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Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Titel: Der Wolkenkratzerthron (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Pollock
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antworteten mit grellem Flackern. Ihr Licht spiegelte sich gleißend am Bauch der stählernen Kreatur, sodass Beth kaum noch etwas sah. Der Skelettwolf erlahmte mitten im Sprung. Schwerfällig sackte er in sich zusammen und landete unmittelbar vor ihnen auf dem Boden, wo er wild knurrend den Kopf hin und her wälzte.
    Beth wurde rücklings gegen das Ladenfenster gepresst. Die ausgestreckten Hände der Weißhells um sie herum waren auf das Biest gerichtet: eine Phalanx aus Glasarmen, durchzogen von weiß glühenden Adern. Die feinen Härchen auf Beths Haut stellten sich auf. Offenbar übten die Weißhells irgendeine Art von Kraft aus, die den Wolf lähmte.
    Beth schwirrte der Kopf, ihr war schwindelig. Aber wie? Es verschlug ihr den Atem. Wie?
    Die Glasmänner hatten die Bestie zwar verlangsamt, doch aufgehalten hatten sie sie nicht. Wie in Zeitlupe, unerbittlich, setzte sie eine Pfote vor die andere, den metallenen Hals gebeugt gegen die unsichtbare Kraft, die sich ihr entgegenstemmte.
    Einer der Weißhells stellte sich dem Biest wie erstarrt in den Weg: Es war der kleine Dicke, der Erste, der sich auf dem Marktplatz zum Kampf gemeldet hatte. Beth hätte plötzlich gern seinen Namen gekannt. Der Wolf ragte drohend über ihm auf, rostroter Geifer troff aus dem aufgerissenen Maul. Weitere Lampenmänner traten vor. Beth sah, wie sich ihre Leuchtadern spannten, aber sie vermochten die Bestie nicht aufzuhalten.
    Sämtliche Lichter blitzten, doch Beths Schrei war der einzige Laut, ehe der Wolfskiefer knirschend zuschnappte.
    Das Vieh wandte sich zu ihr um, ein wenig beweglicher jetzt, da einer seiner Feinde tot war. Seine federnden Schritte klirrten über das Pflaster, während es mit boshafter Lässigkeit auf sie zukam. Die pfeifenden Atemzüge hallten von den Gebäuden wider, erfüllten die Gasse. Als Beth sich hektisch nach etwas umblickte, das sie als Waffe verwenden konnte, sah sie, wie einer der Weißhells vor Erschöpfung zusammenbrach.
    Etwas Graues wischte jäh an ihr vorbei. Schneller als der Schlag eines Kolibriflügels war Fil auf die Bestie zugestürzt.
    Sein Speer wurde ihm aus der Hand gerissen, unter dem Einfluss derselben magnetischen Kraft, die den Wolf gelähmt hatte, doch Fil bekam den riesigen Unterkiefer zu fassen, schwang sich wie ein Akrobat hinauf und landete schwankend auf der Schnauze des Ungeheuers. Wutschnaubend warf der Skelettwolf seinen wuchtigen Kopf hin und her, aber Fil ruderte mit den Armen und brachte es irgendwie fertig, das Gleichgewicht zu halten.
    Beth schnappte nach Luft und atmete wieder.
    »Filius … « Die Stimme war nicht mehr als ein feuchtes Zischen. Gossenglas klang panisch. Er versuchte, sich auf seinen Schützling zuzuwälzen, seinen Packpapierarm nach ihm ausgestreckt.
    »Beth!«, brüllte Fil voll grimmiger Anspannung. »Sorg dafür, dass er bleibt, wo er ist!«
    Beth warf sich hart auf den Boden, krallte sich in die Abfälle. Ratten fauchten wild und bissen ihr in die Hände, Käfer huschten aufgebracht durch ihr Haar, doch sie klammerte sich an den Müllkörper, sodass Gossenglas ihr nicht entwischen konnte.
    »Haltet das Vieh fest!«, schrie Fil, jetzt geduckt wie ein Surfer. Er hielt seinen Kopf schräg nach hinten gelegt, so als würde er auf etwas lauschen. Ein Ausdruck ungläubiger Hoffnung stahl sich auf sein Gesicht. »Gut so, Jungs, genau so!«, rief er. »Festhalten jetzt!«
    Die Weißhells hatten sich inzwischen um die Flanken des Wolfs geschart. Dort standen sie, reckten die Handflächen nach vorn, hielten ihn mit ihrer Kraft im Zaum. Das Tier war hin- und hergerissen, wusste nicht, ob es die Glasmänner zerschmettern oder diesen Jungen abschütteln sollte, der an seinem Hals hing und es verhöhnte. Vor der Nase des Skelettwolfs rotierte langsam der Speer in der Luft, wie ein Köder. Der Atem der Bestie blies pfeifend durch die Rohre, hallte von den Wänden der engen Gasse wider.
    Wie zur Antwort ertönte ein weiteres Pfeifen, höher und schriller, ein Geräusch, das unmittelbar aus den Backsteinmauern der Häuser zu kommen schien. Der Boden erzitterte unter einem rhythmischen, wirbelnden Dröhnen. Eine elektrisierende Angst lähmte Beth. Jagen Wölfe nicht eigentlich im Rudel?
    »Festhalten!« Fils Stimme überschlug sich jetzt. »Nicht nachlassen!«
    Das Pfeifen aus den Häuserwänden wurde immer lauter, der Boden bebte in einem synkopischen Rhythmus: Frumm-ratter-ratter.
    Beth kannte dieses Geräusch. Vielleicht gibt er dir die Schuld daran, dass dieser

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