Der Wüstenpalast
Wortschwall von Laila auf Arabisch.
“Was sagt sie?”, flüsterte Bethany hilflos.
“Verzeih mir, wenn ich dir das lieber nicht übersetze.” Mit grimmiger Miene setzte Razul sich in Richtung auf den wartenden Hubschrauber in Bewegung und überließ es Bethany, ihm zu folgen.
Hinter ihnen hob die Musik wieder an, und die Hochzeitsfeier ging weiter.
“Razul …?”
Er blieb stehen, bis Bethany ihn außer Atem eingeholt hatte.
“Du willst wissen, was jetzt passiert? Das ist ganz einfach. Am Ende des Sommers lasse ich mich von dir scheiden. Du gehst nach Hause. Ich nehme eine andere Frau. Und ich werde diesen törichten, dummen Fehler hinter mir lassen.”
Eine andere Frau? Fassungslos starrte Bethany dahin, wo Razul eben noch gestanden hatte. Doch dieser war bereits im Begriff, sich auf den Sitz neben dem Piloten zu schwingen.
Sehr viel langsamer kletterte Bethany auf den Rücksitz, wo Zulema sich bald zu ihr gesellte. Die Rotorblätter, die sich mit einem ohrenbetäubenden Aufheulen zu drehen begannen, verhinderten gnädigerweise jedes weitere Gespräch.
6. KAPITEL
Der Flug war nur kurz. Bethany stieg aus dem Hubschrauber, ihr schönes Gesicht starr wie heller Marmor. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie woanders war als erwartet. Sie war umgeben von prachtvollen, in Terrassen angelegten Gärten, die ihr gänzlich unbekannt waren. Tamarisken und Palmen ragten hoch auf über üppigen, grünen Grasflächen und wild wuchernden tropischen Blumen.
“Das hier ist nicht der Palast …” Bethany wandte sich um, sah jedoch, dass Razul zurückgeblieben war.
Er sprach in ein Handy, sein Tonfall schroff, die Gesichtsmuskeln angespannt unter der bronzefarbenen Haut. Mit wem auch immer er gerade reden mochte, erfreulich war die Unterhaltung anscheinend nicht.
Zulema antwortete Bethany: “Der Königspalast ist nicht weit entfernt. Dieser Palast ist jetzt das Heim von Prinz Razul. Hier hat seine Mutter gelebt. Sie starb kurz nach der Geburt des Prinzen. Der König versiegelte diesen Palast, nahm seinen kleinen Sohn mit und kehrte zurück in den alten Palast. Das war sehr traurig, denn er ist sehr schön, nein?”
“Nein … Ich meine, doch, ja.”
Razul war also ohne Mutter aufgewachsen. Bethany erstickte einen Anfall von Mitgefühl im Keim. Was geht mich das an, dachte sie ärgerlich, während sie eine flache Treppe hinaufging und durch einen aus Stein gehauenen Eingang einen atemberaubend schönen, mit Marmor ausgelegten Hof betrat, um den herum ein bogenförmiger Kreuzgang verlief.
Glänzende Kacheln bedeckten jede Wand. Wasser, das aus einer Fontäne in der Mitte eines großen Beckens hervorsprudelte, plätscherte leise in der Stille. Dahinter befand sich ein weiterer Torbogen, der zu einer großartigen Halle führte, deren Breite und Länge imposant waren.
Von hier aus schlenderte Bethany durch die Tür, die ihr am nächsten war, in einen großen Raum und fand sich zu ihrem nicht unbeträchtlichen Erstaunen umringt von antiken Möbelstücken, die jedem englischen Herrenhaus alle Ehre gemacht hätten.
“Der Prinz sagt mir, dies ist ein Salon”, erklärte Zulema. “Wir haben viele Salons hier.”
“Wundervoll”, murmelte Bethany lahm, durchquerte die Halle erneut und trat in einen ausgesprochen traditionell eingerichteten, arabischen Empfangsraum mit einer in den Fußboden eingelassenen Kaffeekochstelle, zahllosen Kissen und der üblichen Möbelknappheit.
Dasselbe Muster zog sich der Länge nach zu beiden Seiten der großen Eingangshalle durch. Auf der einen Seite waren die Räume ausnahmslos westlich eingerichtet, und auf der andern herrschte der einfachere islamische Stil.
Eigenartig, dachte Bethany, nachdem sie wieder nach draußen gegangen war. Ob die westliche Hälfte zur Unterbringung ausländischer Würdenträger dient?
Bei dem Geräusch von Schritten, die sich näherten, während sie versunken vor dem Springbrunnen stand, wandte sie sich um.
In einigen Metern Entfernung blieb Razul stehen. Sein Blick wirkte verschlossen, und seine ganze Haltung drückte Argwohn, Abwehr und Kampfbereitschaft aus.
“Jetzt sag mir, warum du nicht gegangen bist, als du die Gelegenheit dazu hattest”, befahl er.
“Das ist im Augenblick vollkommen irrelevant”, gab Bethany mit zusammengebissenen Zähnen zurück.
“Ich warne dich. Jetzt, da du meine Frau bist, werde ich deinen Ausflüchten weniger tolerant gegenüberstehen.”
Den Kopf zurückgeworfen, funkelte Bethany ihn an. “Das ist ja so typisch,
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