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Der Wolkenpavillon

Der Wolkenpavillon

Titel: Der Wolkenpavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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ganz fadenscheinigen Gründen.
    »Wenn Ihr mir mein Geschäft wegnehmt, kommt der Reisverkauf ins Stocken. Meine Kunden - darunter auch der Tokugawa-Klan - werden lange Zeit knapp bei Kasse sein, denn es wird eine Weile dauern, bis andere Händler für mich einspringen können.« Ogitas Lächeln wurde breiter. »Wollt Ihr, dass Tausende bewaffnete Samurai Euch die Schuld daran geben? Dass in der Stadt vielleicht sogar eine Hungersnot ausbricht? Dass man Euch aus der Regierung jagt?«
    Händler wie Ogita hatten sehr viel Macht dazugewonnen, seit die herrschende Gesellschaftsschicht, die Samurai, Männern wie ihm die Abwicklung finanzieller Angelegenheiten überlassen hatte. Dass viele traditionsverhaftete Samurai Geld als etwas Schmutziges betrachteten, hatte den Händlern dabei in die Hände gespielt. Ogita hatte recht: Wenn Sano ein Reisauktionshaus schließen ließ, das so groß und so umsatzstark war wie das von Ogita, würde die gesamte Wirtschaft darunter leiden, und Sano würde den Preis dafür bezahlen. Dennoch hielt er unbeirrt an seinem Ziel fest, die Gemahlin des Shōgun zu finden.
    »Meine Männer und ich werden Euer Haus durchsuchen, ob es Euch passt oder nicht«, sagte er. »Wir werden jeden töten, der uns aufzuhalten versucht.«
    Ogitas Leibwächter blickten einander an, dann zuckten sie mit den Schultern und entfernten sich vom Tor. Ogitas Lächeln gefror, und er starrte sie wütend an. Dann wandte er sich wieder Sano zu. »Wie wäre es mit einem Handel? Ich verkaufe Eure Reiszuteilung gegen bar und nehme nur die Hälfte meiner üblichen Provision, wenn Ihr mich aus den Ermittlungen herauslasst.«
    Dieser Handel würde Sano ein kleines Vermögen einbringen, doch er antwortete: »Bewegt Euch, oder ich lasse Euch festnehmen!«
    Ogita gehorchte zähneknirschend. Als Sano und seine Leute das Tor passierten, folgte er ihnen mit seinen Leibwächtern. Erst jetzt erkannte Sano, dass Ogitas Zuhause aus vier einzelnen Häusern bestand, von denen jedes eine Ecke eines Quadrats bildete, das einen ganzen Häuserblock umfasste. Die vier Gebäude umschlossen einen Garten und waren durch überdachte Gehwege miteinander verbunden. Als Sano einen dieser Wege einschlug, machten ihm Leute Platz, bei denen es sich vermutlich um Familienangehörige und Bedienstete Ogitas handelte. Ogita verschwand in einem Labyrinth aus Räumen, die üppig möbliert waren mit kunstvoll gezimmerten Tischen und Wandschirmen aus Lackarbeit, mit Regalen voller kostbarem Porzellan, chinesischen Vasen und Figurinen aus Jade sowie mit Schränken, die vollgestopft waren mit Seidenkleidung, die ein Kaufmann wie Ogita gar nicht tragen durfte.
    »Vielleicht wollte Ogita nicht, dass wir diese Sachen hier sehen«, meinte Fukida. »Er hat gegen die Luxusgesetze verstoßen.«
    »Nicht nur gegen die Luxusgesetze«, meldete Marume sich zu Wort und hielt mehrere Schwerter in die Höhe, die er in einer Truhe entdeckt hatte, obwohl die Gesetze nur Samurai den Besitz von Schwertern erlaubten.
    »Kümmert euch nicht um solche Dinge.« Sano drehte sich um und rief seinen Soldaten zu: »Wir müssen die Gemahlin des Shōgun finden! Durchsucht das Haus! Stellt alles auf den Kopf, falls nötig!«
    Auf einem der Flure traf er auf Ogita. »Selbst wenn ich die Gattin des Shōgun entführt hätte«, sagte der Reisgroßhändler, »könnt Ihr doch nicht ernsthaft annehmen, ich würde sie ausgerechnet hier festhalten?«
    »Doch. Denn in Eurem Haus würde man zuletzt suchen, eben weil es ein so unwahrscheinliches Versteck ist.«
    »Dann tobt Euch meinetwegen nach Herzenslust aus. Aber Ihr verschwendet nur Eure Zeit.«
    »Wir werden sehen. Zeigt mir Eure Privatgemächer.«
    Ogita führte Sano zu einem Schlafzimmer, das an eine Schreibstube angrenzte. Ein Balkon gewährte den Blick auf Ogitas Lagerhaus und auf den Fluss. Verglichen mit den anderen Gemächern im Haus war das Schlafzimmer trist und schmucklos. Es war nur mit Seidenkissen und paar Tischen ausgestattet, die in die Ecken geschoben worden waren. In eine Wand waren Schränke eingelassen, die Sano sich näher anschaute.
    »Ihr seht ja, hier drinnen ist nicht genug Platz, um jemanden zu verstecken«, sagte Ogita. »Ich weiß gar nicht, was Ihr hier finden wollt.«
    Das wusste Sano auch nicht. Als er den Blick durch das Zimmer schweifen ließ, entdeckte er einen Bereich, in dem die tatami-Matten, mit denen der Fußboden ausgelegt war, ein Stück verschoben waren. Sano kniete sich hin, hob eine der Matten ein Stückchen

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