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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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unter größter Vorsicht geborgen, um sie vor dem Zerfall zu bewahren. Im Grunde haben jene, die das taten, nichts anderen gemacht, als die Amun-Priester dreitausend Jahre zuvor.«
    »Und was genau haben sie mit ihnen gemacht?«, wollte Ramses wissen. »Wurden ihre Binden erneuert? Wurden sie an einem sicheren Ort wieder zur Ruhe gebettet?« Forschend sah er die Dienerin an.
    Satra merkte, wie ihre Knie weich wie Nilschlamm wurden, doch die göttliche Macht hatte Erbarmen mit ihr, sodass sie Ramses nicht die volle Wahrheit offenbaren musste.
    »Ja, Majestät. Es haben sich erfahrene Männer und Frauen um die Körper der mächtigen Pharaonen gekümmert. Sie haben die Binden erneuert, und sie wurden anschließend an einen Ort gebracht, wo sie vor dem Zugriff böser Menschen sicher sind.«
    »Kennt man die Namen der Könige, die dort gefunden wurden?«
    »Im Allgemeinen sind sie bekannt, wobei es bei einigen Mumien noch Unklarheiten gibt, genau wie bei denen der Königinnen.«
    Ramses schluckte hörbar und trommelte nervös mit den Fingerspitzen auf die Tischplatte, denn nun wollte er die wichtigste Frage stellen, vor deren Antwort ihm graute. »War mein göttlicher Leib auch dabei?« Seine Stimme klang rau, und er nahm gleich darauf einen Schluck aus dem vergoldeten Kelch, der neben ihm auf dem Arbeitstisch stand.
    »Nein, o großer Pharao. Zumindest ist es mir nicht bekannt«, erwiderte Satra, und erleichtert atmete Ramses auf. »Aber«, fügte sie kleinlaut hinzu, »es wurden sicher auch noch nicht alle Gräber entdeckt.«
    Die Miene des Herrschers verfinsterte sich erneut. »Also sucht ihr doch nach ihnen?«
    »Ja, Majestät, aber nur, damit wir sie vor denen finden, die den gottgleichen Königen Böses wollen. Es ist sozusagen zu ihrem Wohle.«
    Satra hatte schweißnasse Hände, und ihre Stimme zitterte leicht, als sie sprach, doch Ramses knurrte nur etwas Unverständliches und ging glücklicherweise nicht weiter auf dieses pikante Thema ein. Stattdessen blickte er zu Amunhotep und erteilte ihm das Wort.
    »Weißt du«, wandte sich der Priester an seine Dienerin, »warum wir alles tun, um unsere Körper vor dem Verfall zu schützen, und warum wir unseren Toten die vielen Dinge mit auf ihre Reise geben?«
    Unschlüssig blickte Satra zu Amunhotep und zuckte mit den Schultern. »Ich bin zwar auf diesem Gebiet keine Gelehrte; das, was ich weiß, habe ich mir angelesen. Ihr glaubt, dass ein Mensch nur im Reich des Osiris weiterleben kann, wenn sein Körper erhalten bleibt. Die vielen Dinge gebt ihr ihm mit, damit er es in der anderen Welt genauso gut hat wie in dieser hier. Nichts soll er vermissen, was er einst geliebt hat. Ich weiß nicht, ob es so ist, aber zumindest glauben wir in meiner Zeit, dass das die Gründe sind.«
    »Was tut ihr mit euren Verstorbenen? Wie werden sie bestattet?«
    Satra seufzte und trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. »Wir heben ein Grab aus und beerdigen sie in einem Sarg. Manche werden verbrannt, und ihre Asche wird in einem Gefäß bestattet. Es gibt verschiedene Möglichkeiten.«
    Ein Schütteln durchfuhr die Körper der beiden Männer. Entsetzt warfen sie sich einen knappen Blick zu.
    »Kennst du die Figuren, die wir unseren Toten mit in ihr Haus der Ewigkeit geben?«
    »Ja, Gebieter. Man nennt sie Uschebtis,
Antworter
. Sie sollen für den Besitzer des Westlichen Hauses arbeiten, sollte dieser dazu von Osiris im Schönen Westen aufgefordert werden.«
    Erwartungsvoll sah Satra zu Amunhotep. Der gab dem Pharao ein Zeichen, dass er keine weiteren Fragen mehr an sie hatte.
    »Du darfst gehen!«, befahl Ramses knapp. »Aber halte dich in der Nähe auf, falls Meine Majestät oder dein Gebieter noch etwas von dir wissen wollen!«
    Erneut fiel Satra auf die Knie, berührte mit der Stirn den Boden und zog sich anschließend rückwärts aus dem Raum zurück.
    Als sie vor der Tür stand, atmete sie erleichtert auf und sandte ein kurzes Dankgebet gen Himmel, dass sie so glimpflich davongekommen war.
    »Wie grauenvoll!«, meinte Ramses, nachdem Satra das Arbeitszimmer verlassen hatte. »Sie muss aus einem barbarischen Land stammen, wenn sie ihre Toten verbrennen oder einfach in der Erde verrotten lassen.« Er schüttelte sich bei diesem Gedanken. »Es bestätigt sich immer wieder, dass nur das Volk des Schwarzen Landes von den Göttern geliebt ist und eine gesittete Kultur besitzt. Alle Menschen, die außerhalb Kemis beheimatet sind, tun mir aufrichtig leid.«
    »In der Tat«, bestätigte

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