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Der wunderbare Massenselbstmord

Titel: Der wunderbare Massenselbstmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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beibringen könnte? Piippo ging auf, dass ihm in diesem Augenblick die sensationelle Idee eines Nerzzir­ kus gekommen war. Geeignete Tiere hatte er auf seiner Farm mehr als genug, es bedurfte nur langfristiger Arbeit.
    Piippo verlegte fünfzig der lebhaftesten Tiere in die Scheune, wo er für sie Nester und einen Futterplatz einrichtete. Er verstopfte alle Löcher, um zu verhindern, dass sie aus dem großen Gebäude entkamen. Nun konnten die Nerze frei in der riesigen Halle umherlaufen, was sie auch sofort taten. Es war deutlich sichtbar, wie sie die Bewegungsfreiheit genossen, sie flitzten an den Wänden hoch und kletterten auf die Deckenbalken. Sie waren wesentlich lebhafter als die kleinen Affen in dem holländischen Zoo.
    Sakari Piippo begann, seine Farmtiere zu Zirkusarti­ sten auszubilden. Nach seinen Plänen sollten die Nerze allerlei lustige Possen lernen, wie es im Zirkus Brauch ist: Sie sollten hintereinander durch einen Reifen sprin­
    gen, zur Musik tanzen, verschiedene Figuren bilden und dergleichen. Er hatte früher mehrfach Jagdhunde aus­ gebildet und wusste, dass es nicht leicht ist, einem Tier etwas beizubringen, man braucht unendlich viel Geduld, aber zumindest die Hunde hatten schließlich allerlei Fähigkeiten erlernt.
    Piippo las jede Menge Fachliteratur und gelangte zu der Überzeugung, dass ein reisender Nerzzirkus Chan­ cen hatte, es war eine eindeutige Marktlücke. In Finn-land waren ständig Schlangenausstellungen unterwegs,
    die ihren Besitzern vermutlich eine tüchtige Summe Geld einbrachten. Piippo hatte die ekligen Kriechtiere gesehen. Nerze waren viel hübscher als die zusammen­ gerollten trägen Schlangen, die leblos in ihrem Korb lagen und nie Possen und Kunststücke lernen würden. Der Farmer träumte wohlgemut von seinem künftigen Erfolg als Direktor eines Nerzzirkus.
    Für den Transport wollte er einen gewöhnlichen Kom­ biwagen benutzen, das würde nicht so teuer werden wie bei den großen Tierzirkusunternehmen, die zum Beispiel viel Geld in den Transport der Elefanten investieren mussten. Außerdem war das Nerzfutter billig. Die Tiere fraßen nur ein Hundertstel von dem, was Elefanten brauchten, und man musste sie nicht waschen, sondern sie leckten sich ihr Fell selbst sauber. Aber vor allem war das Ganze ein tierfreundliches Projekt: Die Tiere brauchten nicht in engen Käfigen zu leben, sondern sie bekämen reichlich Eindrücke von außen und würden etwas von der Welt sehen. Die Tierschützer könnten gegen diese neue Art, sich die niedlichen Pelztiere zu­ nutze zu machen, keine Einwände mehr haben. Piippo überredete seine Frau, die Tiere vorzuführen – sie war von der Figur her ganz gut für die Aufgabe geeignet. Er ließ in einer Pelzverarbeitungswerkstatt ein Auftrittsko­ stüm für sie anfertigen – natürlich aus Nerzfellen. Es bestand aus langen weißen Stiefeln, Tanga und BH sowie einem weißen Umhang. Als Kopfbedeckung gehör­ te dazu ein natürlich mit Fell verzierter Stetsonhut. Seine Frau genierte sich zunächst, als sie die Sachen anzog. Das Kostüm war unleugbar sehr sexy. Aus einer Bauersfrau wurde eine strahlende Schönheit.
    Sorjonen und Rellonen baten den Zirkusdirektor, ih­ nen und der ganzen Gruppe die Ergebnisse seiner Arbeit vorzustellen. Piippo hatte keine rechte Lust dazu. Er beklagte, dass die Ausbildung der Nerze viel schwieriger war als die von Hunden. Die Nerze waren eigensinnige Geschöpfe, sie hörten nicht auf die Befehle des Trainers und vergaßen schnell wieder, was sie gelernt hatten. Im Grunde genommen waren sie gleichgültige Raubtiere, und an ihren Wesenseigenheiten war die ganze großarti­ ge Idee denn auch gescheitert.
    Widerwillig kam Piippo mit hinaus, um seine Scheune zu zeigen, in der er seit fast anderthalb Jahren Zirkus­ nerze ausbildete. Die Selbstmörder folgten ihm. Sie mussten schnell durch die Tür hineinschlüpfen, damit die Nerze nicht entwischen konnten. Hin und wieder war das vorgekommen, die Tiere waren einfach zu flink.
    Der Zirkusdirektor knipste in der großen Scheune das Licht an. Die Halle wirkte zunächst leer. An der Wand stand eine Reihe von Käfigen, in denen Schlafplätze für die widerspenstigen Zirkusartisten eingerichtet waren. Der Futterplatz befand sich im hinteren Teil der Scheu­ ne. Es roch stark nach Raubtierurin.
    Piippo rief die Nerze zunächst aus ihren Verstecken. »Aufstellen, hopp!«
    Misstrauische Nerzschnäuzchen lugten hinter den Kä­ figen, den Deckenbalken und aus anderen

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