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Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Titel: Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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Sein Name lautete Dr Henry Monroe.
    In Begleitung zweier Assistenten, die Lederschürzen mit verdächtigen Flecken trugen, hatte er Burton, Burke und Hare durch den Nord-, den Ost- und den Südflügel der Anstalt geführt. Nun schritten sie an einer Reihe verschlossener Türen vorbei in den Westtrakt. Bislang hatte die Inspektion vier Stunden in Anspruch genommen. Vier Stunden voll Geschrei, Geheul, Gebrüll, Stöhnen, Brabbeln, Knurren, Zischen, Schluchzen, Gotteslästerungen, Flehen, Drohungen und Verzweiflung – kurzum: voll misstönendem Wahnsinn.
    Burton fürchtete, seine eigene geistige Gesundheit könnte unter dem fauligen Gestank und dem endlosen Ansturm von Irrsinn zusammenbrechen, und als er zu seinen Gefährten spähte, sah er, dass auch seine sonst so phlegmatischen Begleiter, Burke und Hare, Anzeichen von Unbehagen erkennen ließen.
    »Halten Sie durch«, flüsterte er Hare ins Ohr. »Die Person, nach der wir suchen, muss sich in diesem Flügel aufhalten. Lange müssen wir diesen Höllenlärm nicht mehr ertragen.«
    Hare sah ihn kläglich an, beugte sich zu ihm und erwiderte leise: »Es liegt nicht am Lärm, Captain. Es liegt an diesem … diesem Anzug , in den Sie mich gesteckt haben. Ausgesprochen unkleidsam! Ohne die Krawatte, die Sie mir zum Glück gestattet haben zu tragen, würde ich mich kaum wie ich selbst fühlen!«
    Monroe schloss die letzte Tür des düsteren Korridors auf, der vom Südtrakt nach Westen führte. Er drehte sich seinen dreiBesuchern zu, erhob die Stimme über den allgemeinen Radau, der hinter der Tür hervordrang, und wiederholte zum x-ten Mal: »Ganz ehrlich, meine Herren, ich begreife nicht, weshalb diese … zuck!  … Inspektion nötig ist. Die Letzte war vor weniger als einem Jahr, und dabei wurde festgestellt, dass alles astrein und in bester Ordnung ist. Tatsächlich wurden sogar bemerkenswerte Verbesserungen in der Einrichtung vermerkt.«
    Burton, der eine braune Perücke und einen langen falschen Bart trug, gab zurück: »Wie ich schon sagte, es handelt sich lediglich um eine Formalität. Bei einem kleinen Brand gingen Unterlagen verloren, und wir sind verpflichtet, sie zu ersetzen. Dafür müssen wir die Inspektion wiederholen. Ich kann nachvollziehen, dass Ihnen das Unannehmlichkeiten bereitet, aber es führt kein Weg daran vorbei.«
    »Verstehen Sie mich nicht falsch – ich versuche nicht, der Inspektion zu entgehen«, erwiderte Monroe. »Wir haben nichts zu verbergen. Im Gegenteil, ich bin ausgesprochen stolz auf die Arbeit, die wir hier leisten, und zeige sie mit Freuden. Sie scheinen mir nur unnötig gründlicher als Ihre Vorgänger zu sein, und alles, was die übliche Routine des Krankenhauses stört, ist, nun, ein wenig …« Er hielt urplötzlich inne, verzog den Mund, riss den Kopf nach unten und grunzte: » Chhrroink! – … beunruhigend für die Insassen.«
    »Wir halten uns lediglich an die Regierungsvorschriften, Doktor.«
    »Das mag sein, wie es will, ich möchte, dass Sie protokollieren, dass ich meinen Pflichten gewissenhaft nachkomme, dass dieses Krankenhaus seinen Patienten einen überaus hohen Standard der Betreuung bietet und dass solche Störungen einen potenziell schädlichen Einfluss haben.«
    »Das will ich gerne tun.«
    Ein wenig beschwichtigt lächelte Monroe, verzog das Gesicht erneut, zuckte mit dem Kopf und sagte nach einem weiteren Grunzen: » Chhrroink!  – Sie werden feststellen, dass sich in diesem Teil der Einrichtung weniger Patienten aufhalten. Allerdings muss ich Sie davor warnen, dass die Unglückseligen, die in diesen Stationen untergebracht sind, zu den am schwersten Gestörten gehören und äußerst gewalttätig sein können. Bitte nehmen Sie deshalb davon Abstand, Blickkontakt mit ihnen herzustellen. Das ist auch der Grund dafür, dass wir hier keinen Gemeinschaftsraum haben, nur Einzelzimmer.«
    Damit führte er seine Besucher in einen dreckigen, von Zellen gesäumten Korridor, wo sie von der leitenden Pflegerin dieses Abschnitts mit einem Knicks begrüßt wurden. Burton, Burke und Hare gingen von Tür zu Tür, spähten in die kahlen quadratischen Räume und bemühten sich inständig, die Abscheulichkeiten zu ignorieren, die ihre Augen und Ohren von drinnen bestürmten.
    So setzte es sich Korridor für Korridor fort. In jedem trafen sie auf weitere Pflegerinnen, weitere Zellen, weitere Verwahrlosung, weiteres Grauen.
    Burton ging mit den Armen eng vor der Brust verschränkt und presste die Hände gegen die Rippen,

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