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Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Titel: Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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Kerzenschein.
    »Ich werde tun, was du von mir verlangst«, presste er nach einer langen Pause grollend hervor. »Aber unter einer Bedingung: Du sollst es sein, die das Maß der Abgabe bestimmt!«
    Die Greisin musterte ihren Ehemann und blinzelte verwirrt. »Was hat das zu heißen?«, rief sie. »Du willst, dass ich die Menge der jährlichen Spende wähle?«
    »In gewisser Weise. Ich fordere dich auf, die Grenzen der Felder abzuschreiten, von denen der Weizen zu entnehmen ist. Ich widme den Armen der Gemeinde die Erträge des gesamten Landes, das du umschließt. Du hast so lange Zeit, wie eine Fackel braucht um niederzubrennen, um solchermaßen den Umfang der milden Gabe zu bestimmen.«
    Lady Mabella japste entsetzt. »Was sagst du da? Gewiss kannst du nicht von mir erwarten, dass ich gehe!«
    »Dann kriech«, gab de Tichborne knurrend zurück. »Kriech!«
    Er ging zur Tür, riss sie auf und brüllte: »Schwestern! Holt die Herrin aus dem Bett und kleidet sie an! Sofort!«
    Die drei jungen Frauen, die vor dem Schlafgemach warteten, sahen einander verwirrt an.
    »Herr?«, stammelte eine. »Was … was …«
    »Keine Fragen, Frauenzimmer! Kleidet sie an und schafft sie flugs auf die Stufen des Hauses, oder bei Gott, ihr werdet leiden.«
    Damit stieß er sie beiseite, stapfte davon und rief nach Hobson, der ihm am Fuß der Treppe entgegenkam. Dem Kammerdiener hing ein zusammengerolltes blutiges Taschentuch aus dem linken Nasenloch.
    »Bring zwei Flaschen Bordeaux aus dem Keller, und zwar hurtig!«, befahl de Tichborne. »Ich bin draußen vor dem Haus.«
    Er lief den Korridor entlang, gesellte sich in der Bibliothek zu Medikus Jankyn und rief: »Folgt mir, Jankyn! Wir werden gleich köstlich unterhalten.«
    Damit führte er den verdatterten Arzt hinaus in die Eingangshalle.
    »Helft mir. Ich will diese Bank nach draußen schaffen.«
    Er zeigte auf eine Eichenbank neben der Wand in der Nähe des Eingangs. Zusammen hoben sie diese an und trugen sie durch die große Doppeltür und den Säulengang, die Stufen hinunter und über den Fahrweg zum Rand der Weizenfelder.
    »Setzt Euch, Mann!«
    Jankyn nahm Platz. Ihn schauderte. Der Himmel präsentierte sich klar, der Mond strahlte eine durchdringende Kälte aus.
    Junker Roger de Tichborne ließ sich neben dem Arzt nieder und kicherte in sich hinein.
    Hobson kam aus dem Schloss und brachte die Weinflaschen. De Tichborne nahm sie entgegen und reichte eine davon Jankyn.
    »Jetzt«, herrschte er den Kammerdiener an, »brauche ich drei Fackeln und einen Feuerstein, um sie anzuzünden. Beeil dich, du Narr!«
    Hobson wieselte davon.
    De Tichborne benutzte die Zähne, um den Korken aus der Flasche zu ziehen, dann trank er einen Schluck.
    »Trinkt!«, forderte er Jankyn im Befehlston auf.
    »Herr, ich …«
    »Trinkt!«
    Jankyn hob die Flasche an den Mund, zog den Korken heraus und nahm einen Schluck.
    Schweigend saßen sie da, bis der Kammerdiener zurückkehrte. De Tichborne steckte je eine Fackel auf jeder Seite der Bank in den Boden und zündete sie an. Die dritte sparte er auf und hielt sie in der Hand. Er entließ Hobson.
    »Ah!«, stieß er wenig später hervor, als er zum Haus zurückschaute.
    Medikus Jankyn drehte sich um. Was er sah, entlockte ihm einen Aufschrei der Bestürzung. Lady Mabella, gestützt von ihren Pflegerinnen, war durch die Tür herausgewankt und stieg die Stufen herab, eine gebrechliche Greisin, kaum mehr als ein in Gewänder gehülltes Skelett. Tatsächlich war sie kaum bekleidet und hatte sich lediglich einen Umhang über das Nachtgewand gezogen, ein Tuch um den Hals geschlungen und die Füße in Pantoffeln gesteckt.
    »Heilige Maria Muttergottes!«, rief Jankyn. »Was hat das zu bedeuten?«
    »Mischt Euch nicht ein, Medikus, ich warne Euch!«
    Jankyn hob die Flasche erneut an die Lippen, und diesmal trank er einen ausgiebigen Schluck.
    Sie warteten, während sich die Sterbende ihnen langsam und qualvoll näherte.
    »Sei gegrüßt, Weib!«, rief de Tichborne freudig. »Es ist eine schöne Nacht, wenngleich ein wenig frostig!« Er lachte.
    Die Frau, die ohne die Stütze ihrer Pflegerinnen vor seinen Füßen zu Boden gefallen wäre, stand zitternd vor ihm. »Du bist fest entschlossen, dies von mir zu verlangen?«
    »Du warst es, die auf die Spende bestanden hat«, erwiderte er. »Also lastet die Verantwortung zumindest in einem Anteil auf deinen Schultern. Willst du deinen letzten Wunsch zurückziehen?«
    »Nein.«
    »Dann nimm diese Fackel. Dort liegen die

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