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Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Titel: Der Wolkenkratzerthron (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Pollock
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verstehst du? Denn sie werden dir folgen – wenn du das hier tust, wenn du Reachs Blick auf dich ziehst, gibst du alle Sicherheit auf. Du gibst dein Zuhause auf. Für immer.« Seine Stimme war so flach und kalt wie eine offene Heide in rauem Wind.
    Beth legte ihr Handgelenk an ihre Wange, dann starrte sie auf die Krone: unabänderlich, unumkehrbar in ihre Haut geschnitten.
    »Dann bin ich bereit.« Ihr Herz schlug wie verrückt Purzelbäume. »Sohn der Straßen.«



Kapitel 11
    Beth musterte die Spinne. Die Spinne starrte unergründlich zurück. Beth schluckte. Das Geschöpf war mannshoch und hockte geziert auf acht stecknadelspitzen Füßen auf dem Telefonkabel, das sich die Gasse entlangwand. Sein Rückenschild, der so glatt war wie Fiberglas, reflektierte das Licht der Straßenlaterne. Ein knisterndes Geräusch ging von ihm aus, wie das Gemurmel von Stimmen in einer Tonlage, die kaum noch hörbar ist.
    »Also.« Der Junge mit der asphaltgrauen Haut lehnte an der Wand, die Hände in seinen Taschen vergraben. »Wie hättest du unsern Ritt denn gern?«
    Beth starrte ihn verständnislos an. »Unsern Ritt? Das ist ’ne riesige Spinne.«
    Er spitzte die Lippen und zuckte auf »Das-Offensichtliche-lässt-sich-nicht-leugnen«-Art die Schultern.
    »Ist das Ding gefährlich?«, fragte Beth.
    »Sieht’s aus, als wär’s gefährlich?«, entgegnete er.
    »Japp: Es sieht aus wie ’ne Riesenspinne.«
    »Wow, ist echt ’ne tolle Beobachtungsgabe, die du da hast … «
    »Ich find das grad absolut nicht beruhigend, Fil.«
    Sie hatte entschieden, »Filius« zu »Fil« abzukürzen – als ob ein einsilbiger Name diesen wilden Jungen mit den spitzen Knochen und der rußverschmierten Haut zähmen könnte. Er hatte sie zu einer der üblichen höllisch zerkratzten BT -Telefonzellen in der High Street geführt, hatte den Hörer abgehoben und gezögert. Als sie ihn gefragt hatte, ob er Kleingeld brauche, hatte er ihr ein schiefes Lächeln zugeworfen, als wäre sie total naiv. »Das ist nicht die Art, wie sie bezahlt werden wollen«, hatte er gesagt.
    Er hatte den Hörer an seinen Mund gehalten und dann irgendwie diese Klick- und Summgeräusche imitiert, wie man sie manchmal bei einer fürchterlich schlechten Verbindung hört. Er hatte innegehalten und eine Weile gelauscht, dann hatte er mit zufriedenem Gesicht eingehängt.
    Anschließend hatte er sie um die Ecke und hinein in die Gasse geführt, und jetzt stand sie hier, Auge in Auge mit einer Spinne von der Größe eines Kleinwagens.
    »Sagst du mir noch mal, wieso genau wir das hier machen müssen?«, knurrte sie. Die Augen von dem Ding sahen aus wie funkelnde Aschegruben.
    »Kommunikation.« Er wandte den Blick nicht von der Kreatur, als er antwortete. »Es bringt ja nichts, ’ne Armee zu haben, wenn du nicht mit ihr sprechen kannst.« Er schob sich dichter an das Geschöpf heran.
    »Ookay«, sagte Beth. In der Art, wie er sich dem Biest näherte, lag eine Unschlüssigkeit, die ihr nicht sonderlich gefiel. Ein unangenehmes Prickeln lief ihr über den Nacken. »Und – Verzeihung, falls das ’ne dämliche Frage ist – aber wieso kriechen wir auf das Teil zu, als ob wir Angst hätten, dass es uns frisst?«
    Der Blick, den er ihr zuwarf, hieß: Erwartest du ernsthaft ’ne Antwort darauf?
    Er legte eine Hand auf den Kopf der Spinne. Sie wurde vollkommen unscharf, wie ein Fernsehbild bei miserablem Empfang, dann flirrte sie wieder in ihre feste Form zurück und krabbelte von ihrem Draht herunter. Fil entspannte sich sichtlich. Er winkte Beth vorwärts.
    Stolz darauf, dass sie ihr Zittern einigermaßen im Zaum zu halten vermochte, streckte sie die Hand nach dem Vieh aus. Die Haut der Spinne war kühl und glatt. Das Stimmengewirr, das aus ihr herausdrang, wurde lauter, und Beth fühlte Gesprächsfetzen um ihren Kopf pulsieren.
    »Hab dich lieb, Süße« , hörte sie, und
    »Viel Glück heute! Ich bin stolz auf dich« , und
    »Kann’s kaum erwarten, dich heut Abend zu sehen.«
    »Ich liebe dich.«
    »Ich liebe dich.«
    »Ich liebe dich.«
    Dutzende von Akzenten, Männer- und Frauenstimmen, eine über der andern, voller Liebe und Zuneigung, schwirrten um ihren Schädel. Beth spürte, wie ihr das Herz aufging. Ihre Ohren glühten verlegen, und sie merkte, dass sie lächelte.
    Ein Schwindelgefühl überwältigte sie, und es kam ihr vor, als würde sie fallen, doch die Spinne streckte eins ihrer klingenartigen Glieder aus, um sie aufzufangen. Das Tier zog sie näher an seinen Unterleib

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