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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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anderes in meinem Arbeitszimmer sauber machen. Ich habe meine Wahl mit Bedacht getroffen, und somit gibt es nun noch meine Dienerin Rerut, die einmal täglich unter der strengen Aufsicht eines Kriegers Deiner Majestät in mein Studierzimmer gelangt, um zu wischen und zu fegen.«
    »Wer hat den Befehl dazu erteilt?«
    »Ich, Majestät.«
    »Könnte es dieser Dienerin gelungen sein, den Plan zu stehlen?«
    »Unmöglich! Sie wird bei der Arbeit stets überwacht.«
    »Nun ja«, mischte sich Meritusir wieder in das Gespräch der beiden Männer ein, »ganz so stimmt das nicht. Mir ist des Öfteren schon aufgefallen, dass die Soldaten nicht ständig in der Tür stehen und ihr bei der Arbeit zusehen. Sie wissen, dass es Rerut niemals gelingen würde, unter ihrem Kleid eine Schriftrolle zu verstecken, ohne dass sie es mitbekommen. Also sind sie mit der Zeit etwas nachlässig geworden, aber ...« Nachdenklich strich sich Meritusir über ihren leicht gewölbten Leib.
    »Aber was?«, donnerte Ramses, der seinen Zorn kaum noch im Zaum halten konnte.
    Meritusir ignorierte seine Frage und dachte nach. Dabei starrte sie gedankenversunken vor sich auf die bunt gemusterten Fliesen des Bodens.
    »Ich habe gefragt, was du sagen wolltest, Meritusir!«
    Ohne den Blick von der Stelle zu wenden, auf die sie stierte, antwortete sie: »Bitte, Majestät, gewähre mir einen kleinen Moment Bedenkzeit. Ich muss kurz meine Gedanken sortieren.«
    Ramses schnaubte, sagte aber kein weiteres Wort. Stattdessen trommelte er nervös und zornig mit den Fingern auf der Tischplatte herum, sodass Amunhotep schon einen weiteren Wutanfall befürchtete.
    Endlich hob Meritusir wieder den Kopf und sah Ramses mit zusammengezogenen Augenbrauen grübelnd an. »Ich glaube, ich weiß, wie diese kleine Schlange es geschafft hat, den Bauplan zu stehlen.« Ihr Blick wanderte von Ramses zu ihrem Gemahl, der sie, genau wie der König, erstaunt anstarrte. »Wann haben wir uns das letzte Mal mit den Plänen für die Sarkophagkammer befasst?«
    Amunhotep dachte kurz nach. »Das ist schon einige Zeit her. Ich würde sogar sagen, es sind seitdem ein paar Monate vergangen.«
    »Ja, Amunhotep, ein paar Monate. Das denke ich auch. Wir hatten uns damals noch einmal über den Zugang zur Grabkammer unterhalten und ein oder zwei kleine Änderungen vorgenommen, die ich am nächsten Morgen in den Plan eingearbeitet habe. Ich entsinne mich, dass es plötzlich an der Tür klopfte. Einer der Wachposten erkundigte sich, ob Rerut ins Arbeitszimmer dürfe, um sauber zu machen. Ich bejahte, denn ich war gerade fertig geworden. Ich habe den Papyrus zusammengerollt und ihn in die Truhe mit den Zeichnungen gelegt, die wir erst zum Schluss benötigen. Rerut war in diesem Moment bereits im Zimmer.« Triumphierend blickte Meritusir von ihrem Mann zum König. »Und seit jenem Morgen bin ich nie wieder an der Truhe gewesen, weil die Arbeiten an der letzten Kammer noch nicht begonnen haben.«
    »Ich ebenfalls nicht«, bestätigte der Hohepriester, der noch nicht recht begriff, worauf seine Gemahlin hinauswollte.
    »Ein paar Tage später«, fuhr Meritusir fort, »überraschte ich Rerut allein in unserem Arbeitszimmer. Der Wachposten meinte, sie würde putzen. Als ich jedoch eintrat, stand Rerut unterhalb eines der vergitterten Fenster. Sie hatte sich einen Stuhl und den kleinen Tisch herangezogen und reckte sich dem Gitter entgegen. Zu Tode erschrocken sah sie mich an, hatte sich aber schnell wieder gefasst und erklärte mir, dass sie auf dem Fenstersims Staub wischen würde.«
    »Und das hast du ihr geglaubt?« Amunhotep war verwirrt.
    »Warum nicht? Auch ich habe das einmal die Woche getan, weil ansonsten ständig dicke Sandschichten unter deinem Fenster auf dem Fußboden gelegen hätten. Ich hatte keinen Grund, an ihrer Aussage zu zweifeln.«
    »Und dass sie so erschrocken war, als sie dich bemerkte, hat dich nicht darauf gebracht, dass sie etwas Verbotenes getan haben könnte?«, schnaubte Ramses.
    »Nein, Majestät, dafür bestand kein Anlass. Auch ich erschrecke, wenn jemand urplötzlich erscheint, den ich nicht habe kommen hören.« Entschuldigend hob Meritusir die Hände. »Damals habe ich mir nichts dabei gedacht, aber nun ...« Beschämt sah sie zum Schreibtisch des Herrschers. »Amunhotep hat außerhalb seines Privatbereichs Büsche pflanzen lassen, damit sich niemand dorthin verirrt und er seine Ruhe hat. Ich denke, Rerut hatte gesehen, dass ich den Plan in jene Truhe gelegt habe, und hat

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