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Der wunderbare Massenselbstmord

Titel: Der wunderbare Massenselbstmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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tranken Dosenbier. Lautes Gebrüll erfüllte das ganze Erdgeschoss des Motels. Die Ankömmlinge fingen an, die Finnen zu schubsen und vom Empfangstresen wegzudrängen. Das gefiel Uula Lismanki nicht. Er knurrte den Burschen, der ihm am nächsten stand, barsch an:
    »Sprechen das Saami? Achtung! Ausfahrt!« Dafür kriegte Uula einen derben Tritt in die Leisten­
    gegend. Der Rentiermann ging zu Boden. Kapitän Heik­ kinen und Feldwebel Korvanen eilten ihm zu Hilfe. Der Oberst bat den Besitzer des Motels, die Polizei zu rufen. Er betonte, dass seine Reisegesellschaft nicht die Ab­
    sicht habe, das Motel zu verlassen. Sie seien ohne Un­ terbrechung vom Norden Skandinaviens bis hierher gefahren, sie seien müde und wollten die kommende Nacht in Ruhe schlafen. Stattdessen müssten die ge­ walttätigen Eindringlinge nach dieser Ruhestörung vertrieben werden.
    Der Wirt rief auf dem Polizeirevier von Walsrode an, wo man ihm erklärte, dass man niemanden schicken könne, alle verfügbaren Männer seien auf der Autobahn, um die zahlreichen Massenkarambolagen aufzunehmen. Im Motel müsse man vorläufig versuchen, allein mit dem Problem fertig zu werden.
    Der Oberst verkündete entschlossen, dass seine Gruppe das Haus zumindest nicht freiwillig verlassen werde.
    Die Fußballrowdys wurden jetzt richtig unverschämt. Sie schmissen das Reisegepäck der Finnen nach drau­ ßen in den Regen und begannen auch diese selbst hin­ auszudrängen. Da wurden die Fäuste eingesetzt, ein Tisch kippte um, das Klirren von zerbrechendem Glas war zu hören. Die Frauen flüchteten nach draußen, einer der Glatzköpfe zerrte Helena Puusaari an den Haaren und trat ihr in den Hintern.
    Der Oberst zog sich mit seiner Gruppe geordnet zu­ rück. Die Frauen wurden hinter dem Motel in Sicherheit gebracht, wo sich ein Lager- und Fabrikgelände befand. Korpela fuhr auch seinen Bus dorthin.
    Man hielt eine kurze Beratung ab, während der man feststellte, dass die Anonymen Sterblichen Ziel eines gewalttätigen Angriffs geworden waren. Ihre Unabhän­ gigkeit war in Gefahr. Aufgrund dieses Sachverhalts rief der Oberst den Kriegszustand aus. Es folgte eine eilige Bewaffnung. An die Männer wurden trockene Birken­ scheite als Hiebwaffen ausgeteilt. Der Oberst erklärte, dass man den Feind nicht zu schonen brauchte, wenn man in Kürze das Hotel stürmen würde:
    »Ihr schlagt am besten auf die Schultern und setzt dabei so viel Kraft ein, dass die Scheite Funken sprü­ hen.«
    Der Oberst teilte seine finnische Streitmacht in drei Gruppen ein, zu jeder zählte ein halbes Dutzend Mit­ glieder. Die erste Gruppe sollte Feldwebel d. R. Korvanen leiten, zum Anführer der zweiten Gruppe ernannte er Grenzjäger Taisto Rääseikköinen, die dritte Gruppe stellte er unter das Kommando von Korpela. Der Kapitän zu Lande, Heikkinen, wurde zum Chef der Nachschub­ einheit ernannt. Uula Lismanki stieg zum Melder auf, der die Pflicht und auch den eigenen Wunsch hatte, im Bedarfsfall in den Kampf einzugreifen. Die Frauen bilde­ ten auf dem Fabrikgelände im Schutz des Busses die Truppenverbandsstelle für den Fall, dass es Verwundete oder Tote gebe. Alles war möglich, denn der Gegner war zahlenmäßig doppelt so stark. Außerdem war der Feind jünger, während es in Oberst Kemppainens Truppe viele alte, zum Landsturm zu zählende Männer gab. Aber aus militärischer Sicht war die finnische Seite besser ausge­ bildet, sie wurde von einem hochrangigen Offizier ge­ führt, und auch die Gruppenkommandeure hatten Berufserfahrung.
    Das Kampfgebiet selbst war für den kommenden Zu­ sammenstoß außerordentlich günstig. Das Motel lag auf ebenem Boden. Dahinter befand sich ein als Rückhalt geeignetes Fabrikviertel. Auf der anderen Seite erstreck­ ten sich dichte Weingärten, in die man sich im Bedarfs­ fall zurückziehen konnte. Eine Landstraße trennte das Operationsgebiet vom Wald, der ebenfalls als Rückzugs­ ort dienen konnte.
    Zu Beginn das Kampfes war das Wetter für den An­ greifer ideal. Es regnete immer noch heftig, die Sicht war bei Einsetzen der Dämmerung schlecht. Der Oberst sah auf die Uhr, sie zeigte im entscheidenden Moment
    18.35. Er ordnete seine Streitkräfte so, dass sich Feld-webel Korvanens Gruppe an der Ecke des Motels, nahe der Eingangstür, postierte. Grenzjäger Rääseikköinens Leute gruppierten sich hinter der Landstraße und hiel­ ten sich bereit, hineinzustürmen, sowie der Gefechts­ kopf den Weg frei gemacht hätte. Korpelas Gruppe

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