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Der wunderbare Massenselbstmord

Titel: Der wunderbare Massenselbstmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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seiner Beglei­ tung für den siegreichen Kampf, der ihnen hoffentlich endlich Ruhe vor den Hooligans bescheren würde, die in der Vergangenheit das Motel terrorisiert hatten. Sie äußerten die Hoffnung, dass die Finnen auch künftig das Haus frequentieren würden.
    Zum Essen wurde ein hauseigener leichter Rotwein getrunken, den der Wirt als den besten der Region pries. Seine Familie baute ihn seit Hunderten von Jahren an.
    Im Verlaufe der Mahlzeit erkundigte sich der zufrie­ dene Gastgeber, wer die Finnen seien. Ihm war der wilde Kampfesgeist seiner Gäste aufgefallen, und er wollte wissen, worauf sich der begründete.
    Der Oberst hob sein Glas und erklärte, dass er die Gruppe der Anonymen Sterblichen leite. Auf den Hinter­ grund der Mitglieder wollte er nicht näher eingehen.
    »Ja… sterblich sind wir alle«, bestätigte der Wirt. 27
    Die Anonymen Sterblichen versammelten sich erst gegen Mittag im Frühstücksraum. Die Gesichter der Männer waren wund und voller blauer Flecke. Der Oberst hatte eine Schramme an der Schläfe, der Kapitän zu Lande hinkte, Uula Lismanki klagte über Schmerzen in der Leistengegend und Jarl Hautala über seinen Rücken. Letzterer schämte sich außerdem, dass er sich hatte hinreißen lassen, an einer so primitiven Schlägerei teilzunehmen. Er hatte sein Leben lang den Friedensge­ danken unterstützt und ertappte sich nun auf einmal dabei, wie er an der Seite Jüngerer mit einem Holzscheit um sich schlug. Hautala erklärte, dass Kriege auf die gleiche Weise wie die gestrige Schlägerei entstünden: Auf Ärger folgt Gruppenhass und darauf Kampf.
    Die Beulen wurden mit Borwasser behandelt und die Schrammen mit einem Pflaster beklebt. Dann wurden die Reste des Ferkels vom vergangenen Abend verzehrt, ein paar Gläser vom Hauswein getrunken, und schon ging es los. Korpela erinnerte daran, dass der Tod warte­ te.
    Man fuhr durch Deutschlands schönste Landschaften in Richtung Süden. Bei Würzburg verließ Korpela die Autobahn und folgte der berühmten Romantischen Straße, an der zahlreiche historische Schlösser standen. Die Selbstmörder seufzten vor Entzücken beim Anblick der adretten Dörfer mit ihren hübschen Häusern. Sie stellten sich vor, was passieren würde, wenn auch nur tausend Finnen aus einer städtischen Neubausiedlung in diese Gegend ziehen würden. Dann wären die Se­ henswürdigkeiten der Romantischen Straße innerhalb eines Tages mit Farbe beschmiert, und alle schönen Details – die dekorativen Gartenhäuschen, die Kirchen­ zäune, Weinstöcke – wären zertreten. Auch den alten Mütterchen, die noch beide Kriege erlebt hatten, würde der Garaus gemacht.
    Spätabends gelangten die Reisenden in den Schwarz­ wald. Es war schon finster, und die hohen Wälder an den Berghängen wirkten in ihrer Dunkelheit heimatlich beschützend. Ein Finne fühlt sich nämlich umso siche­ rer, je dunkler der Wald ist, der ihn umgibt. Hier nah-men die jahrhundertealten unberührten Säulentannen die Bürger des Holzindustrielandes freundlich auf. Schmale Straßen schlängelten sich zwischen Berghän­ gen und Feldrainen hindurch. Hier und dort lagen mär­ chenhaft schöne Dörfer. In kurzen Abständen fuhren sie an Gasthäusern vorbei, aber die waren so klein, dass nicht die ganze Gruppe unterkommen konnte. Auf einer Schafweide am Rande eines hübschen Dorfes fand sich Platz für das Mannschaftszelt. Die Frauen konnten im kleinen örtlichen Gasthaus untergebracht werden, die Männer legten sich in das kühle Zelt.
    Am Morgen wurden sie vom Krähen der Hähne ge­ weckt. Sie wuschen sich im Gebirgsbach und aßen zum Frühstück von Uula Lismankis eingesalzenen kleinen Maränen aus dem Inarisee. Diese waren genauso schwarz wie die umstehenden Tannen.
    Die blauen Flecken auf den Gesichtern der Männer hatten sich noch dunkler gefärbt. Die Männer wagten sich nicht recht unter die Leute, sondern warteten dar-auf, dass die Frauen mit ihrem Gasthausfrühstück fertig wären und herüberkämen. Als die Frauen erschienen, bestätigten sie, dass die Männer wie eine Horde furcht­ erregender Räuber aussahen.
    Die Spuren der Massenschlägerei waren jetzt zu voller Blüte gereift. Alle Männer hatten Schwellungen unter­ schiedlicher Abstufungen im Gesicht, die Veilchen leuchteten bei einigen dunkelblau, bei anderen gelb­ grün, bei manchen wirkten sie bedrohlich schwarzrot wie Blutergüsse. Die Glieder schmerzten, und so man-cher Krieger hinkte beim Gehen.
    Korpela, der eine

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