte er fest.
    »Erinnern Sie sich nicht daran?«, fragte Suko.
    »Nein, ich glaube nicht.« Er sah meinen Freund an. Seine Augen waren nicht mehr hell, sondern mit einem leichten Braunschimmer versehen. Dann wechselte er das Thema. »Wer sind Sie eigentlich? Haben Sie mich in die Zelle gebracht?«
    »Indirekt schon.«
    »Und warum?«
    »Wie heißen Sie?«, fragte Suko.
    »Cedric Morton. Und Sie beide sind Polizisten, nehme ich an.«
    »Ja, Scotland Yard.« Suko stellte mich und sich vor, was bei Cedric Morton zu einem nachdenklichen Gesichtsausdruck führte. Wir ließen ihn in Ruhe nachdenken, bis er den Kopf leicht schüttelte und dann mit leiser Stimme sagte: »Es muss einen Grund gegeben haben, das ich hier sitze.«
    »Da haben Sie Recht«, erklärte mein Partner.
    »Welchen denn?«
    »Sie waren kein Mensch mehr.«
    »Ach...«
    »Sie sind zu einem Werwolf mutiert.« Suko konfrontierte ihn direkt mit der schon grausigen Wahrheit, und das war sicherlich auch gut für den Mann, so konnte er über die Worte in einer gewissen Ruhe nachdenken. Wir beobachteten ihn scharf, denn wir waren auf seine Reaktion sehr gespannt. Erschreckt oder wissend kam uns der Mann überhaupt nicht vor. Er war eher nachdenklich geworden, und sein Blick verlor sich in der Leere. Schließlich hatte er es geschafft, sich eine Antwort zurechtzulegen. Wir hörten ihn flüstern, und zugleich nickte er auch.
    »Ja, da war etwas.« Er schluckte. »Da ist wirklich etwas gewesen, das weiß ich. Aber ich kann mich nicht daran erinnern. Es kam mir wie ein böser Traum vor. Er saß so tief in mir. Ich habe ihn verdammt genau gespürt. Ich hatte da ein Erleben, das weiß ich auch, aber es verläuft alles in einem Schatten.«
    »Sie waren der Wolf!«, stellte ich fest.
    »Ja, verdammt«, keuchte er, »das weiß ich inzwischen. Bitte, Sie brauchen das nicht immer zu wiederholen. Ich kenne diese Nächte der Leere und des gleichzeitigen Erfülltsein. Ich bin in den Vollmondnächten gewandert. Ich musste einfach raus. Es trieb mich weg, und das ist furchtbar gewesen. Aber ich kann Ihnen nicht sagen, wohin ich gelaufen bin, tut mir Leid.«
    »Erinnern Sie sich trotzdem an gewisse Vorgänge?«, erkundigte ich mich.
    »Nein.
    »Tatsächlich nicht?«
    »Das ist wie in einem Nebel verschwunden. Ich weiß nur, dass ich Angst vor den Nächten hatte. Ich wusste, dass etwas mit mir nicht stimmt. Ich bin plötzlich zu einer anderen Person geworden, aber ich kann mich nicht erinnern, wie das geschehen ist. Keine Einzelheiten. Es kam einfach über mich. Das war wie ein plötzlicher Schlag, der mich erwischte...« Er hörte auf zu sprechen und richtete den Blick auf uns. »Bitte, Sie müssen mir helfen. Tun Sie mir einen Gefallen und helfen Sie mir. Es ist so verdammt wichtig.«
    »Sie waren ein Werwolf!«
    Er schwieg.
    »Wir haben Sie in einer Tunnelröhre gefunden, als sie

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