Der Wunsch des Re
sodass dessen linke Hand ins Leere stieß. Mit einem weiteren Satz landete sie schließlich auf ihren Knien und rutschte noch ein gutes Stück über den Steinboden des Gangs. Ihre Knie brannten wie Feuer, doch sie unterdrückte den Schmerzensschrei und neigte vor dem Prinzen den Kopf.
Kräftige Hände packten sie bei den Oberarmen und wollten sie vom Thronfolger wegzerren, aber Hori hob seine Rechte und befahl gebieterisch, die Frau loszulassen und von ihr wegzutreten.
»Ich wusste gar nicht, dass du in Theben bist«, begrüßte er sie. »Du darfst dich erheben.«
Mühselig kam Meritusir auf die Füße. Ihre Knie waren zerschrammt und blutig, und sie schmerzten beinahe unerträglich.
»Bitte, Hoheit, du musst mir helfen«, bat sie und biss die Zähne zusammen, um nicht zu jammern.
»Das will ich gerne tun, wenn es in meiner Macht steht.«
»Danke, Hoheit. Ich muss unbedingt mit Seiner Majestät reden und zwar sofort.«
Nachdenklich zwirbelte Hori seine Jugendlocke zwischen den Fingern, während sein Erzieher entsetzt die Luft anhielt. »Also gut, Meritusir«, sagte er nach einer Weile, »komme mit. Ich bringe dich zu meinem königlichen Vater.« Er wandte sich seinem Erzieher zu. »Richte meinem Lehrer aus, dass ich mich verspäte!«
Ergeben verneigten sich der Mann und trabte los.
Als sich der Prinz und die Priesterin der Tür näherten, hinter der der Pharao mit seinen Ratgebern tagte, kreuzten die beiden Getreuen erneut ihre Speere.
»Was soll das?«, herrschte Hori sie an. Er war zwar noch nicht einmal zwölf Jahre alt, aber seine Stimme war bereits befehlsgewohnt fest und Respekt einflößend.
»Tut mir leid, Hoheit«, erwiderte einer der Männer bedauernd, »Seine Majestät will nicht gestört werden, wenn er mit seinen engsten Beratern zusammensitzt.«
»Gebt den Weg frei!«, befahl Hori barsch. »Ich bin der Sohn des Großen Horus. Für mich hat Seine Majestät immer Zeit.«
Unschlüssig sahen sich die beiden Getreuen an.
Der Prinz hingegen trat entschlossen auf sie zu. »Du wartest hier!«, wandte er sich im Gehen an Meritusir. Dann verschwand er im angrenzenden Raum.
Als er wenig später wieder heraustrat, sah ihm Meritusir bangend entgegen.
»Seine Majestät, mein Vater, wird dich empfangen. Du sollst hier warten, bis er dich hereinrufen lässt. Ich für meinen Teil muss zum Unterricht.«
Meritusir wusste gar nicht, was sie sagen sollte. Hätten ihre Knie nicht so geschmerzt, wäre sie vor dem Prinzen auf den Boden gesunken und hätte sich bei ihm bedankt. So neigte sie nur tief den Rücken, und Hori legte ihr seine Hand wohlwollend auf die Schulter.
»Ist schon gut. Ich habe dir gern diesen Gefallen getan.« Damit drehte er sich um und eilte, gefolgt von seinem Leibwächter, der Palastschule zu.
Meritusir blieb zurück und sah ihm dankbar hinterher.
Als er aus ihrem Blickfeld verschwunden war, beugte sie sich zu ihren zerschundenen Knien hinab, um sie sich anzusehen.
Blut war ihr die Schienbeine hinuntergelaufen und hatte ihre Sandalen verschmutzt. Es begann bereits zu trocknen; dennoch sickerten noch vereinzelt ein paar Tropfen aus den Wunden, die sie sich zugefügt hatte.
Leise stöhnend richtete sie sich wieder auf und humpelte zu einer Säule, um sich anzulehnen, denn hinzusetzen traute sie sich nicht. Sie fürchtete, nicht mehr auf die Beine zu kommen. Ihre Kniegelenke waren inzwischen taub und dick angeschwollen, und der Schmerz pochte unerbittlich in ihnen.
Die Zeit schien stillzustehen.
Die königlichen Beamten eilten geschäftig an ihr vorüber. Die meisten würdigten sie keines Blickes. Einige jedoch sahen neugierig zu ihr hin und verharrten schließlich mit verwundertem Blick auf ihren blutigen Beinen.
Plötzlich näherte sich ihr ein junger Mann Mitte zwanzig mit einer kleinen ledernen Tasche in der Hand, wie sie auch Amunhotep besaß. Ihm folgte ein junges Mädchen, fast noch ein Kind, das eine Schale mit Wasser und saubere Tücher in den Händen hielt.
»Setz die Schale dort ab!«, befahl der Mann und verbeugte sich leicht vor Meritusir. »Prinz Hori schickt mich, Herrin. Mein Name ist Hui. Ich bin der Gehilfe des Obersten Königlichen Arztes Seiner Majestät. Ich soll mich um deine Verletzungen kümmern. Das Mädchen wird dich säubern, damit du dem Pharao nicht so verschmutzt unter die Augen treten musst.«
Ungläubig hatte Meritusir dem jungen Mann gelauscht.
Dieser führte sie etwas abseits und forderte sie auf, sich zu setzen. Dann begann er mit geschickten
Weitere Kostenlose Bücher