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Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Titel: Der Wolkenkratzerthron (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Pollock
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dieses Scheißdach getraut hätte, wenn ich nicht gewesen wäre.«
    Fils sehniger Arm legte sich um ihre Schulter und zog sie eng zu ihm hinüber. Sie spürte seine raue Haut, das verfilzte Gewirr seiner Haare auf ihrer Wange. »Du kannst bestimmt nicht nachempfinden, wie sich das anfühlt«, sagte sie.
    »Doch, kann ich.« Er zögerte kurz, dann flüsterte er: »Genau so hab ich mich gefühlt, als ich dich in dem Feuer gesehen habe.«
    Beth küsste ihn – es passierte einfach, ohne dass sie sich Zeit zum Nachdenken ließ. Sie presste ihre Lippen auf seine, und für einen kurzen Moment war sie sich jedes prickelnden Zentimeters ihrer Haut bewusst. Seine rauen Finger streichelten ihren Hals.
    Beide verloren sie sich nicht in dem Kuss; stattdessen hielten sie beide ganz still, wie elektrisiert, voller Angst, der andere könnte zurückzucken, obwohl sie es beide nicht taten.
    Irgendwann löste Beth den Kontakt. Fils Haut fühlte sich heiß an, als sie ihr Gesicht an ihn schmiegte.
    »Wow.« Er geriet ins Stammeln. »Das war … das war … «
    Unheimlich? Fantastisch? Beängstigend? Scharf? Beth leckte sich nervös über die Lippen. Ob er’s scheiße fand? Nee, sicher nicht, wahrscheinlich hat er noch nie ein menschliches Wesen geküsst, also auch keinen Vergleich. Trotzdem, dieses Laternenmädchen, sie wirkten so vertraut miteinander, vielleicht waren sie sogar verliebt …
    Das Wort war wie ein Schock: Liebe. Oh Gott, Beth , dachte sie panisch, was ist, wenn das … ? Was, wenn das hier … ?
    Woran würde sie’s merken?
    Liebe . Der Gedanke klang sonderbar hohl in ihrem Kopf, wie klirrendes Glas.
    Liebe …
    Der Gedanke gehörte nicht ihr.
    Beth riss die Augen auf. Sie wandte den Kopf, wagte kaum …
    An einem feinen Draht baumelte eine winzige Spinne von einem Lüfter der Klimaanlage. Sie war nicht größer als eine gewöhnliche Hausspinne, doch sie glänzte wie Fiberglas und summte und knisterte vor statischem Rauschen.
    Liebe …
    »Fil!«, kreischte Beth, stürzte mit der Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion auf das Tier zu und schloss ihre Hände darum.
    »Was? Was?« Er sprang auf, den Speer schon in der Hand.
    Beths Stimme war ein gereiztes Zischen. »Das ist eine von denen – eine von diesen Spinnen! Und die krabbelt mir hier drin grade über sämtliche Finger. Au! Das fühlt sich an wie ’ne tanzende Distel – Fil, jetzt steh da nicht rum, hilf mir lieber, verdammt!«
    Er schwenkte nur kurz seinen Speer. »Lass sie frei, Beth.«
    »Was? Bist du irre?« Beth war schockiert. »Das ist eine von diesen Spinnen. Die lass ich nicht frei, die frisst mein Gesicht!«
    Er runzelte die Stirn. »Voltspinnen fressen keine Gesichter, Beth.«
    »Bei meinem wird das Teil ’ne Ausnahme machen, ich hab ’n ziemlich hübsches Gesicht.«
    »Ähm … äh … ja.« Ihm war sichtlich mulmig.
    »Wie wär’s mit ’m klein wenig mehr Begeisterung?«, blaffte sie. »Immerhin hast du’s geküsst – «
    »Jetzt mal im Ernst, Beth … «
    »Das Vieh bringt uns um«, sagte sie stur.
    »Dieses Miniding? Gegen uns beide?« Er legte den Kopf schief. »Lass sie frei.«
    Beth starrte zu ihm hinauf. »Komm her und stell dich hierhin«, befahl sie ihm.
    »Wieso?«
    »Wenn du falsch liegst, ist es wenigstens dein Gesicht, das gefressen wird«, knurrte sie.
    »Lass sie frei, Beth«, wiederholte er ruhig.
    Stück für Stück hob sie ihre Handflächen einen Zentimeter von dem Metall und linste darunter.
    Nadelspitze Beinchen zuckten. »Liebe« , flüsterte die gläserne Stimme ausgelassen in ihrem Kopf, »unheimliche, fantastische, beängstigende Liebe – «
    »Halt die Klappe«, fauchte sie, als sie ihre Hände zurückzog.
    Fil hockte sich vor die Spinne und legte wie lauschend den Kopf auf die Seite. »Lauter«, sagte er kurz darauf. »Beth soll das auch hören.«
    »Unheimliche, fantastische … « Der blecherne Kehrreim brach plötzlich ab, und eine zweite Stimme ertönte: »Dann hast du’s also überlebt.« In den Worten lag ein unverkennbarer Ton des Missfallens. »Euch zwei wird man schwerer los als ’nen Curryfleck vom Imbiss beim Chinamann.« Die Stimme gehörte Gossenglas, und sie kam aus der Spinne.
    »Vor allem schlucken sie Stimmen.« Fil ließ die Kreatur nicht aus den Augen, während er in Beths Ohr murmelte. »Aber hin und wieder kann man sie dazu überreden, eine davon auszuspucken, wenn du ihnen versprichst, dass es sich für sie lohnt.«
    »Ihr zwei wart fast ’nen ganzen Tag lang verschwunden«, jammerte

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