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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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einen verstohlenen Blick zu, doch dieser schien sich mehr für die jungen syrischen Dienerinnen zu interessieren als für seine von Liebeskummer und Zweifeln zerfressene Nichte.
    Das Fest schien endlos zu dauern. Irgendwann hatte Ramses dann genug. Zusammen mit seiner Großen Königlichen Gemahlin verließ er den Saal, um sich in seine Gemächer zurückzuziehen und den Abend in den Armen von Isis zu beenden.
    Niedergeschlagen sah Bintanat dem Paar hinterher. Wie gerne würde sie das Gleiche tun, doch der von ihr Angebetete schien kein Interesse an ihr zu haben und war noch nicht einmal da.
    Kurz nachdem ihr königlicher Halbbruder das Fest verlassen hatte, erhob sie sich und begab sich in ihre Gemächer. Dort weckte sie ihre Leibdienerin, die auf einem Strohsack vor der Tür ihres Schlafgemachs lag, und schickte sie mit einer Mitteilung zu Amunhoteps Quartier im Gästebereich. Wenn sie Glück hatte, war er wieder in den Palast zurückgekehrt, vielleicht nächtigte er aber auch im Haus seiner Eltern.
    Für Bintanat dauerte es eine Ewigkeit, bis die Dienerin wieder in ihr Schlafgemach trat und ihr mitteilte, dass der Hohepriester im Palast sei. Sein Hausverweser hätte ihr jedoch erklärt, dass sein Gebieter bereits schlafen würde und nicht gestört werden wolle.
    Verlegen trat die junge Frau von einem Bein auf das andere, denn sie fürchtete den aufflammenden Zorn der Prinzessin, den diese Nachricht bei ihr heraufbeschwören könnte.
    Bintanat blieb erstaunlich ruhig und schickte die Frau wieder auf ihren Strohsack. Dann griff sie nach ihrem Obergewand, dessen sie sich bereits entledigt hatte, und verließ das Zimmer, um sich selbst zu Amunhotep zu begeben. Der Soldat ihrer Leibwache wollte sie begleiten, aber sie befahl ihm, ihr nicht zu folgen. Gehorsam blieb der Mann auf seinem Posten vor der Tür ihrer Gemächer zurück.
    Hekaib hatte sich schon wieder hingelegt und kam mit einem mürrischen Gesichtsausdruck auf die Prinzessin zugeschlurft, nachdem diese ihn wieder hatte wecken lassen.
    »Melde mich sofort bei deinem Herrn!«, befahl Bintanat in gebieterischem Ton, bevor Hekaib dazu kam, sie nach ihrem Begehr zu fragen. »Und wage es nicht, mir zu sagen, dass der Hohepriester bereits schläft und nicht gestört werden will!«, fügte sie drohend hinzu. Hekaib wollte dennoch zu einer Erwiderung ansetzen, doch sie schnitt ihm das Wort mit einer herrischen Geste ab. »Tu, was ich dir befehle, Diener! Ich bin eine Prinzessin. Dein Gebieter hat sich meinem Befehl zu beugen!«
    Sie stand vor Hekaib im trüben gelblichen Schein einer einzigen Öllampe, die in einer kleinen Wandnische neben dem Eingang zu Amunhoteps Räumlichkeiten stand, und reckte ihr kleines, etwas spitzes Kinn in die Höhe.
    Ergeben verneigte sich Hekaib und verschwand leise im Schlafgemach seines Herrn.
    Kurze Zeit später vernahm Bintanat leise Stimmen, konnte aber nicht hören, was auf der anderen Seite der Tür gesprochen wurde. Da Amunhoteps Leibwächter vor dem Zugang Wache hielt, traute sie sich auch nicht, dichter heranzutreten und das Ohr an die Tür zu legen, um besser hören zu können. Allzu gern hätte sie aber gewusst, was da drinnen vor sich ging.
    Die Tür wurde wieder geöffnet, und Hekaib bat sie höflich herein. Nachdem die Prinzessin eingetreten war, schloss er hinter ihr leise die Tür, sodass Bintanat und Amunhotep alleine waren.
    Amunhotep saß verschlafen auf der Kante seines Bettes und hatte sich ein einfaches Lendentuch um die Hüften gebunden. Müde blinzelte er seinem späten Gast entgegen.
    »Was verschafft mir die Ehre deines Besuchs, Prinzessin?«, fragte er und unterdrückte ein Gähnen.
    »Ich habe dich heute beim Festmahl vermisst«, erwiderte Bintanat kühl und ließ sich auf einem der beiden Stühle nieder, die im vorderen Teil des Raums an einem Tischchen standen.
    »Meine Mutter ist krank«, entgegnete er und reckte sich ungeniert.
    Bewundernd starrte Bintanat auf Amunhoteps Oberkörper, der wieder genauso begehrenswert war wie vor dem Attentat, dem er beinahe zum Opfer gefallen wäre. Nur mit Mühe konnte sie ihren Blick von ihm lösen und richtete ihre Aufmerksamkeit auf sein Gesicht, dem sie nichts entnehmen konnte.
    »Ich habe davon gehört, und ich werde zu den Göttern beten, dass es ihr bald wieder besser geht«, antwortete sie.
    »Danke, Prinzessin.« Amunhotep hatte sich erhoben und kam auf sie zugeschlurft, um sich Wein einzuschenken, der in einem Krug auf dem Tischchen stand. »Möchtest du auch etwas

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