Der Wuestenplanet - Paul Atreides
Sobald ich die Geschichte niedergeschrieben habe, werden die Menschen sie glauben, also muss ich gut achtgeben.«
»Auf die Fakten oder auf die politischen Aspekte?«, fragte Alia verschmitzt.
»Das eine wirkt sich auf das andere aus.« Irulan trat etwas näher an den Tank heran. »Warum hältst du dir diese Tiere?«
»Ich spiele gerne mit ihnen. Sie haben mich noch nie gestochen.«
Irulan wirkte bestürzt, aber das war nichts Neues. Die Prinzessin wusste immer noch nicht genau, wie sie mit Pauls Schwester umgehen sollte, die angeblich ihre Schwägerin war. Gelegentlich brachte Irulan ihr sogar mütterliche Gefühle entgegen, und Alia war sich nie sicher, ob sie aufrichtig waren oder nicht. Irulan schien sich dadurch keinen Vorteil zu verschaffen, und dennoch ...
»Du spielst mit der Tatsache, dass du mehr als nur ein Kind bist, aber ein Teil von dir ist immer noch ein kleines Mädchen – oder möchte es sein. Ich hatte vier jüngere Schwestern, mit denen ich normal umgehen konnte, mit denen ich mich zanken und denen ich Geheimnisse anvertrauen konnte, wenn wir im Imperialen Palast einmal nicht von irgendeinem Kindermädchen oder Wachmann beaufsichtigt wurden. Es macht mich traurig, dass du nicht viel von deiner Kindheit hast, Alia.«
Mit einer schnellen Handbewegung strich Alia sich die Skorpione vom Arm, um sie wieder zwischen die Steine des trockenen Aquariums zu befördern. Aufgeregt und desorientiert, weil sie nicht verstanden, was plötzlich mit ihrer Welt geschehen war, bekämpften sich die Tiere. Sie ließen die Scheren klicken und bedrohten sich mit ihren Giftstacheln.
»Ich habe viele Kindheiten in mir – in den Weitergehenden Erinnerungen.« Alia konnte sich einen spöttischen Zusatz nicht verkneifen. »Eines Tages wirst auch du das verstehen, Irulan, falls du jemals eine Ehrwürdige Mutter wirst.«
Die Prinzessin schluckte den Köder nicht. »Ich verstehe, dass du das so siehst, kleine Alia. Ich weiß, dass du vieles aus den Weitergehenden Erinnerungen lernen kannst – vieles, aber nicht alles. Eine eigene Kindheit lässt sich durch nichts ersetzen.«
39
Die Wüste radiert alle Fußspuren aus.
Prinzessin Irulan, Das Handbuch des Muad'dib
Sietch Tabr.
Dort hatten Paul und seine Mutter vor vielen Jahren Zuflucht gefunden, nachdem sie den Harkonnens entkommen waren. Vorher war der isolierte Sietch nicht mehr als eine von zahlreichen Fremen-Siedlungen gewesen, die sich kaum von den anderen unterschied. Doch nun wurde Tabr als heiliger Ort betrachtet. Ich verändere alles, was ich berühre, dachte Paul.
Durch das Traditionsbewusstsein der Fremen war der Sietch intakt geblieben, obwohl die gewaltige Zitadelle und der Regierungskomplex unter der meisterhaften Aufsicht von Whitmore Bludd immer größer wurden. Nachdem Stilgar auf Bela Tegeuse und Gurney auf Giedi Primus zu tun hatten und nur noch Alia hiergeblieben war, um die Regierungsgeschäfte zu überwachen, kamen Paul und Chani in den Sietch, wenn sie sich wieder an den Geschmack und die Düfte des Lebens in der Wüste erinnern wollten. Sie suchten die Verbindung zu sich selbst und wollten die Verbindung zu dem Unsinn kappen, der um Paul herum immer mehr zunahm. Zum Djihad ... zu dem Monstrum, das zu einem Teil von ihm wurde, als würde ihm eine zweite Haut wachsen. Die Fremen würden den mystischen Hintergrund des Bedürfnisses verstehen, ein Refugium für die Seele zu finden.
Nachdem Chani und er sich in ihren alten Unterkünften in den Felshöhlen eingerichtet hatten – sogar der altvertraute Türvorhang war noch vorhanden –, brauchte Paul keine hellseherischen Fähigkeiten, um zu ahnen, dass man ihren derzeitigen Frieden schon bald stören würde.
Aus praktischen Gründen hatte Paul bekanntgegeben, dass er Sietch Tabr besuchen wollte, um die verstärkte Gewürzförderung in der Wüste zu beobachten, um die Arbeiter und Vorarbeiter zu loben, um ihre Erfolge zu bewundern und ihre Verluste zu betrauern. Die Melange, das Blut seines Imperiums, floss weiterhin durch die Adern des Universums.
Dayef, der derzeitige Naib der Siedlung, hatte zum Ausdruck gebracht, wie gern er Muad'dib zu den Gewürzfeldern mitnehmen würde. Paul und Chani legten traditionelle Wüstenkleidung an, nahmen Überlebenssätze mit und überprüften ihre Destillanzüge. Obwohl er von einer Armee aus Wachleuten, Assistenten und Beobachtern begleitet werden sollte, erlaubten seine alten Gewohnheiten es ihm nicht, sich sorglos zu verhalten, wenn er sich
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