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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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zu.
    O Osiris, bitte, nicht der schon wieder!, bat sie verzweifelt, doch dann kam ihr eine Idee. Sie setzte eine freundliche Miene auf und lächelte ihm entgegen.
    »Was machst du denn hier«, fragte Sethi überrascht, nachdem er Meritusir erreicht hatte. »Ich denke, du bist in Abydos?«
    »Seltsam«, erwiderte sie, »du bist heute schon der Dritte, der mich das fragt.« Sie lachte und zeigte ihre makellos weißen Zähne.
    »Wolltest du zu Ramses?«
    »Ja«, antwortete sie geknickt, »aber die Wachen wollen mich nicht durchlassen, Hoheit. Könntest du nicht vielleicht ...?« Sie hatte den Kopf schief gelegt und sah den Prinzen wie ein kleines Mädchen aus großen Augen bittend an.
    Sethi grinste hinterlistig. »Du willst wohl versuchen, deinem Geliebten den Steinbruch zu ersparen, habe ich recht?« Er drängte sich an den Soldaten vorbei, um zum König zu gehen, wandte sich dann aber noch einmal der Priesterin zu. »Es tut mir leid, meine Schöne, dabei werde ich dir nicht behilflich sein!«
    Mistkerl!, dachte Meritusir und wandte ihm wütend den Rücken zu.
    Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrer rechten Schulter und drehte sich überrascht wieder um.
    »Wenn ich dir helfen soll, erwarte ich eine Gegenleistung von dir.« Eindringlich sah Sethi sie an. Seine Lippen näherten sich ihrem Ohr, und er flüsterte: »Ich werde dir die Audienz bei meinem Onkel verschaffen, damit du für den Priester ein gutes Wort einlegen kannst. Sollte es nicht helfen, werde ich alles unternehmen, um Ramses umzustimmen. Meinetwegen soll Amunhotep nicht verurteilt werden, doch dafür wirst du mir bei Amun-Re und Osiris schwören, mich binnen eines Monats zu heiraten.« Er sah ihr in die Augen. »Ich liebe dich, Meritusir, und würde alles für dich tun. Ich würde aber auch alles dafür tun, damit du meine Gemahlin wirst. Was sagst du dazu?«
    Meritusir war völlig überrumpelt und brachte vorerst kein Wort heraus. Dafür begannen sich ihre Gedanken zu überschlagen.
    Sie musste Amunhotep helfen, und sie wusste auch, wie. Dafür brauchte sie den Prinzen nicht. Sethi war nur vonnöten, um bis zu Ramses vorzudringen. Doch dafür sollte sie ihm ihr Wort geben, ihn zu ehelichen? – Niemals! Sie hatte Amunhotep die Treue geschworen und wollte Ramses helfen, ein Grab zu bauen. Nähme sie nun Sethherchepeschef zum Gemahl, wäre ihre Priesterlaufbahn in Osiris’ Diensten abrupt beendet. Der Prinz würde sicher nicht nach Abydos umsiedeln, um es ihr zu ermöglichen, auch weiterhin dem Totengott zu dienen.
    Du hast aber auch geschworen
, meldete sich, wie immer ungefragt, ihre innere Stimme zu Wort,
dass du alles unternehmen wirst, damit Amunhotep kein Schaden widerfährt.
    Stimmt nicht ganz, hielt Meritusir dagegen. Ich habe geschworen, dass ich niemals die Hand gegen ihn erheben oder etwas tun werde, das ihm Schaden zufügen könnte.
    Haarspalterei! Es kommt auf dasselbe heraus.
    »Deine Bedenkzeit ist vorüber«, machte Sethi wieder auf sich aufmerksam, der die Priesterin nicht aus den Augen gelassen hatte. Ihm war nicht entgangen, dass sie einen inneren Kampf ausfocht. »Wie entscheidest du dich?«
    »Ich weiß es nicht, Hoheit. Ehrlich gestanden, nennt man es Erpressung, was du gerade mit mir machst.«
    »Nenne es, wie du willst, meine Schöne. Entweder du wirst meine Frau oder du wirst deinen Amunhotep niemals wiedersehen.«
    O Osiris, bitte, erleuchte mich, gib mir ein Zeichen!, flehte Meritusir innerlich. Was soll ich tun?
    Kehre einfach nach Opet-sut zurück
, empfahl die Stimme in ihrem Kopf.
Bitte erneut Nesamun, dir zu helfen. Es steht in seiner Macht, eine Botschaft an den König zu senden. Dieses Mal wird Pharao deinen Vorschlag nicht abweisen können, denn er verstößt nicht gegen die Maat.
    Unschlüssig irrte ihr Blick durch den von den Gebäuden eingeschlossenen Garten und kehrte schließlich wieder zu Sethi zurück. »Vergib mir, Hoheit. Ich kann einfach nicht.«
    »Dann hast du es zu verantworten, dass dein Geliebter verurteilt wird.« Sethi nahm die Hand von ihrer Schulter und verschwand durch die Tür, die für Meritusir verschlossen blieb.
    Habe ich das Richtige getan?
    Meritusir war speiübel.
    Sie verließ den Palastbereich und begab sich in den Tempel des Amun, aber der Hohepriester war nicht da.
    Niedergeschlagen kehrte sie in ihre Unterkunft zurück und hockte sich betrübt in eine Ecke.
    »Bitte, ihr Götter, lasst nicht zu, dass ein Unschuldiger verurteilt wird. Ich flehe euch an«, betete sie inständig, und

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