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Der Wolkenatlas (German Edition)

Der Wolkenatlas (German Edition)

Titel: Der Wolkenatlas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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den Luvleuten. Nur einmal im Jahr am Erntevollmond gabs den, un so warn wir vieleviele Tage lang nur am Ziegenwolledecken weben, wos beste Tauschgut war von umserm Haus. Seit mein Pa umgebracht war, wanderten wir in Gruppen von zehn oder mehr nach Honokaa, aber in dem Jahr warn wir doppelt so viele wegen den sondern Prescientsachen wo wir fürs Aufnehmn von Meronym gekriegt hatten. Ziehkarrn un Packesel brauchten wir fürs ganze getrocknete Fleisch unds Leder un den Käse un die Wolle. Wimoway un Roses kamn auch mit, weil sie wollten Kräuter kaufen wos in den Tälern nich gab, un obwohl Roses jetz mit Kobbery am Schmusen war, hatt ich nix dagegn. Ich wünschte meim Vetter Glück, weil Glück tat er brauchen un dazu ne Peitsche undn Rücken aus Eisen.
    Wie wir durch Sloosha’s Crossin’ gingn, tat ich traurich dabei zukucken wie die andern frische Steine auf Pa seinn Hügel legten, weil so wars bei uns Brauch wenn einer so viel Freunde un Brüder hatte wo ihn aufrichtich liebten wie mein Pa. Oben aufm Mauna Kea tat der Teufel seine Kralln an nem Wetzstein schärfen um sich an diesem feigen Lüger hier zu laben, ja. Hinter Sloosha begann der Zickzack rauf nach Kukuihaele. Einer von den Ziehkarrn kippte um un war kaputt, un so wars n langsam durstiches Voran, ja, s war schon weit nach Mittag wie wir zu dem kümmerlichen Weiler auf der andern Seite kamn. Unsre Jungen schüttelten Nüsse von den Kokipalmen un alle freuten sich über die Milch. Wie wir aufm hucklichen Weg von den Alten nach Honokaa Town warn, kam vom Ozean n frischer Wind auf wo unsre Laune wieder bessern tat, un so erzählten wir uns Fabeln um die Meilen wechzuschrumfen. Der Fabelierer saß rücklings aufm ersten Esel damit ihn alle hörn konnten. Rod’rick erzählte die Geschichte von Rudolf dem Ziegendieb mit dem roten Ring un Eisenbilly seim fürchterlichen Spießer, un Wolt sang n schmachtiches Lied, ‹O Sally o’ the Valleys-o›, aber wir bewarfen ihn mit Stöcken, weil mit seim Gesing machte er die muntre Melodie kaputt. Dann tat Onkel Bees Meronym bitten uns ne Prescientfabel zu erzähln. Sie druckste n bisschen rum un meinte, Prescientgeschichten wärn voll Reue un Verlust un kein gutes Weissag fürn sonnichen Nachmittag vorm großen Tausch, aber sie könnt uns ne Fabel erzähln wo sie von nem Verbranntländer aus eim fernfernen Ort nams Panama gehört hätt. Alle brüllten ja, un so setzte sie sich oben aufn ersten Esel drauf un begann ihre kurze hübsche Fabel wo ich euch jetz erzähln werd, also haltet euern Mund un sitzt schön still, aber vorher brauch ich noch ne Tasse voll von euerm Spritbräu, meine Kehle is ganz ausgedörrt un klebrich.
     
    Damals währnd dem Untergang vergaßen die Menschen wie man Feuer macht. Oh, ne furchbar schlimme Sache war das, ja. Inner Nacht konnten die Leute nix sehn, im Winter sich nich wärmen, am Morgen sich nix braten. Also ging der Stamm zum Weisen Mann hin un sagte: Oh, Weiser Mann, hilf uns, wir sind voll des Jammers, weil wir ham vergessen wie man Feuer macht.
    Also rief der Weise Mann die Krähe zu sich un sprach folgendesBestimm: Flieg über den peitschnden irrgeschwinden Ozean zum großen Vulkan un such dir auf seinn grünen Hängen n langen Zweig. Nimm ihn in deinn Schnabel, flieg damit in dem Vulkan sein Maul un tauch ihn in den Flammensee wo in dem glühnden Berg blubbern un spucken tut. Bring den brennden Zweig hierher nach Panama, damit die Menschen das Feuer sehn un sich wieder dran erinnern wie man welches macht.
    Die Krähe gehorchte dem Bestimm des Weisen Manns un flog über den peitschnden irrgeschwinden Ozean bis sie in der Nahferne den großen Vulkan rauchen sah. Sie segelte auf seine grünen Hänge nieder, fraß n paar Stachelbeern, trank aus ner kühlen Kwelle, ruhte kurz ihre lahmen Flügel aus un suchte sich n langen Kiefernzweig wo sie in ihrn Schnabel nahm. Un eins un zwei un drei hinauf flog die Krähe un stürzte sich plums in den Vulkan sein schwefliches Maul, ja, erst im letzten Augnblick brach der tapfre Vogel seinn Sturzflug ab, zog den Kiefernzweig durchs flüssiche Feuer, un wuuuuuuusch war er enflammt! Schnell flatterte die Krähe aus dem glühnden Maul, den glühnden Zweig in ihrm Schnabel. Nach Hause flog sie, Tage vergingn, die Wolken wurden finstrer, Hagel prasselte runter, ihre Flügel wurden schwer, un, ach, die Flammen züngelten den Zweig hoch, der Rauch stach ihr in den Augen, ihre Federn bruzelten un ihr Schnabel brannte … Es tut weh! , krähte die

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