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Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Titel: Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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eng, und wenngleich die Schminke aus seinem Necessaire, das er stets bei sich trug, seine Narben überdeckt und seine Augen und Wangen in die eines ausgemergelten Trinkers verwandelt hatte, waren seine Pupillen beinahe schwarz, während die von Doyle ein helles wässriges Blau aufwiesen. Daher fühlte er sich ziemlich nervös, als er an die Tür klopfte.
    Es war dunkel, und auf den Straßen herrschte Stille. Aus der Ferne hallten die wummernden Laute eines polizeilichen Rotorschiffs durch die Luft.
    Die Tür öffnete sich, und im Licht einer Gaslampe zeichnete sich der Umriss eines Mannes ab. »Ja?«
    »Komme ich zu spät?«
    »Ja. Wir haben schon gewartet.«
    »Der Aufstand …«
    »Ich weiß. Kommen Sie herein. Lassen Sie Ihren Hut und Ihren Stock auf der Ablage.«
    Burton trat ein.
    »Setzen Sie die auf. Keine Namen. Sie kennen ja die Regeln.«
    Burton wurde eine schwarze Maske aus Krepp gereicht. Er brachte sie über den Augen an und knotete die Bänder hinter dem Kopf zusammen. Innerlich seufzte er vor Erleichterung. Nun fühlte er sich in seiner Verkleidung wesentlich sicherer.
    Der andere Mann schloss die Tür und drehte sich zu Burton um, wodurch sich offenbarte, dass auch er eine Maske trug.
    »Folgen Sie mir.«
    Der Agent des Königs wurde durch einen Empfangsraum in einen großen Salon geführt, in dem eine dichte Wolke aus Tabakrauch trieb. In der Mitte des Raumes stand ein großer Tisch mit sieben darum angeordneten Stühlen. Zwei Männer hielten sich neben einem Sekretär auf, drei weitere neben einem Kamin. Alle waren nach Art der Aufrührer gekleidet und trugen Masken. Sie drehten sich um, als Burton eintrat.
    »Meine Herren, wir können anfangen«, verkündete der Mann, der dem königlichen Agenten die Tür geöffnet hatte. »Bitte stellen Sie Ihre Getränke beiseite, löschen Sie Ihre Zigarren und nehmen Sie am Tisch Ihre Plätze ein.«
    Alle taten, wie ihnen geheißen, während der Gastgeber die Gaslampen herunterregelte, bis nahezu völlige Finsternis im Raum herrschte. Seine Gäste bewegten sich auf die Stühle zu und setzten sich auf offenbar zuvor festgelegte Plätze. Burton hielt sich zurück, bis klar wurde, wo er sich niederlassen sollte.
    Es folgte ein Augenblick der Stille, nur durchbrochen vom Ticken einer Standuhr.
    »Ich beginne diese Versammlung so, wie ich jede Versammlung begonnen habe«, verkündete der Gastgeber in langsamer rhythmischer Sprechweise, als leite er ein Ritual ein. »Nämlich mit einer Absichtserklärung, denn wir unternehmen ein großesWerk. Diejenigen, die davor zurückscheuen, müssen sich daran erinnern, dass was wir tun zu gegebener Zeit dem größeren Wohl der Menschheit dienen wird.«
    »Dem größeren Wohl der Menschheit«, echoten die Versammelten.
    Burtons Kiefermuskulatur verhärtete sich. Er würde diese Wiederholungen erahnen und in den Chor mit einstimmen müssen.
    Jetzt bloß keinen Fehler machen!
    »Unser Schlagwort ist Freiheit.«
    »Freiheit!«
    »Unser Ziel ist Befreiung.«
    »Befreiung!«
    »Unsere Zukunft ist Anarchie.«
    »Anarchie!«
    »Bitte reichen Sie einander die Hand.«
    Burton streckte die Arme aus und spürte, wie seine Hände von seinen Sitznachbarn ergriffen wurden.
    »Wahre Freiheit entspringt nicht aus Rechten, die von den Gerichtshöfen eingeräumt werden, sondern aus dem völligen Fehlen von Gesetzen. Wahre Freiheit kann nicht von außen auferlegt werden, sondern muss von innen erblühen. Wahre Freiheit ist nicht das Privileg, etwas zu tun, sondern das Recht, alles zu dürfen. Wahre Freiheit kennt keine Grenzen, keine Vernunft, keine moralische Mitte, keinen Glauben, keine Zeit, keinen Ort, keinen Rang, keinen Gott.«
    »Keinen Gott«, ertönte der Chor.
    »Meine Herren, Regeln müssen gebrochen werden.«
    »Regeln müssen gebrochen werden.«
    »Der Anstand muss herausgefordert werden.«
    »Der Anstand muss herausgefordert werden.«
    »Der Status quo muss aus dem Gleichgewicht gebracht werden.«
    »Der Status quo muss aus dem Gleichgewicht gebracht werden.«
    »Wenngleich jeder von uns hier eine privilegierte Position einnimmt, müssen wir willens sein, sie zu opfern, auf dass die Menschheit voranschreiten kann, denn der Zyklus der Zeitalter dreht sich, und eine Zeit des Übergangs steht uns bevor.«
    Burton musste einen Aufschrei unterdrücken. Schon wieder diese Worte!
    »Jeder hat bei der großen Umwälzung, die da kommt, eine Rolle zu erfüllen. Jeder Teil ist unerlässlich für das Ganze. Zaudert nicht! Zweifelt nicht!

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